Einschnitt in den Werdenfelser Pfarreien: „Wir kommen weg von der Zuschau- zur Mitmachkirche“

  • Tanja Brinkmann
    VonTanja Brinkmann
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Es ist ein Einschnitt für die Gläubigen im neuen Dekanat Werdenfels-Rottenbuch. Die Reform bringt mit sich, dass den Pfarreien weniger Seelsorger zur Verfügung stehen und damit Gottesdienste reduziert oder neu gestaltet werden müssen. Darin sieht Dekan Albert Hack aber auch eine Chance.

Landkreis – Der Entschluss stand. Felsenfest sogar. „Als Albert Hack dann aber meine Mozetta haben wollte, musste ich schon noch einmal schlucken.“ Den Schulterkragen abzugeben, dessen schwarze Farbe für die Aufgabe steht, das Dekanat vor dem Bischof zu vertreten, und dessen violetter Saum zeigt, dass der Träger Sprecher des Bischofs und des Kardinals vor dem Dekanat ist, war ein Einschnitt für Pfarrer Andreas Lackermeier. Und das in doppelter Hinsicht. Klar wollte er dieses Amt nach zwei Perioden, beziehungsweise zehn Jahren abgeben. „Dann braucht’s mal neue Besen.“ Mit der Übergabe war aber auch klar, dass die lange angekündigte Dekanatsreform endlich greift. Aus 40 wurden 18 kirchliche Verwaltungseinheiten – mit entsprechend weniger Personal ausgestattet. Ebenfalls ein Grund für Lackermeier, für diesen Posten nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Im Pfarrverband Partenkirchen ist er noch für Farchant und Oberau zuständig. Eine Aufgabe, die er ab Herbst allein mit Gemeindereferentin Susanne Weber stemmen muss. „Als ich hier anfing, waren wir acht Seelsorger“, erinnert sich der Pfarrer.

Ein Dekanat, acht Pfarrverbände und eine Einzelpfarrei

Diese Zeiten sind lange vorbei. Und die Einschnitte werden noch tiefer. „Wir gehen davon aus, dass die Zahl bis 2030 noch einmal um ein Drittel sinkt“, sagt Dekan Albert Hack. Der Oberammergauer Pfarrer ist seit diesem Jahr für das neue Dekanat Werdenfels-Rottenbuch und damit für acht Pfarrverbände und die Einzelpfarrei Ettal zuständig. Ein großes Gebiet, um das er sich allerdings nicht allein kümmern muss. Zur Seite stehen ihm eine Dekanatsreferentin, ein Stellvertreter, den Kardinal Reinhard Marx noch absegnen muss, die drei Themenbeauftragten für Jugend, Senioren und Kranke sowie ein Ehrenamtlicher aus dem Dekanatsrat. Hack spricht von „einem neuen Miteinander und mehr Nähe zur Bistumsleitung“. Entscheidend für ihn, genau wie seine Vorgänger ist, „dass wir gemeinsam die bestmögliche Seelsorge hinbekommen“. Pater Virgil Hickl aus Ettal, der nach dem Weggang von Pfarrer Thomas Gröner interimsweise in Oberammergau wirkte und dabei bis Ende 2023 auch als Dekan für Rottenbuch fungierte, zeigt sich zuversichtlich: „Das gelingt, das Personal ist doch gut.“

Das neue Dekanat Werdenfels-Rottenbuch besteht aus acht Pfarrverbänden und der Einzelpfarrei Ettal.

Ihnen wie auch dem restlichen Team ist bewusst, dass sie sich mitten in einem Lernprozess befinden. „Ein spannender Prozess“, meint Hack. „Auch sehen zu dürfen, wie das wachsen kann.“ Den Gläubigen stehen Einschnitte bevor. Das ist klar. „Der Pfarrer tanzt nicht mehr auf jeder Hochzeit“, betont Lackermeier. Das heißt, die Gottesdienstordnung wird überarbeitet, neben Eucharistiefeiern werden künftig vermehrt andere Gottesdienstformen einbezogen, die ohne Pfarrer auskommen. Um das zu stemmen, läuft bereits die Suche nach Wortgottesdienstleitern. „Es gibt schon etliche Interessenten, die jetzt die Ausbildung beginnen.“ Zum Lernprozess gehört zudem, dass „manche begreifen müssen, dass ein Termin auch etwas wert ist, wenn nicht der Pfarrer da ist“. Gerade Vereinsvertreter seien da oft nicht flexibel, fürchtet Hickl. Andererseits müssen die Laien, die sich für Wortgottesdienste befähigen lassen, auch damit umgehen können, dass viele Gläubige den Pfarrer fordern.

Ziel ist es, den Gläubigen das bestmögliche Angebot zu machen

„Wir kommen weg von der Zuschau- zur Mitmachkirche“, betont Hack. Gut erinnert er sich an eine Begebenheit in seiner früheren Wirkungsstätte im Pfarrverband Bergkirchen-Schwabhausen, in dem er allein für 13 Pfarreien zuständig war. Zu Weihnachten kamen ein paar Machtensteiner auf ihn zu und wollten in ihrer Kirche einen Gottesdienst feiern. Als er auf seinen vollen Terminkalender verwies, erfuhr er, dass es ihnen allein um den Zugang zum Gotteshaus ging, alles Weitere nahmen sie selbst in die Hand. „Das war eines meiner schönsten Erlebnisse“, sagt Hack. „Die Leute treffen sich in ihrer Kirche zum Beten und Singen, das ist wie ein Sechser im Lotto.“ Und zeigt, wo die Reise hingehen soll.

Die Jugendseelsorge habe es vorgemacht, sagt Hickl – „über die Grenzen der Pfarreien hinaus in die Fläche zu gehen“. Dabei müsse nicht jeder Seelsorger alles machen, erklärt der neue Dekan. Vielmehr geht es um Professionalisierung und darum, die kirchlichen Fachkräfte gezielt zu schulen und einzusetzen mit dem Ziel, den Gläubigen das bestmögliche Angebot zu machen. „Es wird sich vieles verändern, manches möglicherweise ausfallen müssen“, sagt Lackermeier. „Klar ist aber, dass es sicher nicht Nichts geben wird.“