Lebensretter berichten bei Blaulichtgespräch über ihre Sorgen
Sie sind unverzichtbar im Gesundheitssystem. Sie sind Lebensretter. Und sie haben Sorgen. Von denen erzählten die Rettungsdienste am Mittwoch Staatsminister Florian Herrmann. Die Blaulichtgespräche gingen in die dritte Runde.
Freising – Blaulichtgespräch, die Dritte: Nach Feuerwehren und Polizei standen nun, in der letzten Runde des Austauschs mit Staatsminister Florian Herrmann, die Rettungsdienste im Mittelpunkt. In lockerer Runde, bei einer deftigen Brotzeit im Bräustüberl Weihenstephan hat das schon Tradition. Und wie wichtig dieser Dialog ist, wurde am Mittwoch auch wieder deutlich. Die Vertreter der Rettungsdienste konnten sich ihre Sorgen von der Seele reden, Florian Herrmann notierte diese, schrieb sich eine Liste an Hausaufgaben, um die, so sein Versprechen, er sich kümmern werde.
Mit am Tisch saßen mit Albert Söhl und Hubert Böck die BRK-Spitze, THW-Chef Michael Wüst, Andreas Dörner von der Wasserwacht Freising, Navis-Vorsitzender Michael Gmach und sein Stellvertreter Dr. Thomas Geiner aus Moosburg, Alexander Hofmann und Alexandra Reinhardt von den Johannitern sowie mit Florian Caho und Tobias Caho zwei Malteser-Vertreter.
Eines von vielen Themen war der Nachwuchs im Rettungsdienst. Und da stünden laut Hubert Böck Ankündigungen seitens der Kostenträger, sprich der Krankenkassen, im Raum, die Zahl der Ausbildungsplätze im kommenden Jahr wieder zurückzufahren. „Das wäre total schlecht für die Rettungsdienste“, sagte Böck. „Wir brauchen das Personal, wir brauchen gut ausgebildeten Nachwuchs.“ Zumal die Ausbildungsstellen absolut begehrt seien: „Notfallsanitäter ist der einzige Beruf im Gesundheitswesen, bei dem es noch kein Problem gibt, Personal zu finden. Aber wir dürfen nicht genügend junge Leute ausbilden.“ Böck prophezeite, dass das dem Gesundheitswesen in den kommenden Jahren auf die Füße fallen wird: „Dann haben wir die gleichen katastrophalen Zustände wie in der Pflege.“ Darüber war die Runde sich einig. Albert Söhl zeigte ein weiteres Problem auf, das in dem Zusammenhang Teil einer Abwärtsspirale werden könnte: „Die meisten im Rettungsdienst haben bislang 45-Stunden-Wochen abgearbeitet. Rechtlich müssen wir jetzt auf 38,5 Stunden reduzieren.“ Die Folge: „Das BRK braucht dadurch zehn Arbeitskräfte mehr – aber wo nehmen wir das Personal her, wenn wir es nicht ausbilden?“
Alexandra Reinhardt verwies in dem Zusammenhang auch auf die hohe Fluktuation im Rettungsdienst: „Notfallsanitäter wandern in Kliniken ab oder studieren.“ Sie habe da Ursachenforschung betrieben. Eine Umfrage ergab, dass es vielen zu wenige Aufstiegsmöglichkeiten gebe. Aber vor allem seien es die Bagatellfälle, mit denen die Sanitäter nicht ihr restliches Berufsleben verbringen möchten. Womit die diskussionsfreudige Runde beim nächsten Thema war: Was sind die Gründe für die vielen Bagatelleinsätze?
Darauf hatte Hausarzt Dr. Thomas Geiner die Antwort aus erster Hand: „Es gibt zu wenig und immer weniger Hausärzte.“ Patienten, die nicht lange im Wartezimmer sitzen wollen, wählen oft die 112. Den Zahn wollte Hubert Böck aber all denen ziehen, die denken, wer mit dem Rettungsdienst ins Krankenhaus kommt, wird schneller behandelt. „Ganz im Gegenteil.“
Florian Herrmanns Ansicht nach müsse dringend darüber nachgedacht werden, die Wehrpflicht wieder zu aktivieren. „Das geht nicht von heute auf morgen, weil die Strukturen dafür gar nicht mehr existieren.“ Aber irgendwann müsse man damit anfangen.