Nach fünf Jahren: ALB-Ende in Miesbach naht – Nächster Schädling steht vor der Tür

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Großes Aufatmen: Miesbachs Bürgermeister Gerhard Braunmiller zeigte sich bei der Abschlussveranstaltung im Waitzinger Keller erleichtert über das nahende Ende der ALB-Maßnahmen. © STEFAN SCHWEIHOFER

Der Asiatische Laubholzbockkäfer wurde 2019 in Miesbach entdeckt und hat seitdem die Region in Atem gehalten. Nach fünf Jahren intensiver Bekämpfung ist der Schädling nun ausgerottet. Doch die nächste Bedrohung steht schon vor der Tür.

Miesbach – Es war ein Montag, 5. August 2019, als die Horrormeldung die Runde machte. Gerhard Kraus, Gebietsbetreuer der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), hatte sich freigenommen. „Es war mein Geburtstag“, erinnert er sich schmunzelnd an den Tag zurück, an dem der Asiatische Laubholzbockkäfer (ALB) in Miesbach entdeckt wurde. Doch dass es an diesem Tag nichts mehr zu feiern gab, das war relativ schnell klar. Denn aus der anfänglichen Hoffnung, es könne sich um eine Verwechslung handeln bei jenem Käfer, der einem Anwohner nahe dem Finanzamt in Miesbach vor die Füße geflogen war, wurde nichts. Erst kamen die Fotos, dann die Bestätigung der LfL-Mitarbeiter. Und schließlich wurde klar: „Er ist es.“

Was in den folgenden fünf Jahren passierte, fasste Kraus im Wechsel mit Miesbachs Bürgermeister Gerhard Braunmiller, Christian Webert, Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaften und Forsten (AELF) in Holzkirchen, und Dorothee Kaemmerer, Koordinatorin für Pflanzengesundheit und Quarantäne am LfL, jetzt in einer Abschlussveranstaltung im Waitzinger Keller zusammen. Der Tenor: Miesbach ist mit der geplanten Aufhebung der Maßnahmen zum Jahreswechsel noch einmal glimpflich davongekommen – dank des Einsatzes, den alle Beteiligten gezeigt haben.

Bekämpfung kostete Stadt 850.000 Euro

Leicht war die Bekämpfung aber keineswegs, wie in den Vorträgen deutlich wurde. Schon in den ersten Wochen schüttelten die LfL-Mitarbeiter über 40 lebende Käfer aus den Bäumen, indem sie die direkt betroffenen Stämme fällten. Doch trotz enger Eingrenzung mussten viele weitere Bäume fallen. Wie berichtet, folgte aber zunächst eine Klage des Landkreises gegen die Allgemeinverfügungen vor dem Verwaltungsgericht München, mit dem Ziel, die von der EU gelisteten Wirtsgattungen von 29 Arten auf die fünf meist betroffenen Bäume zu reduzieren. Die Klage scheiterte letztlich, verzögerte laut Kraus den Beginn der Fällungen aber von November auf März 2020. Insgesamt fielen rund 5000 Gehölze, 3000 davon aber nur daumendick, wie der LfL-Gebietsbetreuer betonte. Darunter waren aber auch „wenige hundert dicke und wenige hundert alte Bäume“. Webert ergänzte dazu: „Wir alle sind nicht Förster geworden, um dicke Bäume zu fällen und in den Häcksler zu schicken.“ Aber, wie Kraus vorausgeschickt hatte: Auch wenn es den Mitarbeitern selbst wehtat, hätten sich die Fällungen zum Schutz vieler anderer Bäume gelohnt. Mit welch harten Bandagen die Gegner der Fällungen kämpften, ließen die Mitarbeiter aber ebenfalls durchblicken. „Es gab auch mal jemanden, der auf dem Baum stand, als wir mit der Kettensäge kamen“, berichtete Kraus. In anderen Fällen wurden die Mitarbeiter des LfL schriftlich massiv – teils mit dem Tod – bedroht. Vor gut fünf Jahren, bercihtete Kraus, habe man noch überlegt, zur Infoveranstaltung im Waitzinger Keller Personenschutz hinzuziehen.

Doch unterm Strich blieben die ganz heftigen Ausfälle glücklicherweise Einzelfälle. Auch die Pandemie mit Ausgangssperren habe den Beteiligten etwas Entlastung verschafft – auch wenn die Bekämpfung freilich nicht unbeobachtet blieb. Kraus hatte in seine Präsentation Screenshots von unzähligen Artikeln der Heimatzeitung eingebettet, die dokumentierten, wie groß das öffentliche Interesse an den Maßnahmen war.

Japankäfer in Kiefersfelden und Lindau gefunden

Webert nutzte die Gelegenheit, um auch die öffentlich umstrittene Fällung des Miesbacher Hallenwalds noch einmal zu erklären. Die Einschränkungen unter anderem für Waldbesitzer seien groß gewesen – etwa wegen des Verbringungsverbotes, den Kontrollen und den weiteren Auflagen. So muss noch bis zum Jahreswechsel jede Hiebmaßnahme angemeldet werden, nur zertifizierte Hacker dürfen bestellt und eine Reihe von Bäumen gar nicht erst gepflanzt werden. Das habe auch große wirtschaftliche Nachteile – ein schnelles Ende des Befalls war deshalb das große Ziel. Betroffen waren insgesamt 315 Hektar Wald auf 38 Grundstücken, 560 Flurstücke und 150 Waldbesitzer.

Rund 1500 Menschen, darunter etwa Baumkletterer und Bauhöfe, wurden in 140 Schulungen geschult. Die Stadt Miesbach allein kostete die Bekämpfung am Ende 850 000 Euro nach Abzug der EU-Förderung, erklärte Braunmiller. Dass sich die Mühen gelohnt haben, zeigte schließlich Kaemmerer auf. Miesbach hat den ALB durch den Einsatz vieler Menschen in der frühestmöglichen Phase ausgerottet. „Es ist Ihr Verdienst, dass das in fünf Jahren funktioniert hat.“ Mit dem Aus des ALB in Miesbach ist der letzte Befall in Bayern ausgerottet – wird aber weiterhin jährlich beobachtet. Diese Zeit zum Aufatmen, machte Kaemmerer deutlich, sollte die Stadt nutzen. „Der nächste Käfer, der sich mit Sicherheit bei uns ansiedelt, steht schon vor der Tür: der Japankäfer.“ Gefunden wurde der Schädling bereits in Kiefersfelden und in Lindau. Mit 400 Wirtspflanzen kann er sich leicht verbreiten – unter anderem auf Maisfeldern. Kämmerer betonte jedoch: „Auch das wird uns nicht entmutigen.“ nap

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