Zinssenkungen unwahrscheinlicher - Inflation steigt erstmals seit Juni wieder: Was das für Anleger in 2024 bedeutet
Die Inflation in Deutschland steigt wieder leicht: Von 3,2 Prozent im November ging es auf voraussichtlich 3,7 Prozent im Dezember nach oben. Für das Gesamtjahr gibt das Statistische Bundesamt die Inflationsrate mit voraussichtlich 5,9 Prozent an, was etwas weniger ist als im Vorjahr. 2022 stiegen die Preise um 6,9 Prozent im Schnitt, 2021 waren es 3,1 Prozent. Vor allem die Preise für Lebensmittel lagen im Dezember deutlich höher als vor einem Jahr, auch Kleidung wurde überdurchschnittlich stark teurer.
Für das kommende Jahr erwarten Ökonomen keinen drastischen Abfall der Teuerungsrate. Das liegt daran, dass viele neue Kosten auf Unternehmen wie Verbraucher zukommen. Die wieder gestiegene Mehrwertsteuer für Erdgas und in der Gastronomie zählt da etwa dazu, der von 30 auf 45 Euro gestiegene Co2-Preis, der Wegfall von Gas- und Strompreisbremse und die höheren Netzentgelte für Strom.
Das Münchner Ifo-Institut geht in seiner Winterprognose davon aus, dass die Inflation im Jahresmittel trotzdem auf 2,2 Prozent fallen wird. Das könnte aber erst ab Herbst 2024 Wirklichkeit werden. Für die kommenden Monate haben in einer Umfrage des Institutes kürzlich sogar wieder mehr Unternehmen als zuvor angegeben, ihre Preise anheben zu wollen. Der entsprechende Indikator stieg von 18,1 auf 19,7 Punkte, wobei die für Verbraucher wichtigen Einzelhändler und die Gastronomie herausragen. 19,7 Punkte bedeuten, dass rund 60 Prozent der Unternehmen Preiserhöhungen in den kommenden drei Monaten planen.
Zinssenkungen der EZB für 2024 erwartet
Die Preispolitik der Unternehmen und die Höhe der Inflationsrate hat wiederum Auswirkungen auf die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die hatte in den vergangenen anderthalb Jahren den Leitzins schrittweise von 0 auf 4,5 Prozent erhöht, um die Inflation zu bekämpfen. Das gelang, im November sank die Inflationsrate der Eurozone auf 2,4 Prozent. Ein Jahr zuvor hatte sie noch 10,1 Prozent betragen. Lag Deutschland damals unter dem Durchschnitt, ist es heute umgekehrt.
Spannend wird deshalb, ob der neuerliche Anstieg der Inflationsrate in Deutschland im Dezember ein rein deutsches Phänomen ist oder sich auf die gesamte Eurozone erstreckt. Die Statistikbehörde Eurostat gibt eine erste Schätzung zur Dezember-Inflation am morgigen Freitag ab. Der Rat der EZB kommt erst am 25. Januar zu seiner ersten Sitzung im neuen Jahr zusammen.
Analysten erwarten dort aber keine Änderung der Leitzinsen, sollte sich die Inflation im Dezember nicht völlig irrational wandeln. Tatsächlich gehen die meisten Institute von ersten Zinssenkungen in diesem Jahr aus. Nur beim Zeitpunkt sind sich die Ökonomen uneinig. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vermutet einen ersten Schritt schon bis März, die Deutsche Bank rechnet eher mit April oder Mai. Die EZB selbst bremst die Erwartungen. Präsidentin Christine Lagarde betonte zuletzt, man habe noch gar nicht über Zinssenkungen gesprochen. Andere Ratsmitglieder wie der Bundesbank-Präsident Joachim Nagel und sein österreichisches Pendant Robert Holzmann sagten, es gebe keine Garantien für Zinssenkungen in diesem Jahr.