„Angespannte Situation“ in Kitas trifft besonders stark eine Gruppe

  1. Startseite
  2. Deutschland

Kommentare

Eine Forschungsarbeit belegt: Personalmangel in Kitas setzt Kinder und Eltern unter enormen Stress. Eine Gruppe trägt die schwersten Konsequenzen.

„Ich bin morgens mit Herzrasen aufgewacht“, erzählt Alexandra Baumgart. Die alleinerziehende Mutter nahm ihren Sohn Finn aus der Kita, weil er wegen Personalmangel immer wieder zu Hause bleiben musste. Sie musste im Job ständig absagen und „konnte einfach nicht mehr“.

Wie Baumgart geht es vielen Müttern, zeigen Studienergebnisse von Juni 2025. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des Deutschen Jugendinstituts (DJI) haben Antworten von rund 15.000 Müttern mit Kindern im Alter von einem bis sieben Jahren ausgewertet. Ziel war es herauszufinden, wie sich Schließzeiten von Kitas auf das Wohlbefinden der Mütter und Kinder auswirken.

Mutter auf dem Weg zur Kita mit ihrem Kind.
Personalmangel in den Kitas belastet Eltern, Kinder und Erzieher. (Symbolbild) © Addictive Stock/Imago

„Leiden besonders stark“: Kita-Schließungen betreffen besonders eine Gruppe

Der Personalmangel bleibt 2025 ein riesiges Problem in deutschen Kitas. Es fehlen laut einer Untersuchung des Paritätischen Gesamtverbands etwa 125.000 Erzieherinnen und Erzieher. Kita-Leitungen arbeiten mit weniger Personal, als es Vorgaben verlangen. Die Auswertung der Kinderbetreuungsstudie des DJI zeigt, dass 44 Prozent der Familien in Deutschland von unerwarteten Kita-Schließungen aufgrund des chronischen Personalmangels betroffen sind.

Beim kindlichen Wohlbefinden haben die Wissenschaftler Kriterien wie körperliche Gesundheit, Energielevel, psychologisches Wohlbefinden, Selbstwertgefühl und Beziehungen zu Gleichaltrigen abgefragt. „Auch kurze Kita-Schließungen beeinträchtigen das Wohlbefinden von Müttern und Kindern. Besonders starke Effekte zeigen sich, wenn die Schließungen länger dauern“, sagt Bernhard Kalicki BuzzFeed News Deutschland von Ippen.Media. Er ist Leiter der Abteilung Kinder und Kinderbetreuung beim DJI.

Eine Gruppe trifft es besonders hart: „Familien ohne alternative Betreuungsmöglichkeiten, etwa Großeltern oder ein soziales Netzwerk, leiden besonders stark unter den Schließungen“, warnt Kalicki. Paradoxerweise hängt der Zugang zu alternativer Betreuung nicht mit dem Einkommen zusammen, sondern mit sozialen und geografischen Faktoren – etwa die geografische Nähe zu den Großeltern. Dies könnte laut den Studienautoren neue Ungleichheiten schaffen, die auf privaten statt öffentlichen Unterstützungssystemen basieren.

„Weniger Aufmerksamkeit“: Auswirkungen des Personalmangels in den Kitas

Mädchen seien stärker betroffen von Kita-Schließungen als Jungen. „Wir vermuten, dass das an den engeren Bindungen zu den vorwiegend weiblichen Fachkräften liegt“, sagt Kalicki BuzzFeed News. Es gebe eine „angespannte Situation in vielen Kitas“, sagt er. Das liege am Personalmangel und an den Folgen davon – nämlich mehr Belastung für die Erzieher in den Kitas, die häufiger ausfallen.

Beides reduziere laut den Studienautoren sowohl die Häufigkeit als auch die Qualität der Interaktionen zwischen Erziehern und Kindern und beeinträchtige langfristig diese wichtigen Beziehungen. Sensibles, motivierendes und unterstützendes Verhalten wäre ein Qualitätsmerkmal, das aufgrund der Situation vor Ort leide. „Kinder bekommen weniger Aufmerksamkeit, und Angebote werden teilweise stark zurückgefahren“, sagt Kalicki.

Auch interessant

Kommentare