Wie viel ist zu viel? - WHO-Experten nennen vier grundlegende Regeln für eine gesunde Ernährung

Egal ob Herzinfarkt, Schlaganfall oder Krebs – Experten gehen davon aus, dass sich rund 50 Prozent dieser Erkrankungen durch einen gesunden Lebensstil verhindern ließen. Neben Bewegung und Sport spielt dabei auch eine gesunde Ernährung eine große Rolle. Doch darüber, was wirklich nach neuestem Stand der Wissenschaft als gesund gilt, sind sich viele nicht im Klaren.

Deshalb hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammen mit der Food und Agriculture Organisation of the United Nations (FAO) ein Papier dazu herausgegeben, das die jüngsten Erkenntnisse zusammenträgt. Darin wird genau erklärt, welches die wichtigsten Bausteine unserer Ernährung sind und in welchen Mengen wir sie aufnehmen sollten.

1. Kohlenhydrate – so viel braucht der Körper

Oft als Dickmacher verteufelt, sind Kohlenhydrate ein wichtiger Bestandteil der Ernährung, die der Körper braucht. Auch der WHO-Report betont dies und empfiehlt, dass mindestens

  • 45 Prozent  

der täglichen Kalorienaufnahme aus Kohlenhydraten bestehen sollten, aber nicht mehr als

  • 75 Prozent.

Die besten Quellen für Kohlenhydrate sind demnach

  • Vollkornprodukte
  • Gemüse
  • Früchte
  • Erbsen
  • Bohnen
  • Linsen

Erwachsene sollten laut Papier ungefähr

  • 400 Gramm Früchte und Gemüse

sich nehmen.

„Kohlenhydrate sind Makronährstoffe und dienen als primäre Energiequelle des Gehirns“, betont die Ernährungsberaterin Michelle Routhenstein aus den USA, die nicht an der Studie beteiligt war, gegenüber „Medicalnewstoday.com“.  So bräuchten Erwachsene mindestens

  • 130 Gramm

pro Tag. Die genannten Kohlenhydrate lieferten aber nicht nur Energie, sondern wichtige Nährstoffe wie Potassium, Magnesium und Chrom, die zur Herzgesundheit beitragen und auch den Blutzucker regulieren.

Ballaststoffe nicht vergessen – mindestens 25 Gramm pro Tag

Auch Ballaststoffe sind wichtige Bestandteile von Kohlenhydraten. Ein Erwachsener sollte laut WHO/FAO-Bericht mindestens

  • 25 Gramm pro Tag

davon essen. Ballaststoffe sind unverdauliche Pflanzenfasern, die im Magen-Darm-Trakt aufquellen und das Sättigungsgefühl erhöhen. Außerdem binden sie Giftstoffe, regen die Darmtätigkeit an und dienen als Nahrung für die guten Darmbakterien. Ballaststoffe binden auch beispielsweise Gallensäure und tragen dazu bei, den Cholesterinspiegel zu senken.

Gute Quellen für Ballaststoffe sind unter anderem:

  • Vollkorngetreide, -nudeln und -reis
  • Hülsenfrüchte
  • Kartoffeln
  • Gemüse
  • Obst

2. Fette – diese Mengen nicht übersteigen

Fett wird häufig als ungesund verpönt, aber gerade gesunde Fette sind wichtig für den Körper. Sie sorgen dafür, dass die Zellen richtig funktionieren. Laut WHO/FAO-Papier sollte bei Erwachsenen insgesamt die tägliche Kalorienaufnahme nicht mehr als zu

  • 15 bis 30 Prozent

aus Fett bestehen. Gesättigte Fettsäuren, die insbesondere in tierischen Lebensmitteln wie Butter und Wurst enthalten sind, sollten nicht mehr

  • als zehn Prozent

der täglichen Energieaufnahme ausmachen. Industrielle Transfette, die in hochverarbeiteten Lebensmitteln wie etwa Backwaren und frittierten Erzeugnissen vorkommen, sollten nicht mehr als

  • ein Prozent ausmachen.

