Kurz nachdem der Koalitionsvertrag steht: Merz und Esken geraten aneinander

Linnemann will kein Minister werden - und erklärt, warum

12.43 Uhr: CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann will kein Minister in der möglichen neuen Bundesregierung aus Union und SPD werden. Eine entsprechende Meldung der "Bild"-Zeitung wurde der Deutschen Presse-Agentur in Parteikreisen bestätigt. Linnemann will CDU-Generalsekretär bleiben. Zuvor war spekuliert worden, Linnemann könne neuer Bundeswirtschaftsminister werden. 

Linnemann meldete sich in einem kurzen, auf sozialen Medien verbreiten Video, das er vor den Fischteichen aufgenommen hatte, einem Ausflugsziel in seiner Heimatstadt Paderborn. "Ich finde das gut, das ist richtig gut, weil es ist genau mein Ding", sagte er über seinen Job als Generalsekretär. Es habe die Möglichkeit gegeben, einen Posten im Kabinett zu übernehmen. "Aber jeder, der mich kennt, weiß, es geht mir immer um die Sache und es muss halt auch passen, sonst macht es einfach keinen Sinn. Und deswegen: mein Bauchgefühl sagt mir an dieser Stelle: Als Generalsekretär kann ich besser den Politikwechsel forcieren. Das werde ich tun."

Der "Bild"-Zeitung sagte Linnemann: "Wir haben in den letzten drei Jahren hart daran gearbeitet, unsere CDU wieder aufzubauen. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Ich will ihn fortsetzen."

Wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Umfeld von Merz erfuhr, hatte Merz Linnemann angeboten, ins Kabinett zu gehen oder die Partei auch in Regierungszeiten als Generalsekretär weiter mit anzuführen. Linnemann habe sich nach reiflicher Überlegung für die Arbeit für die CDU Deutschlands entschieden. Merz halte diese Entscheidung für sehr gut.

"Fest vereinbart": Kurz nachdem der Koalitionsvertrag steht, geraten Merz und Esken aneinander

Dienstag, 15. April, 06.00 Uhr: Anders als CDU-Chef Friedrich Merz hält SPD-Chefin Saskia Esken eine Senkung der Einkommensteuer auf kleinere und mittlere Einkommen für fest vereinbart. Es sei klar, dass man nur das Geld ausgeben könne, das zur Verfügung stehe, sagte sie der "Rheinischen Post". "Bei der Einkommensteuerentlastung für die kleinen und mittleren Einkommen handelt es sich aber um eine klare Verabredung, nicht nur der Wirtschaft, sondern auch den Beschäftigten ein klares Signal von Dynamik und Zuversicht zu geben." 

Die Menschen im unteren und mittleren Einkommenssegment bräuchten Entlastungen, für die am oberen Ende sei das verzichtbar. "Das hat für uns als SPD Priorität, und es ist im Koalitionsvertrag fest vereinbart", sagte Esken. 

Im schwarz-roten Koalitionsvertrag heißt es: "Wir werden die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen zur Mitte der Legislatur senken." Der wohl künftige Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte am Wochenende in der ARD-Sendung "Caren Miosga" zwar bekräftigt, dass es der gemeinsame Wille von Union und SPD sei, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. "Aber wir machen keine Versprechungen, die wir nicht erfüllen können." Merz verwies darauf, dass alle im Koalitionsvertrag festgehaltenen Maßnahmen unter einem Finanzierungsvorbehalt stünden.

Angesichts der vielen Krisen im Inland und weltweit konstatierte Friedrich Merz: „Ich weiß, dass ich vor einer riesigen Aufgabe stehe.“ ARD / Thomas Ernst

Bundestag teilt mit: Merz soll am 6. Mai zum Kanzler gewählt werden

13.22 Uhr: Zweieinhalb Monate nach der Bundestagswahl soll CDU-Chef Friedrich Merz am 6. Mai vom Bundestag zum Kanzler gewählt werden. Parlamentspräsidentin Julia Klöckner treffe die Vorbereitung für diesen Termin, teilte der Bundestag mit. Voraussetzung ist aber die Zustimmung von CDU, CSU und SPD zum Koalitionsvertrag.

Der CSU-Vorstand hat dem Koalitionsvertrag bereits zugestimmt, die CDU entscheidet am 28. April auf einem kleinen Parteitag. Die SPD-Mitglieder stimmen von Dienstag an bis zum 29. April über das 144 Seiten starke Vertragswerk ab. Für die Annahme des Koalitionsvertrags ist nicht nur die Mehrheit der Stimmen, sondern auch eine Teilnahme von mindestens 20 Prozent der Mitglieder an der rein digitalen Abstimmung erforderlich. 

