Handelskrieg droht - Strafzölle gegen China: So viel teurer werden jetzt E-Autos in Europa
Steigern Zölle die Wirtschaftsleistung in Europa?
Ja, etwas. Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) erwartet, dass in Europa produzierte Autos den Absatzrückgang chinesischer Marken ausgleichen. Ein Teil dieser Wagen dürfte zusätzlich hergestellt, ein Teil vom Export in den heimischen Verkauf umgeleitet werden. China dürfte außerdem weniger Vorprodukte aus der EU kaufen. Unter Strich bliebe eine Wirtschaftsplus von um 1,7 Milliarden Euro.
Eine Gegenreaktion Chinas ist in den Berechnungen des Instituts nicht enthalten.
Warum verhängt die EU Strafzölle gegen einzelne Hersteller statt gegen alle E-Autos aus China?
Die EU darf Strafzölle nur gegen einzelne Unternehmen verhängen, weil sie diesen Wettbewerbsverzerrung nachweisen muss. In den USA ist das anders.
Diese Praxis zu ändern, macht für die EU wenig Sinn: Auch westliche Hersteller exportieren in China gebaute E-Autos in die EU. Allen voran Tesla: Die Amerikaner verschiffen knapp 100.000 Autos im Jahr aus Fernost nach Europa; mehr als jedes andere Unternehmen. Auch deutsche Hersteller nutzen dieses Geschäftsmodell. Konzentrierte Maßnahmen gegen Einzelunternehmen verschonen westliche Unternehmen.
Westliche Autobauer profitieren außerdem deutlich weniger von chinesischen Staatshilfen. Deswegen macht es aus EU-Sicht wenig Sinn, auch sie mit Zöllen zu belegen.
Wollen Unternehmen und Experten Strafzölle auf chinesische Produkte?
Meist ja. In einer Umfrage des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) unter knapp 900 Industrieunternehmen forderten mehr als vier von fünf Firmen Schutzmaßnahmen.
Gegen Strafzölle wehren sich vor allem die deutschen Autohersteller. Sie erzielen fast die Hälfte ihres Umsatzes in China und fürchten Vergeltungsmaßnahmen der chinesischen Regierung.
Experten sagen mehrheitlich, die chinesische Regierung bezuschusse die Herstellung von Elektroautos neunmal so stark wie Deutschland. Wettbewerbsverzerrung, die den europäischen Markt mit günstigen Autos fluten und so Marktanteile erobern soll. Deutschland befinde sich also bereits in einem Handelskrieg, ob sie wolle oder nicht. Strafzölle seien daher vertretbar.
„Angesichts der chinesischen Subventionspraxis ist es richtig, dass sich die EU-Kommission Strafzölle als Antwort darauf vorbehält“, sagte IfW-Präsident Moritz Schularick.
„China spielt beim Handel schon seit Jahren kein faires Spiel“, sagt IW-China-Experte Jürgen Matthes. Es gehe darum, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. „Die EU darf die chinesische Subventionspolitik nicht tatenlos hinnehmen, sonst gefährdet sie das Überleben vieler eigentlich profitabler Firmen hierzulande.“
Ergreift die chinesische Regierung jetzt Vergeltungsmaßnahmen?
Durchaus wahrscheinlich. China will ab dem 1. Juli den Export von Bauteilen, Software und Technologie in den Bereichen Luft- und Raumfahrt sowie bei Gasturbinen einschränken.
Die chinesische Handelskammer in Brüssel sprach von „Auswirkungen auf europäische und US-amerikanische Automobilhersteller, insbesondere angesichts der jüngsten Entwicklungen“. Sie verwies auf ein Interview des chinesischen Autoexperten Liu Bin in der staatlichen chinesischen Zeitung „Global Times“. Dieser sprach von höheren Zöllen für importierte Fahrzeuge mit Motoren über 2,5 Liter Hubraum.
Das Pekinger Handelsministerium hat eine Anti-Dumping-Untersuchung gegen Chemikalien aus der EU, den USA, Japan und Taiwan eingeleitet, die unter anderem in Autoteilen, elektrischen Geräten und Industriemaschinen verwendet wird.
Wie empfindlich treffen möglich chinesische Gegenmaßnahmen Deutschland und Europa?
Durchaus empfindlich. China ist der größte Automarkt der Welt und deshalb für die deutschen Autobauer extrem wichtig. BMW etwa exportiert den 4er und den 7er aus der EU nach China. Gegenmaßnahmen gefährden Arbeitsplätze und Gewinne.
Gegenmaßnahmen könnten auch die Inflation hierzulande antreiben. „Es gibt kein einziges Auto in der EU ohne Teile aus China“, sagt der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Zudem importieren unsere Hersteller ihre Elektromodelle aus China.“
Genügend Angriffspunkte für Gegenmaßnahmen also, zumal praktisch alle Industriezweige auf Teile aus China setzen. Verteuert die chinesische Regierung diese durch Ausfuhrzölle oder andere Maßnahmen, treibt dies die Preise in Europa.
Wie wahrscheinlich ist jetzt ein Handelskrieg?
Eher unwahrscheinlich, meinen Experten. Beides Seiten hätten mehr zu verlieren als zu gewinnen.
Die EU lässt China vorerst die Hintertür offen, eine Einigung ohne Strafzölle zu finden.