Neue Zensus-Daten zeigen, wie hoch die Mieten in Ihrer Gemeinde sind

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Erstmals seit über zehn Jahren erscheint ein neuer Zensus mit amtlichen Datenerhebungen. Er zeigt, ob Sie in Ihrer Region überdurchschnittlich viel Miete bezahlen.

Berlin – Wohnen und Mieten wird in Deutschland immer teurer. Der stockende Neubau, hohe Baukosten und weniger werdende Sozialwohnungen führen in vielen Regionen zu Wohnungsnot: Schon jetzt fehlen Schätzungen zufolge mindestens 600.000 Wohnungen, außerdem steigen die Mieten entsprechend. Wie hoch diese pro Landkreis und Gemeinde liegen, zeigen neue Zahlen. Der am Dienstag (25. Juni) veröffentlichte „Zensus“ liefert wieder umfangreiche amtlich erhobene Daten.

Zensus: Die Bevölkerung wächst – die Miete aber auch

Mit dem „Zensus 2022“ liefern die statistischen Ämter von Bund und Ländern nach 2011 wieder offizielle Daten zur Bevölkerung und Informationen rund um Wohnraum, Gebäude und Wohnungen in Deutschland. Wie der Titel nahelegt, stammen die Erhebungen aus dem Jahr 2022, die Bearbeitung durch die Behörden hat bis Juni 2024 gedauert. Laut Zensus lebten am 15. Mai 2022 rund 82,7 Millionen Menschen in Deutschland. Im Vergleich zu 2011 ist die Bevölkerung damit um 2,5 Millionen Menschen gewachsen – insgesamt deutlich weniger stark als erwartet.

Besonders interessant ist der Blick auf die Höhe der Mieten in den Regionen. Dabei zeigt sich deutlich ein Stadt-Land-Gefälle. Spitzenreiter ist die Stadt München mit einer durchschnittlichen Netto-Kaltmiete von satten 13 Euro pro Quadratmeter. Beachtlich: Jeder fünfte Haushalt in München zahlt mehr als 20 Euro Kaltmiete – also ohne Betriebskosten, Wasser-, Strom- und Heizrechnungen. Mit 11 Euro pro Quadratmeter ebenfalls sehr weit oben steht Frankfurt am Main. Die Karte zeigt schnell, dass die wirtschaftlich starken Städte auch die Mietkosten in den angrenzenden Landkreisen kräftig in die Höhe treiben.

Geringere Durchschnittsmieten finden sich häufig in den ländlichen Regionen. Besonders Landkreise im Norden Bayerns, in Brandenburg, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Sachsen oder Sachsen-Anhalt haben oft eine Durchschnitts-Kaltmiete von rund 5 Euro pro Quadratmeter.

Zensus-Daten für Deutschland: In welchen Gemeinden die Mieten am höchsten sind

Bei genauerem Blick zeigt sich, dass besonders Kommunen rund um München (neben München selbst) für Mieter die teuersten Orte Deutschlands sind. Auf Platz eins liegt Neubiberg südlich der Landeshauptstadt mit einer durchschnittlichen Kaltmiete von 13,84 Euro. Von den zehn höchsten Kaltmieten finden sich neun in Bayern. Die verbleibende ist Wenningstedt-Braderup in Schleswig-Holstein – auf Sylt. In der Tabellen unten können Sie im Suchfeld Ihre Gemeinde eingeben und Durchschnittsmieten vergleichen.

