Startup verkündet Durchbruch - Neue Erfindung soll Deutschland entscheidenden Vorsprung bei E-Autos bringen

  • Kommentare
  • E-Mail
  • Teilen
  • Mehr
  • Twitter
  • Drucken
  • Fehler melden
    Sie haben einen Fehler gefunden?
    Bitte markieren Sie die entsprechenden Wörter im Text. Mit nur zwei Klicks melden Sie den Fehler der Redaktion.
    In der Pflanze steckt keine Gentechnik
    Aber keine Sorge: Gentechnish verändert sind die
Table.Media So könnte es aussehen: Radnabenmotor in einem Auto von Continental
Freitag, 16.08.2024, 14:24

Radnabenmotoren feiern ein Comeback. Dem deutschen Unternehmen DeepDrive könnte der Durchbruch gelungen sein. Nun will man E-Autos gänzlich neu gestalten – samt Renaissance deutscher Technik auf dem chinesischen Markt.

Felix Pörnbacher spricht schon von einer Revolution. Der Grund: Seinem deutschen Unternehmen DeepDrive ist ein Durchbruch bei der Radnabentechnologie gelungen. Derzeit ist man in Praxistests mit BMW. Auch Continental hat eine Partnerschaft mit DeepDrive und arbeitet an der Skalierung der Technologie. Pörnbacher ist zuversichtlich: „Wir sind überzeugt, mit der Entwicklung unseres Doppelrotor-Motors die Elektrifizierung von Fahrzeugen zu revolutionieren“, sagt der Mitgründer und Geschäftsführer von DeepDrive.

Und tatsächlich: Radnabenmotoren könnten die entscheidende Ingenieursleistung sein, mit der deutsche Hersteller im Bereich der E-Autos wieder aufholen können. Allerdings forscht auch die asiatische Konkurrenz an der Technologie.

Jetzt geht es in die Praxis

Doch was steckt hinter dem vermeintlichen Durchbruch von DeepDrive? Der Firma ist es gelungen, den Antrieb sehr viel leichter und kompakter zu bauen. Herzstück dieses Entwicklungssprungs ist das Doppelrotor-Konzept (der Stator treibt einen innen- und einen außenliegenden Rotor gleichzeitig an). Seit dem Jahr 2021 unterstützt BMW die Entwicklung. Die Labortests sind abgeschlossen. Nun laufen die Praxistests. 

Doch DeepDrive ist immer noch ein eigenständiges Unternehmen. So euphorisch sich BMW in Pressemeldungen auch zeigt, exklusiv hat der Konzern die Technologie nicht. „Die Zusammenarbeit mit BMW war für uns ein ganz frühes Sprungbrett. Das hat uns geholfen, uns in der komplexen Konzernwelt zurechtzufinden und die hohen Standards der Automobilindustrie zu erfüllen und zu übertreffen. Jetzt ist es unser nächstes Ziel, dass wir es in ein Serienmodell schaffen“, führt Pörnbacher dazu in einer Mitteilung aus. 

China hinkt noch hinterher

Ein zentraler Markt dafür ist China . Deutsche Hersteller verlieren hier vor allem im Bereich der boomenden Elektroautos zusehends an Boden. Radnabenmotoren könnten helfen, das Rennen um Marktanteile wieder ausgeglichener zu gestalten. Vorausgesetzt, die Konzerne setzen früh genug auf diese Technik. 

Im Gespräch mit Table.Briefing gab ein Unternehmenssprecher von BMW an, dass DeepDrive gemeinsam mit Continental an einer Großserie arbeiten. Unter den Interessenten sollen auch chinesische Hersteller sein. Die arbeiten zwar ebenfalls am Radnabenmotoren, große Durchbrüche – wie jetzt von DeepDrive – lassen aber noch auf sich warten.

Hyundais großes China-Problem

Und auch Hyundai erhofft sich von der Technologie neuen Schwung. Der Konzern forscht seit Jahren daran und konnte im Jahr 2023 das Uni Wheel präsentieren. Dabei handelt es sich ebenfalls um einen sehr kompakten und leichten Radnabenmotor . Doch die koreanische Marke hat in China ein Problem.

