In der Freisinger Kulturstraße zwickt es enorm

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Die Stadt Freising hat die Zufahrt zur Kulturstraße über die Erdinger Straße gesperrt. Die neue Regelung ziehe eine ganze Reihe von Verschlechterungen für alle nach sich, sagt Anwohner Andreas Rottenkolber. © Lehmann

„Einfahrt verboten!“ Das rote Schild mit dem weißen Balken steht seit Ende April an der Kulturstraße. Statt durch die Fahrradstraße müssen Autofahrer jetzt einen Umweg nehmen – vorbei an Schule und Kita.

Andreas Rottenkolber ist genervt. Wenn er nach Hause fährt, muss er seit April einen Umweg in Kauf nehmen. Denn: „Die Stadt Freising hat die Zufahrt zur Kulturstraße über die Erdinger Straße gesperrt – und das, ohne es mit den Anwohnern vorab zu besprechen.“ Dass das für ihn als Anwohner mit Problemen und Einschränkungen verbunden ist, sei die eine Sache. „Aber Sie müssen sich mal die Umleitungsstrecke anschauen. Der ganze Verkehr führt jetzt, anstatt durch die Kulturstraße, vorbei an einer Schule und einer Kindertageseinrichtung.“ Den Sinn dahinter würde er gerne verstehen.

Es war Ostern dieses Jahres, als den Anwohnern der Kulturstraße ein Brief ins Haus flatterte. „Wir wurden darin darüber informiert, dass im Rahmen eines Verkehrsversuchs die Einfahrt in die Kulturstraße von der Erdinger Straße und von der Murstraße aus gesperrt wird.“ Ziel sei die Reduzierung des Durchgangsverkehrs in der seit 2020 ausgewiesenen Fahrradstraße. Weiter heißt es in dem Schreiben: Eine Verkehrszählung 2022 habe 0,4 Fahrradfahrer und 0,7 Pkw pro Minute über 24 Stunden ergeben. Da man das wohl als ein nicht hinnehmbares Ungleichgewicht in einer Fahrradstraße gewertet habe, so vermutet Rottenkolber, hat sich die Stadt Freising nun zu diesem Schritt veranlasst gesehen.

Die neue Regelung zieht eine ganz Reihe von Verschlechterungen für alle nach sich, sagt Rottenkolber und zählt auf: „Sie zwingt die Anwohner und den Lieferverkehr der Kulturstraße über die enge und dicht beparkte Murstraße und Pfalzgrafstraße zu fahren. Von der Erdinger Straße kommend führt die neue Anfahrt zusätzlich an der Grundschule in der Kepserstraße vorbei. Für den Durchgangsverkehr der Kulturstraße hat sich die Wegstrecke um genau 200 Meter verlängert. Dieser Weg führt nun ebenfalls vorbei an der Grundschule St. Lantpert, zudem am Haus für Kinder in der Kepserstraße und manche sogar noch an den Schul-Pavillons an der Finkenstraße.“

Da Anwohner Andreas Rottenkolber nicht einfach meckern und nach einer Lösung schreien wollte, hat er sich prompt hingesetzt, um Vorschläge, die er der Stadt als Alternative bzw. Kompromiss unterbreiten kann, erarbeitet. Einer seiner Lösungsvorschläge war, die Zufahrt zur Kulturstraße mit einem Anwohnerausweis gut sichtbar im Auto zuzulassen. „Das hätte freilich auch zu einer Verbesserung an der nahen Schule geführt.“ Doch die Freisinger Stadtverwaltung habe dies abgelehnt.

Als Rottenkolber den Bericht über eine Stadtratssitzung gelesen hatte, in der die Räte und Verwaltung Bereitschaft signalisierten, in der Erdinger Straße und in den Guten Ängern, in denen der Fahrradschutzstreifen als Versuch umgesetzt wurde, „dort, wo es zwickt, nachzubessern“, fühlte er sich auf den Arm genommen. „Wieso ist diese Bereitschaft für die Kulturstraße nicht vorhanden?“, fragt er sich. Denn dass es hier ganz enorm zwickt, sei offensichtlich. Der Initiative Radentscheid macht er keinen Vorwurf: „Dass ein Aktionsbündnis Forderungen – die weitestgehend nur das eigene Ziel berücksichtigen – stellt und damit Änderungen auf den Weg bringt, liegt in der Natur der Sache. Aber es ist Aufgabe der Stadtverwaltung und der Politiker eine praktikable, allen Interessensgruppen gerecht werdende Lösung zu erarbeiten.“ Stattdessen habe die Verwaltung eine vermutlich nicht konsensfähige Lösung als Versuch gestartet „mit dem Ziel, die Reaktion der Bevölkerung zu testen und dann bei entsprechend heftiger Reaktion eben nachzujustieren“.

An der Stelle möchte Andreas Rottenkolber Tobias Eschenbacher noch um etwas bitten und zwar in Bezug auf dessen Aussage in besagter Sitzung: „Wir greifen dann ein, wenn wir sehen, dass etwas wirklich nicht funktioniert und nicht, wenn einige Leute vor allem auch in den Sozialen Medien behaupten, es funktioniert nicht“, hat der Stadtchef gesagt. „Bürger haben im Wesentlichen nur drei Möglichkeiten, mit den Entscheidungsträgern in Dialog zu treten: über den direkten Kontakt, soziale Medien oder Zeitung und über Aktionsbündnisse. Diese Möglichkeiten sollten auch mit konstruktiven Vorschlägen und gegenseitiger Wertschätzung beschritten werden, von Seiten der Bevölkerung sowie der Entscheidungsträger“, findet Rottenkolber. Denn die Rückmeldung, dass etwas nicht funktioniert, werde zu Beginn immer die Meldung Einzelner sein – „ein Aktionsbündnis zur Korrektur eines Vorhabens sollte erst nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten stehen“.

Sprecher Andreas Kagermeier von der Initiative Radentscheid auf den Status Quo in der Lerchenfelder Kulturstraße angesprochen, meint dazu: „Das ist dort tatsächlich nicht glücklich gelaufen, darüber muss dringend noch einmal gesprochen werden.“

Das sagt die Stadt

Hauptamtsleiter Rupert Widmann betont auf FT-Nachfrage, dass es sich beim Einfahrtsverbot in die Kulturstraße auch um einen Verkehrsversuch handelt, bei dem – analog zur Erdinger Straße und zu den Guten Ängern – noch nachgebessert werden könnte. Die von den betroffenen Anwohnern angeregte Ausnahmegenehmigung für Anwohner ist jedoch laut Widmann rechtlich nicht möglich. „Die Straßenverkehrsordnung sieht keine Ausnahmegenehmigungen vor, um die Durchfahrt bei einem Verbot der Einfahrt für Anwohner zu erlauben.“ Ziel dieser Maßnahme sei die Sicherung des Radverkehrs als einer im Mobilitätskonzept festgelegten Haupterschließungsrouten und den Schutz der Anwohnerschaft wegen des massiven Abkürzungsverkehrs durch die Kulturstraße in Richtung Isarstraße zur B301. Die Tatsache, dass der Verkehr nun an Schule und Kita vorbeiführt, habe man mit in die Abwägung einfließen lassen. Der Verkehr in den Nebenstraßen sei Anwohnerverkehr, wie Widmann erklärt. Denn als Abkürzung sei die Strecke nun nicht mehr attraktiv. Derzeit seien laut Widmann keine Nachbesserungen in der Kulturstraße geplant. Dass die Initiative Radentscheid hier Nachbesserungsbedarf sieht, davon sei bislang nichts bekannt.

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