Weil sie ihm zu wild unterwegs waren: 51-Jähriger zerrt fremde Kinder von Roller und Rädern

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Sie waren mit dem Radl auf dem Weg in den Unterricht, als der Fremde sie anging. © IMAGO/Michael Gstettenbauer

Sie wollten zur Schule fahren – dem Wolfratshauser passte aber ihr Tempo so gar nicht. Er schubste ein Kind, packte mehrere am Arm und wurde äußerst schroff.

Er ärgerte sich über Schulkinder und handelte sich dadurch mächtig Ärger mit der Justiz ein: Ein 51-jähriger Wolfratshauser musste sich wegen Nötigung in acht Fällen vor dem Jugendschutzgericht verantworten, in zwei Fällen inklusive fahrlässiger Körperverletzung, in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung. Der Mann wurde zu einer Geldstrafe von 1650 Euro (110 Tagessätze) verurteilt.

Was war passiert? Der Angeklagte soll den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge an einer Schule in Wolfratshausen mehre Kinder, die mit Rollern oder Fahrrad zum Unterricht kamen, recht schroff aufgefordert haben, abzusteigen und zu schieben. Bei drei Kindern war er auch handgreiflich geworden; eines hatte er in den Rücken geschubst, zwei weitere so fest an Hand und Arm gepackt, dass rote Abdrücke zurückblieben. Wegen der Vorfälle, die sich schon Mitte November 2022 ereignet hatten, war gegen den gelernten Kaufmann ein Strafbefehl mit einer Geldstrafe von 110 Tagessätzen à 40 Euro (insgesamt 4400 Euro) erlassen worden. Dagegen legte der Mann Einspruch ein, weshalb die Sache nun vor Gericht verhandelt wurde.

Täter hat selbst Kinder: Die wollte er schützen, sagt er

Zu dem Termin am Amtsgericht Wolfratshausen waren die acht Schülerinnen und Schüler, heute zehn Jahre alt, als Zeuginnen und Zeugen geladen worden, zudem eine Polizistin und Lehrkräfte. Richterin Friederike Kirschstein-Freund richtete zu Verhandlungsbeginn „offene Worte“ an den Angeklagten: „Nach Aktenlage“ habe sie wenig Zweifel, dass die „Begegnungen“ mit den Kindern sich so zugetragen hätten, wie sie in der Anklageschrift zusammengefasst worden waren. Sie halte „ein Geständnis in diesem Fall für unglaublich wertvoll“, erklärte die Richterin, weil dadurch den Kindern eine möglicherweise traumatisierende Aussage vor Gericht erspart bleiben würde.

Geldstrafe nach rabiatem Vorgehen gegen Schulkinder

Und: Sollte die Beweisaufnahme die Schuld des Angeklagten bestätigen, habe dieser mit einer deutlich höheren Strafe von mindestens 180 Tagessätzen zu rechnen. Das ist möglich, weil ein Strafbefehl gewöhnlich von einem (in der Regel strafmildernden) Schuldeingeständnis ausgeht. Sein Mandant sei selbst Vater und habe damals seine eigene Tochter schützen wollen und dabei überreagiert, erläuterte der Verteidiger. Die Kinder vor Gericht zu zerren, sei nicht beabsichtigt gewesen. „Es tut mir wahnsinnig leid, was passiert ist. Ich wollte das so nicht“, beteuerte der Angeklagte, der sich nach eigenen Angaben nach dem Vorfall bei den Kindern und deren Eltern entschuldigt habe.

„Nationalität: deutsch?“ - „Na, bayerisch“: Allerhand kuriose und witzige Zitate gab es im vergangenen Jahr wieder im Wolfratshauser Amtsgericht zu hören. Unser Gerichtsreporter hat sie gesammelt.

Nach Rücksprache mit seinem Rechtsanwalt beschränkte der Wolfratshauser seinen Einspruch gegen den Strafbefehl auf die „Rechtsfolgen“, in diesem Fall die Tagessatzhöhe. Diese wurde daraufhin vom Gericht den aktuellen Einkommensverhältnissen des Angeklagten entsprechend von 40 auf 15 Euro reduziert – multipliziert mit den 110 Tagessätzen fällt die Strafe in Summe somit 2750 Euro günstiger aus. Der Angeklagte nahm das Urteil an.

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