"Für uns reicht es nicht": Juso-Chef Türmer spricht sich gegen Koalitionsvertrag aus

Montag, 14. April, 08.30 Uhr: Die Parteijugend der SPD hat sich gegen den Koalitionsvertrag mit der Union ausgesprochen. Maßgeblich für die Jusos sei die Frage, "reicht das, was in diesem Koalitionsvertrag drinsteht, inhaltlich für eine wirklich andere Politik? Und wir müssen leider sagen: Für uns reicht es nicht", sagte Juso-Chef Philipp Türmer in der Sendung "Frühstart" von RTL/ntv.

In den zentralen politischen Feldern Asyl, Migration, Arbeit und Soziales gehe der Vertrag den falschen Weg, an anderen Stellen – Steuern und Finanzen – sei er zu ambitionslos, sagte Türmer. Der im Vertrag festgeschriebene Finanzierungsvorbehalt sei eine "tickende Zeitbombe". "Für die Zustimmung der Jusos bräuchte es deutliche Nachbesserungen." Gleichzeitig betonte Türmer, alle Mitglieder seien frei in ihrer Entscheidung.

Klingbeil über Merz: "Traue ihm zu, dass er unser Land gut führen wird"

18.53 Uhr: SPD-Chef Lars Klingbeil wirbt vor dem Start des SPD-Mitgliedervotums um Zustimmung für eine schwarz-rote Bundesregierung. "Dazu gehört dann auch ein Kanzler Friedrich Merz - und ich traue ihm zu, dass er unser Land in diesen schwierigen Zeiten gut führen wird", sagte Klingbeil in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". Von Dienstag an können bis zum 29. April alle gut 358.000 SPD-Mitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen.

Union und SPD könnten eine stabile Regierung hinbekommen, betonte Klingbeil. Das sei angesichts der internationalen Turbulenzen gerade besonders wichtig. In der Ampel-Regierung habe es zu viel Streit gegeben. "Wir müssen das besser machen: weniger öffentlicher Streit, mehr Zusammenhalt, die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund stellen und gucken, wie wir dieses Land stark machen", betonte Klingbeil.

SPD bereitet Abstimmung über Koalitionsvertrag vor

17.48 Uhr: Die SPD-Spitze stimmt die Parteimitglieder am Montag (18.00 Uhr) bei einer Konferenz in Hannover auf die Abstimmung über den Koalitionsvertrag mit der Union ein. Daran nehmen neben den Parteivorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken auch Generalsekretär Matthias Miersch und mehrere weitere Politiker teil, die die Verhandlungen für die SPD geführt haben.

Von Dienstag an können bis zum 29. April alle gut 358.000 SPD-Mitglieder über den Vertrag abstimmen. Für die Annahme des Koalitionsvertrags ist nicht nur die Mehrheit der Stimmen, sondern auch eine Teilnahme von mindestens 20 Prozent der Mitglieder an der rein digitalen Abstimmung erforderlich. 

Jusos in mehreren Bundesländern gegen Koalitionsvertrag

13.25 Uhr: In der Parteijugend der SPD formiert sich Widerstand gegen den Koalitionsvertrag von Union und SPD im Bund. Die Jusos aus Bayern und aus Schleswig-Holstein lehnten die Vorhaben ab und riefen zu einem Nein beim Mitgliederentscheid ihrer Partei auf. Die Befragung der gut 358.000 SPD-Mitglieder zum Koalitionsvertrag beginnt am Dienstag und soll zwei Wochen dauern.

Die bayerischen Jusos erklärten, der Vertrag sei "nicht geeignet, um die zentralen politischen Fragen und die enorme Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft anzugehen." Sie übten Kritik unter anderem an der geplanten Abkehr vom Bürgergeld, einer Aufweichung der Rechte von Arbeitnehmern im Bereich der Arbeitszeit und den Plänen zur Migration. Außerdem fehlten eine Vermögensteuer und eine Erbschaftssteuerreform.

Die Jusos aus Schleswig-Holstein sprachen von "unsolidarischen migrations-, sozial- und gesellschaftspolitischen Vorhaben". Der Koalitionsvertrag sei in dieser Form nicht annehmbar. "Zu viel geht gegen die Ideen der Sozialdemokratie!", argumentierten sie. Vor allem Verschärfungen im Asyl- und Migrationsbereich sowie eine Verschlechterung beim Bürgergeld seien nicht tragbar. Die Jusos aus dem Norden plädierten zudem für eine Neuwahl der Parteispitze durch die Mitglieder statt auf einem Parteitag. 