Wichtig sei es vor allem, darauf zu achten, ausreichend ungesättigte Fettsäuren zu sich zu nehmen. Sie sollten

  • 6 bis 10 Prozent

der täglichen Energieaufnahme ausmachen. Ungesättigte Fettsäuren sind etwa Linolsäure (Omega-6) und α-Linolensäure (Omega-3), die der Körper nicht selbst herstellt. Sie wirken sich positiv auf das Herz-Kreislaufsystem aus und senken das Risiko für bestimmte Krebsarten. Außerdem lindern sie laut „Netdoktor.de“ auch entzündliche Erkrankungen wie etwa Arthritis oder Morbus Crohn.

Die besten Lebensmittel zur Aufnahme von Omega-3:

  • Walnüsse
  • Raps
  • Soja
  • Leinöl
  • Fisch wie Lachs, Makrele, Thunfisch  

Die besten Lebensmittel zur Aufnahme von Omega-6:

  • Distelöl
  • Sojaöl
  • Sonnenblumenöl

Achtung, zu viel Omega-6 und zu wenig Omega-3 kann entzündliche Prozesse im Körper fördern.

3. Proteine – so viel Eiweiß braucht der Körper

Proteine, also Eiweiße, sind die wichtige Bausteine für Muskeln, Knochen, Hormone, das Immunsystem etc. Der Anteil der Proteine sollte daher laut WHO/FAO-Papier für Erwachsene bei

  • 10 bis 15 Prozent

unserer aufgenommen Kalorien liegen. Heranwachsende und Athleten benötigen mehr Protein, um Muskelmasse aufzubauen bzw. zu erhalten.  Aber auch hier muss man vorsichtig sein: Zu viel Protein kann die Nieren belasten!

Proteine können sowohl aus pflanzlichen und tierischen Quellen aufgenommen werden. Allerdings betont die WHO/FAO, dass es für Erwachsene unter bestimmten Umständen sinnvoll sein kann, auf pflanzliche Quellen umzusteigen. Denn dadurch ließe sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken.

Laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) beträgt die empfohlene Zufuhr für Erwachsene ab 19 Jahren und unter 65 Jahren

  • 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht.

Ab 65 Jahren schätzt man, liegt der Bedarf etwas höher, bei

  • 1 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht.

Quellen für tierische Proteine:

  • Fleisch
  • Fisch
  • Milchprodukte
  • Eier

Quellen für pflanzliche Proteine:

  • Hülsenfrüchte wie Erbsen, Linsen, Kichererbsen und Bohnen
  • Samen und Kerne wie etwa Kürbis-, Sonneblumenkerne, Chia- und Hanfsamen
  • Nüsse wie Walnüsse und Mandeln
  • Getreide wie Reise, Amaranth, Dinkel und Hafer
  • Sojamilch und Tofu

4. Vorsicht vor verarbeiteten Lebensmitteln, Zucker, Salz und rotem Fleisch

Die WHO/FAO warnt auch in ihrem Papier ausdrücklich vor Lebensmitteln, die in zu hohen Mengen massiv der Gesundheit schaden können.

  • Salz zum Beispiel ist zwar ein wichtiger Mineralstoff für den Körper, aber zu viel davon erhöht das Risiko für Bluthochdruck und somit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Erwachsene sollten daher nicht mehr als zwei Gramm Sodium (entspricht circa fünf Gramm Speisesalz) zu sich nehmen.
  • Zucker ist kein wichtiger Nährstoff und sollte deshalb weniger als zehn Prozent unserer Kalorienzufuhr betragen - noch besser weniger als fünf Prozent. Eine Zucker-Reduktion sollte nicht mit Süßstoffen erzielt werden, warnen WHO/FAO. Sie helfen weder bei der Gewichtskontrolle noch bieten sie gesundheitliche Vorteile.
  • Hochverarbeitete Lebensmittel bzw. industriell hergestellte Lebensmittel enthalten viel Zucker und Salz und andere schädliche Inhaltsstoffe wie etwa Geschmacksverstärker. Ein hoher Konsum solcher Lebensmittel führt zu schneller biologischer Alterung und erhöht das Risiko vieler Erkrankungen – wie etwa Demenz und Schlaganfall.
  • Rotes Fleisch wie etwas Schwein und Rind in großen Mengen trage zur Entstehung von Darm- und anderen Krebsarten bei. Auch das Diabetes-und Demenzrisiko erhöhe sich dadurch.

