Eckwerte für Haushalt 2024: Im Kreistag kommt scharfe Kritik aus Penzberg

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„Ich kann in diese Richtung nicht weitergehen“: Penzbergs Bürgermeister Stefan Korpan warnte im Kreistag vor immer mehr finanzieller Belastung gerade der großen Kommunen im Landkreis Weilheim-Schongau. © Andreas Baar

Region - Die Haushaltspläne 2024 für den Landkreis Weilheim-Schongau sorgten für eine kontroverse Debatte im Kreistag. Mittendrin: die Stadt Penzberg.

Die (freiwilligen) Eckwerte für die Haushaltsplanungen für 2024 und darüber hinaus sorgen für Unmut bei den Weilheim-Schongauer Kreisräten: Im Fokus liegen die Finanzspritzen für die Krankenhaus GmbH und eine wahrscheinliche Erhöhung der Kreisumlage. Das Planpapier des Kreiskämmerers wird mit 25 zu 23 Stimmen abgelehnt. Damit gelten die Eckwerte von 2023 weiter.

Eine äußerst kontrovers geführte Diskussion lieferten sich die Kreisräte im Schongauer Ballenhaus rund um das Thema Eckwerte-Entscheidung und die sich damit verbunden abzeichnenden Einschnitte, wie sie auch schon im Kreis- und Finanzausschuss besprochen worden waren. Die einen erkannten in dieser freiwilligen Selbstverpflichtung wichtige Leitplanken, um den Haushalt 2024 verabschieden zu können. Die anderen sahen derart viele rote Tücher – insbesondere die Erhöhung der Kreisumlage –, dass sie ablehnten. Am Ende waren die Befürworter mit 23:25 in der Unterzahl, somit behalten die bisherigen Eckwerte von 2013 ihre Gültigkeit.

Harte Realität

Es handle sich um eine größere Modifikation, erläuterte stellvertretender Landrat Wolfgang Taffertshofer (BfL, Obersöchering), der die Sitzung leite. Die bisherige Version der Eckwerte habe das vergangene Jahrzehnt entscheidend geprägt. Nun sei es geboten diese Richtschnur anzupassen. Auch wenn die Auferlegung freiwillig sei, betonte Kreiskämmerer Norbert Merk eingangs: Es sei die harte Realität, die die Zwänge ohnehin auferlege. Eine Alternative zum strikten „Sparen und Konsolidieren“ gebe es nicht. Die Eckwerte sehen eine Schuldenobergrenze und einen Rahmen für die Kreisumlage zwischen 55 bis 58 Punkten vor. Jene 55 Prozent, aktuell sind es 54, seien 2024 noch womöglich machbar, so Taffertshofer; die Kämmerei tue alles dafür, um einen Wert von 56 zu verhindern.

Klar stellte er aber auch: „Wir entscheiden heute nicht über den Haushalt 2024 und auch nicht über die Kreisumlage.“ Freilich waren es aber diese Themen und Wortmeldungen zum Krankenhaus, an denen sich die verschiedenen Beiträge hauptsächlich entzündeten.

Um den Sozialplan der Krankenhaus GmbH umzusetzen, zeichne sich ein Haushalt mit Rekordvolumen ab, hatte Merk vorangeschickt, mitsamt neuer Schulden. Die Sparbemühungen bei Krankenhaus und Landkreis seien weitestgehend ausgeschöpft. Der Gesamtverschuldungseckwert von 60 Prozent des Volumens des Verwaltungshaushalts sei spätestens 2027 überschritten, wenn es bei 54 Prozent Kreisumlage bleibt.

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Bis hierher und nicht weiter: Penzbergs Bürgermeister Stefan Korpan warnte, dass man sich der Handlungsunfähigkeit nähere. © Andreas Baar

Warnung aus Penzberg

55 Prozentpunkte Kreisumlage seien besser als 56; man bewege sich aufeinander zu, fand Frank Zellner (CSU, Peißenberg). Dennoch wären auch damit schmerzliche Einschnitte verbunden. Die Verantwortung dafür trage das Aktionsbündnis Pro Krankenhaus Schongau. Dieser Vorwurf wurde immer wieder erhoben, von einigen Mitgliedern des Gremiums aber auch als unseriös oder Nachtreten zurückgewiesen.