Elaine Newsletter Earth Banner
FOCUS online Earth widmet sich der Klimakrise und ihrer Bewältigung.
Faktenzentriert. Fundiert. Konstruktiv. Jeden Freitag als Newsletter.
* Mit einem * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder

Im Jahr 2017 produzierte sie in der Volksrepublik noch rund 1,6 Millionen Fahrzeuge. Nach dem Erlass von Restriktionen gegen koreanischen Marken sank die Zahl auf 250.000 Stück im Jahr 2023. Jetzt startet der Konzern eine neue Offensive in China im Bereich der Elektroautos und hat dafür ein Joint-Venture mit BAIC geschlossen. Der Radnabenmotor könnte hier mittelfristig eine entscheidende Rolle spielen. 

Deutscher Technologie-Vorsprung

Der Radnabenmotor zeigt aber auch, wie deutsche Ingenieure einen technologischen Vorsprung zu halten imstande sind. Philipp Böing hat über die Unterschiede von Innovationen und Patenten in diesem Zusammenhang bereits mit Table.Briefing gesprochen . Er ist Professor für Empirische Innovationsforschung mit Schwerpunkt China an der Goethe-Universität Frankfurt und dem ZEW Mannheim.

Im Maschinenbau und in der Automobilindustrie hätten deutsche Autohersteller immer noch einen Vorsprung. Das zeigt sich auch in einer Patentstudie der Kanzlei Grünecker. Im Bereich der Elektroautos haben demnach die fünf größten deutschen Automarken in China im Jahr 2022 fast 2.000 Patente angemeldet . Das seien doppelt so viele wie noch im Jahr 2018. 

Radnabenmotoren: Eine nicht ganz neue Technologie

Grundsätzlich ist der Radnabenantrieb nicht neu. Auf der Pariser Weltausstellung im Jahr 1900 stand bereits der „Lohner Porsche“. An jedem Rad hatten Ludwig Lohner und Ferdinand Porsche einen Elektromotor montiert. Damit war das Fahrzeug auch der erste Pkw mit Allradantrieb. Bis heute genießt der Wagen in der Automobilbranche Legendenstatus. Doch nach Patentstreitigkeiten und Finanzierungsproblemen wurde das Projekt beerdigt und auch der Radnabenmotor verschwand aus den Automobilen. 

Und das zu Recht. Denn der Radnabenantrieb hat einige systemimmanente Probleme, die eine Großserienfertigung bislang ausgeschlossen hat:

  • Ungefederte Massen : Radnabenmotoren sind direkt in den Rädern verbaut. Das bedeutet, sie liegen vor den Federn und Dämpfer des Autos. Das macht entsprechend ausgerüstete Autos schlichtweg unkomfortabel.
  • Belastung: Durch ihre besondere Lage sind die Motoren Feuchtigkeit, Dreck, hohen Temperaturen und Erschütterungen ausgesetzt.
Erhalten Sie 30 Tage kostenlos Zugang zu weiteren exklusiven Informationen der Table.Media Professional Briefings - das Entscheidende für die Entscheidenden in Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Verwaltung und NGOs.

E-Auto-Revolution dank Radnabenmotor

Abseits der Automobilindustrie konnte der Radnabenmotor Erfolge feiern. Straßenbahnen, diverse Industriefahrzeuge, Elektrobusse, E-Bikes und einige Landmaschinen setzen seit Jahrzehnten erfolgreich auf diese Technologie. Entsprechend gab es auch immer wieder Versuche von Automobilherstellern, dem Radnabenmotor neues Leben einzuhauchen – etwa Honda (FCX Concept, 2005) oder Volkswagen (eT!, 2011). Vor allem der Zulieferer Schaeffler engagierte sich stark in der Entwicklung und präsentierte Versuchsfahrzeuge gemeinsam mit Opel und Ford. 

Der Boom der Elektroautos hat dem Radnabenmotor jetzt eine Art Renaissance verschafft. Denn die Vorteile könnten eine kleine Revolution auslösen: 

  • Flexibilität : Mit vier Motoren in den Rädern lassen sich Fahrzeuge komplett neu designen. Der klassische Motorraum, Antriebswelle und Getriebe werden überflüssig, was Platz für Akkus, Stauraum oder Elektronik lässt. 
  • Effizienz : Durch ihre Lage an den Rädern leiten die Motoren die Kraft sehr direkt weiter. Der Energieverlust wird so minimiert und das Ansprechverhalten maximiert. 

Und zu guter Letzt hat der Entwurf von DeepDrive einen ganz eigenen Vorteil: Der Motor kann ohne den Einsatz von Seltenen Erden gebaut werden. Das verringert die Abhängigkeit von China und ist ein wichtiger Schritt zu einem ganzheitlichen De-Risking.