Auslöser war Zugluft: Streit unter Kollegen eskaliert – „Auf allen vieren aus dem Büro gekrabbelt“
Ein 44-jähriger Architekt wurde vor dem Wolfratshauser Amtsgericht wegen Körperverletzung an seinem Kollegen zu 1350 Euro Geldstrafe verurteilt.
Geretsried – Wilde Szenen haben sich in einem Geretsrieder Unternehmen abgespielt – und wurden gerichtsmassig. Ein Angestellter soll im Streit eine halb volle Plastikwasserflasche nach einem Kollegen geworfen haben. Die Flasche flog 30 Zentimeter am Gesicht des Mitarbeiters vorbei, heißt es in der Anklageschrift.
Danach soll der Mann unvermittelt auf seinen Kollegen zugegangen sein, ihn gegen die Schläfe geschlagen, ihn gepackt und über den Schreibtisch geworfen haben. Mit Prellungen an Brustkorb, Kopf und Rücken sowie einer Zerrung der Halswirbelsäule soll das Opfer „auf allen vieren aus dem Büro gekrabbelt“ sein. Nun musste sich ein Architekt wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht verantworten.
„Ich tue so etwas nicht, überhaupt nicht“, sagte der 44-jährige Angeklagte und beteuerte: „Ich habe ihn überhaupt nicht angefasst und auch nicht über den Tisch geworfen. Das könnte ich gar nicht, er ist viel größer und kräftiger als ich.“ Und die Flasche, die in Richtung des Kollegen durchs Büro geflogen sein soll? „Die ist aus meiner Hand gerutscht“, erklärte der Beschuldigte und demonstrierte im Gerichtssaal mit einer mitgebrachten Flasche, wie er mit ausgebreiteten Armen seinen Kollegen „gefragt habe, warum er die Tür nicht zumacht“.
An der offenstehenden Tür hatte sich an jenem Tag Ende Januar dieses Jahres der Streit zwischen den beiden entzündet. „Es hatte sich schon vorher zwischen den beiden zugespitzt“, berichtete ein Mitarbeiter des Unternehmens. „Die offene Tür und Zugluft haben ihn immer gestört.“ An diesem Morgen habe der Angeklagte eine Wasserflasche nach dem Kollegen geworfen und rumgeschrien, warum er die Tür nicht zumacht, so der Zeuge.
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„Dann gab er ihm eine Schelle“ – Zeugenaussagen sind eindeutig
„Dann gab er ihm eine Schelle und schubste ihn weg.“ Der Kollege fiel auf den Schreibtisch und lag dann am Boden. Eine weitere Zeugin will den Streit wegen der aufgelassenen Tür gehört und die Flasche fliegen gesehen haben, und wie der Geschädigte „über den Tisch gewälzt ist und alle Sachen mit runtergerissen hat“.
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Nach diesen Schilderungen bat der Verteidiger um ein Rechtsgespräch hinter verschlossenen Türen. Daran schloss sich eine kurze Besprechung mit seinem Mandanten auf dem Gerichtsflur an. Als sie wieder im Sitzungssaal Platz genommen hatten, fasste der Rechtsanwalt zusammen: „Der Angeklagte räumt den Sachverhalt wie aus der Anklageschrift vorgetragen ein.“ „Das stimmt so“, bestätigte der Beschuldigte. Weitere Zeugen konnten danach ungehört nach Hause geschickt werden.
Das Gericht folgte in seinem Urteil dem Antrag des Staatsanwalts, der von einem minderschweren Fall ausgegangen war und verurteilte den Höhenrainer zu einer Geldstrafe von 90 Tagen zu je 15 Euro, insgesamt 1350 Euro. Strafmildernd wirkte sich aus, dass der Angeklagte letztlich geständig und zum Tatzeitpunkt gesundheitlich angeschlagen war, keine Vorstrafen hatte und gegenseitige Provokationen der beiden Arbeitskollegen wohl vorausgegangen waren.
„Bei solchen Delikten gibt es in der Regel nur Haftstrafen“, machte Richter Helmut Berger in seiner Urteilsbegründung deutlich, dass es „eine absolute Ausnahme“ sei, diese selbst bei einem minderschweren Fall in eine Geldstrafe umzuwandeln. „Die Strafe ist ein Geschenk“, betonte der Richter. Der Angeklagte nahm das Urteil an.
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