Grenzkontrollen bleiben vorerst – Wadephul will „Zustrom“ weiter regulieren

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Urlauber, Wirtschaft, Geflüchtete – alle sind betroffen. Die CDU will an den Grenzkontrollen trotzdem festhalten. Wadephul hält diese für notwendig.

Berlin – Trotz massiver Kritik will die Bundesregierung weiter an verschärften Grenzkontrollen festhalten. Außenminister Johann Wadephul (CDU) hält eine Lockerung derzeit für nicht umsetzbar – ungeachtet der Sorgen über mögliche Verkehrsprobleme in der Urlaubszeit. Damit erteilte er der Gewerkschaft der Polizei (GdP) eine Absage, die kürzlich vor längeren Wartezeiten im Ferien-Reiseverkehr gewarnt hatte.

„Es muss deutlich werden, dass das, was wir an ungeregeltem Zustrom nach Deutschland haben, reguliert wird“, sagte der CDU-Politiker auf eine entsprechende Frage eines Journalisten bei einem Treffen mit der slowenischen Außenministerin Tanja Fajon in Berlin. Die Grenzkontrollen würden „überwiegend pragmatisch erledigt“ – und führten zu keinen größeren Behinderungen, was man ihm bei Besuchen in Tschechien und Österreich bestätigt habe.

Trotz Kritik aus der Polizei: Bundesregierung will verschärfte Grenzkontrollen fortsetzen

Solange ein wirksamer Schutz der EU-Außengrenzen noch nicht vollständig umgesetzt sei, halte er die derzeitige Praxis für notwendig, so der Außenminister. Beim Schutz der EU-Außengrenzen komme man jedoch gut voran. Aus diesem Grund sei er zuversichtlich, dass die EU zukünftig „mit dem Migrationsthema besser fertig“ werde.

Seine slowenische Kollegin sprach sich hingegen dafür aus, die Binnengrenzkontrollen rasch zu beenden. Es sei der Wunsch Sloweniens, den freien Grenzverkehr innerhalb des Schengen-Raums baldmöglichst wiederherzustellen. Und ohnehin funktioniere die Zusammenarbeit der Polizeikräfte entlang der westlichen Balkanroute inzwischen gut. Die Zahl der illegalen Grenzübertritte sei dadurch deutlich zurückgegangen – insbesondere im Vergleich zu den Vorjahren.

Urlauber betroffen: GdP rechnet mit Staus und warnt vor Kontrollchaos an der Grenze zu Polen

Als Antwort auf die deutschen Grenzkontrollen hat Polen vor einer Woche ebenfalls Kontrollen eingeführt – eine Situation, die für Vertreter von Wirtschaftsverbänden Anlass zur Sorge ist. „Aus der Wirtschaft und insbesondere von den IHKs vor Ort bekommen wir besorgniserregende Rückmeldungen“, mahnte die Hauptgeschäftsführerin der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Helena Melnikov, gegenüber dem Handelsblatt.

Sind permanente Grenzkontrollen mit dem EU-Recht vereinbar?

Die Verträge der Europäischen Union sehen vor, dass innerhalb des Schengen-Raums grundsätzlich keine Kontrollen an den Binnengrenzen stattfinden und Personen sich frei zwischen den Mitgliedstaaten bewegen dürfen. Dieses Prinzip der offenen Grenzen wird durch das Schengenabkommen konkret ausgestaltet. Trotzdem erlaubt Artikel 25 des Abkommens eine zeitlich begrenzte Wiedereinführung von Grenzkontrollen, sofern eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit vorliegt. Eine solche Maßnahme darf zunächst für sechs Monate ergriffen und unter bestimmten Bedingungen mehrfach auf bis zu drei Jahre verlängert werden.

Allerdings handelt es sich bei Grenzkontrollen um ein Instrument, das nur in Ausnahmefällen und unter engen rechtlichen Voraussetzungen zulässig ist – Voraussetzungen, die derzeit nicht erfüllt sind. Besonders die Zahl der in Deutschland Schutzsuchenden stellt keinen ausreichenden Grund dar. Nur bei einem drastischen, plötzlichen Anstieg wäre eine solche Begründung denkbar. Tatsächlich ist die Zahl der Asylanträge rückläufig, sodass von einer akuten Gefährdung nicht gesprochen werden kann.

Auch Urlauber könnten von den verschärften Kontrollen in Mitleidenschaft gezogen werden. Größere Staus infolge der deutschen Grenzkontrollen nach Polen seien „unausweichlich“, so der GdP-Vorsitzende für Bundespolizei und Zoll, Andreas Roßkopf. „Die Kontrollstellen sind ja quasi keine Vollkontrollen, sondern es sind Durchfahrtskontrollen, aber der Verkehr wird verlangsamt“, führte der Polizeigewerkschafter weiter aus. Gegenüber der Rheinischen Post warnte Roßkopf zudem vor einem „Ping-Pong-Spiel“ mit Migranten an der Grenze.

Merkel mahnt zur Besonnenheit: Ex-Kanzlerin warnt vor Erosion des Schengen-Abkommens

Diese Sorge teilt die Linkspartei. „Schon jetzt gibt es Berichte, dass Geflüchtete unwürdig zwischen Grenzkontrollstellen auf deutscher und polnischer Seite hin- und hergeschoben werden“, kritisierte die Linken-Abgeordnete Clara Bünger. Sie forderte die Bundesregierung daher auf, ihre „rechtswidrigen Kontrollen und Zurückweisungen an den deutschen Grenzen“ aufzuheben.

Die Bundesregierung will an den verschärften Grenzkontrollen festhalten.
Die Bundesregierung will an den verschärften Grenzkontrollen festhalten. © IMAGO/Sabine Gudath

Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte vor zwei Wochen ebenfalls zu einem fairen Umgang mit Geflüchteten aufgerufen. Sie habe Verständnis für die Sorgen vieler Menschen angesichts islamistisch motivierter Gewalttaten. Doch dürfe darüber nicht vergessen werden, dass sich viele Geflüchtete „wunderbar integriert haben und heute etwas zum Wohlstand des Landes“ beitrügen. Vor allem müsse man aber „in einer so wichtigen Frage wie der Migration das Ganze europäisch denken“. Angesichts jüngster Entwicklungen mache sie sich große Sorgen um die Funktionsfähigkeit des Schengen-Abkommens. „Die Grenzkontrollen dürfen nicht dazu führen, dass wir die Freizügigkeit nicht mehr haben“, so Merkels mahnende Worte. (tpn mit agenturen)

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