+++ Lage in Syrien im Ticker +++ - Russische Regierung distanziert sich von Assad

Russische Regierung distanziert sich von Assad

01.53 Uhr: Die russische Regierung hat sich vom gestürzten syrischen Machthaber Baschar al-Assad distanziert. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Tass, der schnelle Umsturz in Syrien vor gut drei Wochen sei auch auf die Unfähigkeit von Ex-Präsident Assad zurückzuführen, die sozialen Probleme im Land zu beheben. „Wir können bereits jetzt sagen, dass einer der Gründe für die Verschlechterung der Lage die Unfähigkeit der damaligen Regierung war, die Grundbedürfnisse der Bevölkerung im sich hinziehenden Bürgerkrieg zu befriedigen.“

Bis zu dem Umsturz am 8. Dezember war Russland neben dem Iran Schutzmacht des Gewaltherrschers Assad gewesen. Der Kreml wurde aber ebenso wie Assad vom raschen Vordringen der islamistischen Rebellen überrascht und flog ihn ins Exil nach Moskau aus, als die Hauptstadt Damaskus erobert wurde. Kremlchef Wladimir Putin hatte danach deutlich gemacht, die Entmachtung des syrischen Präsidenten nicht als eine Niederlage für Russlands dort seit 2015 stationiertes Militär anzusehen.

Lawrow sagte weiter, nach den Erfolgen im Kampf gegen den
den internationalen Terrorismus, an dem auch die russische Luftwaffe beteiligt gewesen sei, hätten sich die Erwartungen der Syrer, dass sich ihr Leben verbessern würde, nicht erfüllt. Daran trügen auch die USA einen großen Teil der Schuld, denn sie hätten eine rohstoffreiche Region im Nordosten Syriens besetzt und durch Sanktionen zudem erheblichen Druck auf die syrische Regierung ausgeübt.

Schulze: „Humanitäre Situation ist katastrophal“

Montag, 30 Dezember, 00.21 Uhr: Nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien hat Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) mehrere Hilfsprojekte mit einem Gesamtvolumen von 60 Millionen Euro in Auftrag gegeben. „Die humanitäre Situation der Menschen in Syrien ist katastrophal“, sagte Schulze dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Weite Teile des Landes seien nach fast 14 Jahren Bürgerkrieg zerstört. 90 Prozent der Bevölkerung lebten in Armut und seien auf Hilfe angewiesen. Zwar sei noch unklar, wie es in dem Land weitergehe. „Aber die Möglichkeit für eine positive Entwicklung ist da und diese sollten wir jetzt nach Kräften unterstützen“, so die Ministerin. Sie stellte klar, dass die geplanten Projekte nicht mit den syrischen Machthabern, sondern ausschließlich über UN-Hilfswerke und Nichtregierungsorganisationen umgesetzt würden.

Konkret sollen nach Angaben des Entwicklungsministeriums 25 Millionen Euro an das UN-Kinderhilfswerk Unicef fließen, das sich unter anderem um die Instandsetzung von Schulen kümmert. Zudem soll mit dem Geld die psycho-soziale Betreuung von traumatisierten Kindern finanziert werden. Mit 6 Millionen Euro wird außerdem ein Projekt der Hilfsorganisation Arche Nova unterstützt, die Schulen für rund 3000 Kinder und Jugendliche betreibt. Weitere 19 Millionen Euro sollen an die UN-Entwicklungsorganisation UNDP gehen, die insbesondere für Binnenvertriebene Kurzzeitjobs organisiert, etwa bei der Beseitigung von Müll und Trümmern.

Sieben Millionen Euro werden für syrische Nichtregierungsorganisationen bereitgestellt, die sich mit eigenen Projekten unter anderem um die Aussöhnung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen kümmern. Weitere drei Millionen Euro will Entwicklungsministerin Schulze für einen speziellen UN-Fonds zur Verfügung stellen, der syrische Frauenorganisationen fördert.

Das Geld stammt aus dem Haushalt 2024, in dem insgesamt 132 Millionen Euro für Projekte in Syrien vorgesehen sind. Für 2025 sollen abhängig von der Entwicklung vor Ort weitere Projekte vorbereitet werden. „Wir haben unsere Erwartungen klar formuliert: ein Bildungssystem frei von Ideologie, Diskriminierung und Ausgrenzung. Wenn die Entwicklung in die richtige Richtung geht, sind wir bereit, auch in anderen Bereichen mehr zu tun“, betonte Entwicklungsministerin Schulze.

