Deutschland steckt in der Autokrise – China reibt sich nun die Hände
Erst haben die Chinesen die deutschen Hersteller aus dem Heimatmarkt gedrängt, nun blasen sie zum Angriff auf Europa. Dass Deutschlands Autoindustrie gerade in massiven Problemen steckt, spielt ihnen dabei in die Karten.
Mercedes, BMW, Volkswagen: Heute sind die einstigen Prestigesymbole in China eher Auslaufmodelle. Die Kunden auf dem weltgrößten Automarkt haben die heimischen Hersteller entdeckt, in Peking, Shanghai oder Shenzen sieht man an jeder Ecke neue Autos von BYD, Geely, Great Wall, Chery oder Changan. Der Anteil deutscher Marken ist dagegen laut Zahlen der Beratungsgesellschaft Berylls von 23 Prozent im Jahr 2018 auf heute 18 Prozent gefallen. Beim in China gigantischen Markt für E-Autos ist die Bilanz noch schlechter. Das spüren die deutschen Autobauer. Ihre Gewinne brechen ein, Fabriken stehen vor dem Aus, bei Zulieferern rollt die Pleitewelle.
China könnte die deutsche Autokrise nutzen – „bietet Chancen“
Diese Krise könnten die Chinesen nun nutzen, um den Deutschen auch hier in Europa Konkurrenz zu machen, glaubt Branchenexperte Xing Zhou von der Beratungsgesellschaft Berylls. „Die aktuellen Probleme in der Autobranche bieten den Herstellern aus China beste Chancen, in Deutschland den Fuß besser in die Tür zu bekommen“, sagt er.
Dabei dürften sie nicht nur versuchen, den europäischen Markt mit Frachtern voller billiger Fahrzeuge zu fluten, wie es BYD bisher tut. Sie werden auch angeschlagene Firmen und angezählte Werke übernehmen, um hier zu produzieren, glaubt Zhou. Das würde auch Zölle umgehen und womöglich die bisher skeptischen Kunden in Europa von den Newcomern überzeugen.
Deutsche Autowerke im Visier der Chinesen – Folgen für den deutschen Markt
„Zulieferer und Hersteller aus China werden in Deutschland gerne als Retter und Investoren einspringen“, glaubt Zhou daher. Schon beim Aus für das Werk von Ford in Saarlouis hätten Firmen wie BYD Interesse an deutschen Produktionsstätten gezeigt hätten, berichtet er. Ähnlich sei es nun bei den VW-Werken in Osnabrück und Dresden, wo VW offenbar bereits konkrete Gespräche mit chinesischen Investoren geführt hat. „Für die Hersteller aus China wäre es deutlich einfacher und schneller, über den Kauf bereits bestehender Fabriken zu Produzenten in Deutschland zu werden, anstatt auf der grünen Wiese neue Werke zu errichten“, sagt der Branchenexperte.
Dass die Konkurrenz aus China auf den deutschen Markt drängt, ist für die Berater von Beryll ausgemachte Sache. In China laufe es für sie zwar prächtig, die heimischen Marken würden dort mittlerweile sogar als Innovationsführer wahrgenommen. Doch wegen dem harten Preiskampf sei dort wenig zu verdienen, weshalb die meisten chinesischen Autofirmen nicht profitabel seien. Eine Expansion nach Europa würde die dringend benötigten Gewinnmargen liefern, heißt es bei Beryll. Und die Europäer würden genug Angriffsfläche bieten, weil sich in Europa starke Wettbewerber wie Ford oder Mercedes von ihrer klaren Elektrifizierungsstrategie verabschiedet hätten.

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Konkurrenz aus China setzt deutschen Automarkt unter Druck
Bisher haben chinesische Hersteller seit 2023 rund zehn neue Produktionsstätten für E-Autos in Europa angekündigt. Unter anderem baut BYD gerade in Ungarn ein großes Werk. Dass der Aufbau von Autofabriken gerade in Deutschland nicht reibungslos läuft, sieht man jedoch beim Tesla-Werk in Grünheide, gegen das es immer wieder Klagen und Proteste gibt. Da wären Übernahmen praktischer. Bei Berryl rechnet man damit, dass chinesische Marken bis 2030 auf dem Kontinent 1,5 Millionen Fahrzeuge produzieren könnten. Im Kielwasser würden auch die Zulieferer hierher kommen. Xing Zhou geht davon aus, dass es gerade bei ihnen vermehrt Übernahmen aus China geben wird. „Bei den Zulieferern ist die Lage noch brenzliger, was mehr Kaufchancen birgt.“

Das Risiko eines Wissenstransfers nach China sehen die Berater dabei übrigens nicht: Übernehme ein chinesischer Hersteller ein deutsches Werk samt Belegschaft, werde eher Knowhow über chinesische Hochtechnologien wie Batterietechnik oder Software nach Deutschland abfließen. Sie glauben: Die Chinesen würden die Deutschen aufschlauen und nicht anders herum.