FOCUS online vor Ort - Schumi-Prozess läuft! Corinna will ein Szenario um jeden Preis verhindern

Es ist einer der spektakulärsten Prozesse des Jahres. Vor dem Amtsgericht Wuppertal beginnt heute die Hauptverhandlung gegen drei Männer, die versucht haben sollen, die Familie des ehemaligen Formel-1-Weltmeisters Michael Schumacher zu erpressen . Am Montag wurde bekannt, dass ein Antrag auf Nebenklage gestellt wurde.

Das Medien- und Publikumsinteresse an dem Prozess ist gewaltig. Vor dem Eingang des Amtsgerichts Wuppertal am Eiland in Wuppertal-Elberfeld stehen bereits um 6 Uhr morgens die ersten Besucher, die eine der begehrten kreisrunden blauen Marken ergattern wollen, die zum Einlass in den Saal EG16 des Amtsgerichts berechtigen. Nur 27 Marken liegen gestapelt auf dem Tisch des Justizbeamten. Erst um 7.30 Uhr öffnet das Amtsgericht die Drehtür. Ein Journalistenkollege, der seit 6 Uhr ausgeharrt hatte, bekommt die Nummer 1.

Journalisten aus China und Japan wollten zum Prozess

Nur 23 offizielle Medienplätze sind vorgesehen in dem kleinen 50 Menschen fassenden Saal EG16 des Schöffengerichts im Erdgeschoss. Ursprünglich sollte das Verfahren gegen die mutmaßlichen Erpresser im Schwurgerichtssaal laufen, der wird jedoch umgebaut. Medienanfragen aus aller Welt waren eingegangen, berichtet die Sprecherin des Amtsgerichtes FOCUS online. Aus der Schweiz, Japan, Großbritannien, China. Wie viele Anfragen es genau waren, wollte das Amtsgericht nicht sagen.

Der einstige Formel-1-Champion Schumacher wird seit seinem Ski-Unfall am 29. Dezember 2013 von der Öffentlichkeit abgeschirmt. Nach dem Unfall hatte sich ein „medialer Wahnsinn“ breitgemacht, wie der WDR es am Dienstagmorgen nannte. Hunderte Journalisten harrten damals vor der Klinik in Grenoble aus. Einer verkleidete sich gar als Priester, um in das Krankenzimmer von Michael Schumacher zu kommen. Vor elf Jahren wurden bereits Krankenakten gestohlen, die zum Preis von 50.000 Euro angeboten wurden, so der WDR. Einen Kaufinteressenten gab es damals nicht.

F. soll Schumacher-Familie mit 1000 Dateien erpresst haben

Diesmal ist die Dimension größer: Der ehemalige Sicherheitsbedienstete der Familie Schumacher, F. aus Wülfrath, soll eine Vielzahl von Dateien an den befreundeten T. aus Wuppertal verkauft haben. Die Rede ist von einem Preis von 15.000 Euro, den er dafür bekommen haben soll. Der Wuppertaler soll mit den Fotos, Videos und Medikamentenlisten die Familie Schumacher erpresst haben. Die Dateien sollen auf zwei Festplatten und vier USB-Sticks gespeichert sein. 1000 Dateien sollten im Darknet erscheinen, drohten die Erpresser.

Die beiden Männer kannten sich aus der Türsteherszene von Konstanz, berichtet der „Südkurier“. Der 30-jährige Sohn L. des Wuppertalers hat den Ermittlungen zufolge eine verschlüsselte E-Mail-Adresse erstellt. Die Ermittler kamen den drei Männern durch einen Anruf auf die Spur, der sie nach Kassel führte.

Hauptangeklagtem drohen vier Jahre Haft

Der 53-jährige Hauptangeklagte sitzt in der Wuppertaler Justizvollzugsanstalt. Ihm droht eine Haftstrafe von bis zu vier Jahren wegen versuchter Erpressung in einem besonders schweren Fall. Der Sohn L. wird wegen Beihilfe zur versuchten Erpressung angeklagt. Der ehemalige Sicherheitsmitarbeiter F. muss sich wegen der „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Fertigung von Bildaufnahmen in Tateinheit mit Beihilfe zur Erpressung in einem besonders schweren Fall“ verantworten.

Der Prozess ist auf fünf Verhandlungstage angesetzt, der zweite Verhandlungstag ist für den Tag vor Heiligabend vorgesehen. Im Januar soll das Urteil gesprochen werden. Zum Prozessauftakt werden zehn Zeugen erwartet.

Verhindert Nebenklage, dass Schumacher-Bilder öffentlich werden?

Eine erste wichtige Entscheidung hat das Amtsgericht bereits am Dienstag getroffen: Corinna Schumacher, die Frau des Rennfahrers wurde als Nebenklägerin zugelassen. Die Entscheidung ist von besonderer Bedeutung für die Öffentlichkeit: Schumachers Anwalt könnte einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit stellen und versuchen alle Aussagen zu unterbinden, die Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand des Rennfahrers zulassen. Andernfalls könnte es zur öffentlichen Akteneinsicht kommen, sogar Bilder könnten auf der Leinwand gezeigt werden.

Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert sagte dazu gegenüber FOCUS online vor Prozessbeginn: „Aus dem Bild- und Datenmaterial geht hervor, wie es ihm geht. Die Daten lassen deutliche Rückschlüsse zu. Aber wir möchten dies nicht bekannt geben, da der persönliche Bereich von Michael Schumacher und seine Familie betroffen ist.“ Baumert sagte weiter, dass die Familie und Anwälte der Familie an dem Prozess teilnehmen werden. Ob die etwas zum Gesundheitszustand sagen werden, wisse er nicht.

Die Familie Schumacher verhält sich gegenüber Medien sehr „defensiv“, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft FOCUS online sagte. Bei Verletzungen des Persönlichkeitsrechts des Rennfahrers und seiner Familie drohen empfindliche Strafen: In diesem Jahr wurde die Illustrierte „Aktuelle“ zur Zahlung einer Geldstrafe von 200.000 Euro verurteilt, weil sie ein angebliches Interview mit Michael Schumacher veröffentlicht hatte, das nie stattgefunden hat, sondern von Künstlicher Intelligenz generiert wurde.