Kurdische Gemeinde warnt vor neuen Kriegsverbrechen in Syrien

Freitag, 27. Dezember, 20.13 Uhr: Die Kurdische Gemeinde in Deutschland warnt vor einem möglichen „Genozid“ in Syrien nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad durch islamistische Kämpfer. In der Weihnachtszeit hätten die Gemeinde grausame Zeugnisse erreicht, teilte sie am Freitag in Gießen mit. Darin gehe es darum, wie Menschen der alevitischen Glaubensgemeinschaft von islamistischen Milizen gefoltert und ermordet würden.

„Es ist zu befürchten, dass die Islamisten demnächst auch andere religiöse und ethnische Minderheiten ins Visier nehmen werden: Christen, Jesiden sowie Kurden und Drusen“, sagte der Bundesvorsitzende der Kurdischen Gemeinschaft, Ali Ertan Toprak. Es sei kurzsichtig vom Westen, die Zukunft Syriens Islamisten zu überlassen und zudem zu glauben, dass die Türkei neue Flüchtlinge von Europa fernhalten werde.

Ex-Assad-General für Todesurteile im Saidnaja-Gefängnis festgenommen

Donnerstag, 26. Dezember, 19.40 Uhr: Sicherheitskräfte der neuen Führung in Syrien haben General Mohammed Kanjo Hassan festgenommen, der unter dem gestürzten Machthaber Baschar al-Assad als Chef der Militärjustiz tätig war. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte soll Hassan für zahlreiche Todesurteile im berüchtigten Saidnaja-Gefängnis verantwortlich gewesen sein. Die Festnahme erfolgte in Chirbet al-Maasa, einer Hochburg der Assad-Anhänger in der Provinz Tartus.

Ein erster Versuch, Hassan zu fassen, war gescheitert und führte zu heftigen Kämpfen, bei denen 14 Sicherheitskräfte der neuen Regierung und drei Vertreter der ehemaligen Regierung getötet wurden.

Die islamistische HTS-Miliz hatte Anfang Dezember Damaskus erobert und die jahrzehntelange Herrschaft Assads beendet. Assad, dem schwere Menschenrechtsverbrechen vorgeworfen werden, floh nach Russland.

Hassan galt als einer der bekanntesten Richter Syriens und war berüchtigt für seine Grausamkeit gegenüber Häftlingen. Während seiner Zeit am Militärgericht soll er Familien von Gefangenen erpresst und dabei ein Vermögen angehäuft haben. Seine absolute Loyalität zu Assad brachte ihm die Beförderung zum Generalmajor und die Leitung der Militärjustizabteilung ein.

Laut Beobachtungsstelle war Hassan direkt verantwortlich für zahlreiche Todesurteile sowie für tausende willkürliche Urteile gegen Häftlinge. „Hassan sei ‚verantwortlich für zahlreiche Todesurteile‘,“ so die Beobachtungsstelle weiter.

Neue Führung in Syrien ernennt Minister

Sonntag, 22. Dezember, 00.53 Uhr: Die von Rebellen geführte Übergangsregierung in Syrien hat offiziellen Angaben zufolge einen Außenminister und einen Verteidigungsminister ernannt. Asaad Hassan al-Schaibani übernehme das Außenministerium, meldete die frühere Staatsagentur Sana auf Telegram. Neuer Verteidigungsminister wurde nach Angaben der Übergangsregierung der Agraringenieur Marhaf Abu Kasra.

Al-Schaibani war seit Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien im Frühjahr 2011 in der Opposition aktiv. Syrien war während des Bürgerkriegs tief gespalten. Machthaber Baschar al-Assad ging brutal gegen jegliche Oppositionskräfte vor und kontrollierte bis zu seinem Sturz etwa zwei Drittel des Landes. Im Nordwesten gründete die Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) 2017 eine Parallelverwaltung. 

Al-Schaibani hatte dort die Abteilung für politische Angelegenheiten aufgebaut. Er soll im humanitären Bereich tätig gewesen sein und für auswärtige Angelegenheiten. Er habe gute Verbindungen unter anderem zu den Vereinten Nationen aufgebaut, hieß es aus informierten Kreisen.

Al-Schaibani wurde 1987 in der nordöstlichen Provinz Hasaka geboren. Berichten zufolge studierte er an der Universität Damaskus Englisch und Literatur. Er soll auch einen Master in Politikwissenschaften und Internationalen Beziehungen haben.

Mehr zum Aufstand in Syrien lesen Sie auf den nächsten Seiten.