Man nähere sich der Handlungsunfähigkeit, fand Stefan Korpan (CSU, Penzberg). „Ich kann in diese Richtung nicht weitergehen.“ Die fünf großen Kommunen sehe er dadurch unfair behandelt, dass die Zuständigkeiten für die Jugendzentren an sie übergehen. Da liege sie aber eigentlich schon seit 20, 30 Jahren, so Kreiskämmerer Merk. „Bevor wir um die Kreisumlage ringen, sollten die Zuständigkeiten klar verteilt sein.“

Wie Pest oder Cholera

Eine höhere Kreisumlage sei die Pest, weitere Schulden die Cholera, so Franz Seidel (BfL, Peiting). Die erreichten Einsparungen seien beträchtlich, gestrichen sei bereits alles was möglich ist. Doch reiche es immer noch nicht um auf einen grünen Zweig zu kommen. Eine höhere Kreisumlage, er befürchte gar 58 Punkte – das könne er seiner Gemeinde nicht zumuten.

„Wir zerfleischen uns selber“, wurde Josef Taffertshofer (BfL, Wildsteig) deutlich. Man nehme den Gemeinden zugunsten des Krankenhauses, dessen Unterstützung weit über das verpflichtende Maß hinausgehe, die Möglichkeit ihrerseits ihre Pflichtaufgaben wahrzunehmen. Ob das überhaupt rechtens sei, wolle er prüfen lassen, kündigte er an.

Die sich abzeichnenden 56 Prozent Kreisumlage könnten wirklich niemanden mehr überraschen, fand Tillmann Wahlefeld (BfL, Weilheim). Das Hauptproblem sitze woanders. „Bund und Land wälzen alles nach unten ab, ohne das finanziell zu unterfüttern. In drei bis vier Jahren kommen wir zusammen, um auf München und Berlin zu marschieren.“

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Kreisrat Armin Jabs (BfP) aus Penzberg kritisierte den Eingriff in die Finanzen der Kommunen als inakzeptabel. © MVV

Als GAU bezeichnete Armin Jabs (BfP, Penzberg) die dargelegten Eckwerte. Man würde damit schon heute den künftigen Kreistag seiner Handlungsfähigkeit berauben. Der Eingriff in die Finanzen der Kommunen sei inakzeptabel – freiwillige Leistungen für diese nicht mehr zu stemmen. Für Pflichtaufgaben wie Kindergärten, Grund- und Mittelschule müssten diese dann die Bürger mehr zur Kasse bitten. Das könne es nicht sein.

Könne es sehr wohl, fand Kreiskämmerer Merk. „Auch Gemeinden sind verpflichtet, ihre steuerliche Basis so breit wie möglich aufzustellen“, sah er mancherorts noch Luft nach oben und nannte das Beispiel Hebesätze.

Krankenhaus-Verdruss

Die Einsicht zum Verzicht komme spät, kritisierte Markus Kunzendorf (ÖDP, Oberhausen) Entscheidungen der Vergangenheit. „Jetzt müssen wir sparen an Umwelt und Sozialem, während das Krankenhaus mit seiner Geschäftsführung weitermacht.“ Dass diese dem Aktionsbündnis und dem Kreistag einen Schwarzen Peter zuschiebe, sei schäbig.

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„290 Krankenhausmitarbeiter gehen und der Geschäftsführer hat sich seinen Vertrag gesichert“: Harte Worte von der Penzberger Kreisrätin Elke Zehetner (SPD) in Richtung landkreiseigene Krankenhaus GmbH. © Archiv GB

In die gleiche Kerbe schlug emotional Elke Zehetner (SPD, Penzberg). Das ganze Jahr widme man sich dem Krankenhaus, stochere dabei aber im Nebel. 133 Millionen Euro in zehn Jahren seien eine gewaltige Belastung. „290 Krankenhausmitarbeiter gehen und der Geschäftsführer hat sich seinen Vertrag gesichert.“ Überdies sei eine Eckwerteentscheidung überflüssig, eine Kür. „Stellen Sie den Haushalt auf“, forderte sie Kämmerer Merk auf. Ihren zwischenzeitlichen Antrag nahm sie nach kritischen Gegenmeldungen aber wieder zurück, die Eckwerte blieben Teil der Tagesordnung.

Weil man diese eben brauche, fand Klaus Gast (CSU, Weilheim). Wenn man jene Richtlinie nicht habe, stehe „irgendwas im Haushalt und wir stimmen über jeden Punkt einzeln ab. “Genauso sah es Karl-Heinz Grehl (Grüne, Weilheim) – nur ungleich lauter. „Vielleicht geht Penzberg mal her und erhöht seine Einnahmen“, empfahl er das „Beispiel Peiting“ als Vorbild. Trotzdem bleibe es dabei: Eine Vielzahl an Kommunen in Bayern sei „finanziell fertig“.

Man könne dafür nicht einfach die Gemeinden und Steuerzahler in die Pflicht nehmen, fand Katrin Neumayr (AfD, Peißenberg). Ihr werde noch zu leise auf die Missstände hingewiesen. „Wo sind die offenen Briefe, Brandbriefe und Märsche?“

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