Merz zieht geplante Einkommensteuersenkung in Zweifel: „Die ist nicht fix“

07.49 Uhr: Der voraussichtlich nächste Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat die von Union und SPD geplante Senkung der Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen in Zweifel gezogen. „Nein, die ist nicht fix“, sagte Merz der BILD am SONNTAG. „Wir hätten das in der Koalition mit den Sozialdemokraten gerne von Anfang an verabredet. Darüber hat es einen Dissens gegeben. Deswegen haben wir es offengelassen.“ Merz fügte hinzu: „Die Einkommenssteuer, die wollen wir senken, wenn es der öffentliche Haushalt hergibt.“

Die Befürchtung, dass viele Arbeitnehmer wegen steigender Sozialbeiträge und ausbleibender Steuersenkungen am Ende seiner Regierungszeit weniger netto in der Tasche haben werden, nannte Merz „aus heutiger Sicht sicherlich nicht unberechtigt“. Er fügte hinzu: „Aber es wird unsere Aufgabe sein, diese Befürchtung zu zerstreuen und das Richtige zu tun, damit am Ende dieser Wahlperiode die Menschen sagen. Es geht uns besser als zu Beginn. Das ist die Aufgabe der Politik.“

Merz kritisierte in diesem Zusammenhang: „Wir haben in den letzten 30 Jahren versäumt, die notwendigen Reformen zu machen. Das gilt für die Rentenversicherung, für die Krankenversicherung und für die Pflegeversicherung. Deswegen haben wir auch verabredet, dass wir zunächst einmal diese sogenannte Rentengarantie nur bis zum Jahr 2031 gelten lassen.“

Merz will Mindestlohn von 15 Euro mit SPD „so nicht verabredet“ haben

Sonntag, 13. April, 07:42 Uhr:  Die SPD hat ihren Mitgliedern kommuniziert, dass der Mindestlohn 2026 auf 15 Euro pro Stunde steige. Doch CDU-Chef Friedrich Merz will das so nicht mit der SPD vereinbart haben. „Wir haben verabredet, dass wir davon ausgehen, dass die Mindestlohnkommission in diese Richtung denkt“, so Merz gegenüber der „Bild am Sonntag“. „Es wird keinen gesetzlichen Automatismus geben.“ Die Mindestvergütung könne auch erst 2027 auf den Betrag steigen - in jedem Falle sei es aber Sache der Kommission, dies festzulegen. Die SPD wird dies vermutlich anders sehen. Auch für viele Verbraucher würde ein steigender Mindestlohn wohl zu höheren Kosten führen.

Merz rechnet mit Start der neuen Bundesregierung am 6. Mai

20.22 Uhr: Der wohl künftige Kanzler Friedrich Merz rechnet damit, dass die neue Bundesregierung unter seiner Führung am 6. Mai ins Amt kommt. Das sagte der CDU-Chef dem "Handelsblatt". "Dann haben wir bis zu den Sommerferien gut zwei Monate Zeit, um sehr schnell ein paar Dinge zu beschließen, damit die Menschen spüren, dass sich wirklich etwas ändert."

Als Beispiele nannte Merz einen besseren Grenzschutz und mehr Abschiebungen, die Abschaffung des Lieferkettengesetzes und den Abbau von Bürokratie.

Bevor der Kanzler vom Bundestag gewählt und sein Kabinett ernannt und vereidigt wird, muss allerdings erst der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD unterzeichnet werden. Damit das geschehen kann, müssen CDU und SPD den Vertrag noch intern absegnen lassen. Die CDU beruft dafür einen Kleinen Parteitag ein, die SPD hält ab Dienstag eine Mitgliederbefragung ab, die zwei Wochen dauern soll. Die CSU hat dem Vertrag schon zugestimmt.

Das selbst erklärte Ziel von Friedrich Merz ist, dass eine von ihm geführte Bundesregierung ein weiteres Anwachsen der AfD verhindert – unter anderem mit einer strikten Migrationspolitik.
Das selbst erklärte Ziel von Friedrich Merz ist, dass eine von ihm geführte Bundesregierung ein weiteres Anwachsen der AfD verhindert – unter anderem mit einer strikten Migrationspolitik. Foto: dpa/Michael Kappeler