Die neuen Zahlen werfen Fragen nach Strategien gegen die hohen Mieten auf. Nach Ansicht von Caren Lay, Mieten-, Bau- und Wohnungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, ist der Staat gefragt. Lay spricht gegenüber IPPEN.MEDIA beim Blick auf die neuen Zensus-Daten von einem „Weckruf“ und fordert einen Mietendeckel für Deutschland: „Viele kommen da an ihre Belastungsgrenze, weswegen wir für eine Regulierung der Bestandsmieten sind. Ein Mietendeckel bedeutet nicht, dass er überall gleich hoch sein muss“, betont Lay. Sie ergänzt: „Im Übrigen hat auch die Bundesregierung im Koalitionsvertrag eine stärkere Regulierung der Bestandsmieten angekündigt. Bis heute liegt da aber nichts vor.“

Hohe Mieten – und nun? FDP fordert in der Baukrise weniger Vorschriften

Ganz anders steht naturgemäß die liberale FDP zur Frage weitreichenderer staatlicher Eingriffe in den Mietmarkt, wie Daniel Föst, Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik der FDP im Bundestag IPPEN.MEDIA erklärt. „Wir haben in Deutschland bereits ein sehr starkes Mietrecht. Es gibt Kappungsgrenzen, ebenso Grenzen bei Neuvermietung und eine sehr starke Stellung des Mieters. Wer in der derzeitigen Situation beim Wohnungsbau noch am Mietrecht drehen will, der versündigt sich am Neubau und damit an den Mieterinnen und Mietern.“

Föst verweist auf zu hohe Kosten im Neubau, die Investitionen in den Wohnbau nicht mehr lohnenswert machen. Der Liberale sieht die Politik in der Verantwortung, bessere Rahmenbedingungen fürs Bauen zu schaffen. „Der Staat über alle Ebenen spielt eine entscheidende Rolle. Er muss Standards absenken, ebenso wie Genehmigungsverfahren und die Rahmenbedingungen für den Bau im Allgemeinen verbessern. Die Anforderungen ans Bauen müssen herunter, um auch mit den Kosten nach unten zu kommen“, sagt Föst. Sämtliche Mieten staatlich sozialverträglich zu subventionieren ist dem FDP-Politiker zufolge nicht leistbar: „So viele Steuergelder hat der Staat gar nicht.“

Linke rechnet mit „neoliberalen Gestus“ der Wohnpolitik ab

Weniger Bauvorschriften kündigte vor Kurzem auch Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) an. Sie will statt Mikromanagement lieber eine feste CO₂-Grenze im Neubau festlegen und Baubetrieben selbst überlassen, wie die Emissionseffizienz erreicht werden kann. „Wenn die SPD diesen Aussagen Taten folgen lässt, steht die FDP unerschütterlich an ihrer Seite“, sagt Baupolitiker Föst dazu.

Wie hoch die Mieten in Deutschland pro Region mittlerweile sind, zeigen neue Daten aus der aktuellen Zensus-Erhebung. An vielen Orten liegt die durchschnittliche Kaltmiete bereits über zehn Euro pro Quadratmeter. © IPPEN.MEDIA (Montage)/Sok Eng Lim/ Jochen Tack / Imago, Manngold

Den Staat nicht nur als Schiedsrichter und Regelgeber, sondern als mitspielenden Akteur, das strebt Linken-Politikerin Lay an. Sie fordert, dass die öffentliche Hand zum Fördergeldgeber und großen Bauherr zugleich wird. „Der Staat muss wieder eine aktivere Rolle spielen. Die hat er früher schon innegehabt. Wir müssen zurück zu einer konsequenten Wohngemeinnützigkeit und als Politik wieder stärker eingreifen. Der neoliberale Gestus, alles dem Markt zu überlassen, hat offensichtlich nicht funktioniert“, meint Lay.

Linke fordert für sozialen Wohnungsbau 20 Milliarden jährlich

Die Linken-Politikerin weiter: „Der Staat müsste die beklagte Baukrise nutzen, um geförderten Wohnbau nach vorne zu bringen. Er kann Förderungen und Zuschüsse in Aussicht stellen, wenn dafür in sozialen Wohnungsbau investiert wird.“ Lay sieht die Stadt Wien als Vorbild und plädiert für die Wiederbelebung von Genossenschaftsmodellen und einem starken, nicht profitorientiertem Wohnsektor. Statt wie bisher drei Milliarden Euro Bundesgeldern für den sozialen Wohnungsbau will die Linke 20 Milliarden dafür ausgeben.

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