Die zehn Ernährungsregeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung

Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat in diesem Jahr ihre Empfehlungen für eine vollwertige Ernährung aktualisiert und rät auch aus Rücksicht auf unsere Umwelt auf eine pflanzenbasierte Ernährung.

  1. Genießen Sie die Lebensmittelvielfalt: Laut DGE sollten Sie sich abwechslungsreich ernähren und dabei besonderen Wert auf pflanzliche Lebensmittel legen.
  2. Essen Sie fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag: Gemüse und Obst versorgen den menschlichen Körper mit Nähr-, Ballast- und sekundären Pflanzenstoffen. Wer täglich drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst isst, könne so das Risiko für Herzkreislauf-, aber auch viele weitere Krankheiten senken.
  3. Wählen Sie Vollkornprodukte: Lebensmittel aus Vollkorn enthalten mehr Nährstoffe, sättigen länger und die darin enthaltenen Ballaststoffe senken das Risiko für verschiedene Krankheiten.
  4. Ergänzen Sie Ihre Auswahl mit tierischen Lebensmitteln: Maximal 600 Gramm Fleisch sollten Sie pro Woche essen, dafür aber täglich Milchprodukte zu sich nehmen, sowie ein bis zwei Mal pro Woche Fisch essen. So profitieren Sie am besten von den positiven Merkmalen dieser Lebensmittel.

  5. Nutzen Sie gesundheitsfördernde Fette: Fette und Öle haben eines gemeinsam – ihren hohen Kaloriengehalt. Pflanzliche Fette wie Rapsöl enthalten aber zusätzlich auch gute Nährstoffe.

  6. Reduzieren Sie Zucker und Salz: Gezuckerte Lebensmittel fördern nicht nur Karies, sie sind meist auch nährstoffarm und enthalten unnötige Kalorien. Salz hingegen kann den Blutdruck erhöhen, weshalb Sie laut DGE nicht mehr als sechs Gramm pro Tag zu sich nehmen sollten.

  7. Trinken Sie vornehmlich Wasser: Wer mit Zucker gesüßte Getränke trinkt, erhöht laut DGE sein Risiko für Übergewicht und Diabetes Typ 2. Der Körper braucht Flüssigkeit – mindestens 1,5 Liter sollen es sein, am besten in Form von purem Wasser. Alternativen sind ungesüßte Getränke wie Tee.

  8. Bereiten Sie Ihre Lebensmittel schonend zu: Auch die richtige Zubereitung des Essens beeinflusst, wie gut es uns tut. Die DGE empfiehlt, Lebensmittel so kurz wie nötig zu garen und dabei wenig Fett zu verwenden.

  9. Essen Sie achtsam und genießen Sie: Wer langsam und bewusst isst, kann der DGE zufolge dadurch nicht nur besser genießen, sondern fördert auch das Sättigungsempfinden. Sie empfiehlt daher, sich stets eine Pause für eine Mahlzeit zu nehmen und langsam zu essen.

  10. Achten Sie auf Ihr Gewicht und bleiben Sie in Bewegung: 30 bis 60 Minuten moderate Bewegung pro Tag helfen, gesund und fit zu bleiben. Dazu reicht es laut DGE schon aus, den Alltag aktiver zu gestalten: Zum Beispiel, indem Sie öfter einmal zu Fuß gehen oder mit dem Fahrrad fahren.