Biden ruft US-Bürger nach Angriff auf Trump zur Einigkeit auf: „Wir sind keine Feinde“
Nach dem versuchten Mordanschlag auf Donald Trump appelliert US-Präsident Joe Biden in einer seltenen Ansprache an die Menschen im Land, friedlich zu bleiben.
Washington D.C. – Es sind seltene Bilder: US-Präsident Joe Biden warnte nach dem Anschlag auf seinen Kontrahenten Donald Trump in einer abendlichen Ansprache an die Nation aus dem Oval Office im Weißen Haus vor Gewalt im US-Wahlkampf. „Wir lösen unsere Meinungsverschiedenheiten an der Wahlurne. So machen wir es - an der Wahlurne, nicht mit Kugeln“, so Biden bei seiner Rede in der Regierungszentrale am Sonntag (14. Juli).
Jene Bilder sind rar und nur für krisenhafte Momente und große Zäsuren im Land vorbehalten. Genau damit haben es die Vereinigten Staaten nach dem Gewaltakt gegen Präsidentschaftsbewerber Trump momentan zu tun.
US-Wahlkampf 2024: Präsident Biden mahnt eindringlich vor Gewalt
Die politische Debatte im Land sei sehr hitzig geworden. „Es ist Zeit, sie abzukühlen“, mahnte er. „Wir alle haben die Verantwortung, das zu tun.“ Gewalt sei nie eine Lösung, betonte Biden. „Wir sind keine Feinde.“

Der US-Präsident unterstrich in seiner Rede: „Ich werde mich weiterhin mit Nachdruck für unsere Demokratie einsetzen, für unsere Verfassung und die Rechtsstaatlichkeit eintreten und zum Handeln an der Wahlurne aufrufen, ohne Gewalt auf unseren Straßen.“ So sollte die Demokratie funktionieren, mahnte er. „Wir stehen für ein Amerika nicht des Extremismus und der Wut, sondern des Anstands und der Güte.“
Warnung vor Fehlinformationen und Spaltung der Bevölkerung: Biden erinnert an Sturm des Kapitols
Biden hob weiter hervor: „Hier in Amerika müssen wir aus unseren Silos herauskommen, in denen wir nur auf diejenigen hören, mit denen wir einer Meinung sind.“ Er warnte vor Fehlinformationen und „ausländischen Akteuren, die die Flammen unserer Spaltung schüren, um Wahlergebnisse zu beeinflussen, die ihren Interessen entsprechen und nicht unseren“.
Der 81-Jährige erwähnte auch den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021. Anhänger Trumps hatten damals gewaltsam den Parlamentssitz in Washington gestürmt. Dort war der Kongress zusammengekommen, um den Sieg Bidens bei der Präsidentenwahl von 2020 formal zu bestätigen. Trump hatte seine Anhänger zuvor bei einer Rede durch unbelegte Behauptungen aufgewiegelt, dass ihm der Wahlsieg durch massiven Betrug gestohlen worden sei.
In den Umfragen konnte Trump zuletzt seinen Vorsprung gegenüber Biden ausbauen. Der 81-jährige Amtsinhaber sieht sich seit seinem desaströsen Auftritt im TV-Duell gegen Trump im vergangenen Monat mit erheblichen Zweifeln an seiner geistigen und körperlichen Fitness konfrontiert.
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Seine kurze, aber kraftvolle Ansprache im Oval Office hielt Biden ohne größere Pannen. Allerdings ersetzte er in „ballot box“, dem englischen Wort für Wahlurne, den vorderen Wortteil „ballot“ zwei Mal irrtümlich durch „battle“, zu Deutsch „Schlacht“.
Attentat auf Trump: 78-Jähriger während Wahlkampfrede in Pennsylvania angeschossen
Hintergrund der Ansprache ist das am Samstag (13. Juli) verübte Attentat auf Trump. Ein Mann hatte bei einer Wahlkampfrede Trumps im Bundesstaat Pennsylvania auf den 78-Jährigen geschossen und ihn am Ohr verletzt. Der Täter, laut Bundespolizei FBI ein 20-jähriger Mann aus der Region, wurde von Sicherheitskräften getötet. Ein Motiv machten die Ermittler noch nicht aus. Der junge Mann tötete einen Feuerwehrmann und Familienvater, der als Zuschauer bei der Veranstaltung war. Zwei weitere Teilnehmer wurden schwer verletzt.
Biden hatte das Attentat bereits kurz nachdem es passiert war, verurteilt. Weltweit ist das Entsetzen groß und schürt mitten im Wahlkampf Ängste vor einer politischen Gewaltspirale in den USA. Trump will bei der Präsidentenwahl am 5. November den demokratischen Amtsinhaber Biden herausfordern. Etliche hochrangige Vertreter beider Parteien in den USA verurteilten den Angriff.
Nominierung steht kurz bevor: Trump soll Präsidentschaftskandidat der Republikaner werden
Nach dem Attentat steht die Frage im Raum, ob die Veranstaltung und Trump ausreichend geschützt waren. Biden hatte eine unabhängige Untersuchung dazu angekündigt, um zu klären, was genau passiert ist.
Unter dem Eindruck des Attentats startet am Montag (15. Juli) der Nominierungsparteitag der Republikaner. Der Secret Service plant bislang nicht, die Maßnahmen zu verschärfen. Bei dem Mega-Event soll Trump im Laufe der Woche offiziell als Präsidentschaftskandidat der Partei gekürt werden. Trump ist nach dem Angriff bemüht, keinen Eindruck von Schwäche aufkommen zu lassen: Er reiste noch am Sonntag nach Milwaukee im US-Bundesstaat Wisconsin. Dort findet die Parteiversammlung statt.
Die politische Stimmung in den Vereinigten Staaten ist seit Jahren aufgeheizt. Das US-Justizministerium beklagte zu Jahresbeginn einen „zutiefst beunruhigenden Anstieg der Drohungen“ gegen Amtsträger und demokratische Institutionen im Land. (bg/dpa)