Das bessere Bayer(n)? Der Top-Spiel-Check
Bayer Leverkusen glänzt in dieser Saison mit den Tugenden des FC Bayern. Am Samstag kommt es zum Bundesliga-Topspiel.
München – Oft kopiert, aber lange unerreicht. Elf Jahre in Serie wurde der FC Bayern deutscher Meister. Nun droht die Wachablösung. Ausgerechnet Bayer Leverkusen – jahrelang als Vizekusen verspottet – will den Münchner Vorzeigeclub vom Bundesliga-Thron stoßen. Mit dessen eigenen Waffen. Die große Frage vor dem Topspiel zwischen Tabellenführer und Verfolger am Samstag (10. Februar): Ist Bayer das bessere Bayern? Die tz macht den Check.
Leverkusen empfängt FC Bayern zum Bundesliga-Topspiel
Mia san mia: Der berühmte Leitspruch des FC Bayern. Er steht unter anderem für Mega-Selbstvertrauen, mutig sein, immer weiter Gas geben und die Überzeugung, alle Widerstände überwinden zu können. Tugenden, die auch Leverkusen in dieser Saison beherzigt hat. Dank Xabi Alonso (42).
Der Spanier, der zwischen 2014 und 2017 für den FC Bayern gespielt hat, impfte der Werkself das Mia-san-mia-Gen ein. Jeder einzelne Profi strahlt ein hohes Maß an Selbstvertrauen aus. Auch unter höchstem Druck bleiben sie ruhig, spielen dabei keine folgeschweren Pässe nach hinten. Und bis zum Schluss glauben sie an den Erfolg, wie der Viertelfinalsieg im Pokal in allerletzter Sekunde gegen Stuttgart (3:2) am Dienstag bewiesen hat. „So ein emotionaler Mentalitäts-Sieg gibt sicher noch mal zusätzlichen Anschub. Deshalb freuen wir uns alle auf ein geiles Spiel“, betont Robert Andrich (29).

Bayern geht mit Respekt ins Giganten-Duell
Leverkusens Überperformance – in 30 Pflichtspielen keine Niederlage – wird auch in München registriert. „Sie geben nie auf, das sieht man an den vielen Last-Minute-Toren, die sie schießen, also verlieren sie nie den Glauben an sich selbst“, erklärt Bayern-Kapitän Manuel Neuer (37).
Beim Rekordmeister hingegen ist kein Star in absoluter Top-Form. Zudem ist die Mannschaft von Trainer Thomas Tuchel (50) seit Monaten von Verletzungen geplagt. Umso beeindruckender also, dass Bayern bis zu diesem Zeitpunkt der Saison die höchste Punkteausbeute seit der Spielzeit 2015/16 hat und nur zwei Zähler hinter Leverkusen liegt. Alonso sprach von der „besten deutschen Mannschaft, bei der das Gewinnen in der DNA liegt“.
„Wir werden die so lange nerven mit unseren Siegen, bis sie nervös werden“, kündigte Präsident Herbert Hainer (69) in typischer Mia-san-mia-Manier an. Fraglich, ob Leverkusen weiter cool bleibt. Oder wie Dortmund letzte Saison doch noch die Titel-Flatter bekommt.
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Rekordmeister könnte Spielphilosophie von Bayer liegen
Spielstil: Jahrelang standen die Bayern für überzeugenden und dominanten Fußball. Unter Tuchel ist nach wie vor keine klare Spielidee zu erkennen. „Tuchel hat auch seine Handschrift, aber die von Alonso ist für mich sichtbarer“, schreibt Rekordnationalspieler Lothar Matthäus (62) in seiner aktuellen Sky-Kolumne. „Jedes Mal, wenn ich in dieser Saison Bayer 04 gesehen habe, waren der Spielstil und die Idee von Alonso ganz klar zu erkennen.“
Die Leverkusener spielen attraktiven Fußball. Die selbstbewussten Profis um Florian Wirtz (20) trauen sich stets mutige Pässe nach vorne zu spielen. Die Automatismen greifen, sie sind stark im Umschaltmoment und im Gegenpressing.
Allerdings: Bayers offensive Spielweise dürfte dem FC Bayern liegen. Die Münchner quälten sich in dieser Saison meist gegen tiefstehende Gegner, sie waren dabei oft von der individuellen Klasse ihrer Stars abhängig. Gegen Mannschaften, die mitspielen wollen, überzeugten die Tuchel-Bayern hingegen. Zum Beispiel beim 4:0 in Dortmund oder beim 3:0 gegen Stuttgart.

Leverkusen entscheidet die knappen Spiele bisher für sich
Dusel: Ein in Fußball-Deutschland weit verbreiteter Mythos besagt, dass die Bayern in knappen Spielen oft das Glück haben, doch irgendwie noch zu gewinnen. Diese Saison ist Fortuna auf der Seite der Leverkusener. Das 3:2 gegen Stuttgart war der dritte Last-Minute-Sieg im fünften Spiel des Jahres. Zudem hätte Bayers Andrich durchaus Gelb-Rot sehen können.
Bayerns Hoffnung: Dass Leverkusens Dusel-Kontingent bald wieder aufgebraucht ist. Am Besten schon am Samstag. (Philipp Kessler, Manuel Bonke)