Wolfratshauser schlägt Rollstuhlfahrer: 28-Jähriger zu Freiheitsstrafe verurteilt
Wegen Körperverletzung, räuberischer Erpressung, Beleidigung und Bedrohung musste sich ein Wolfratshauser vor dem Schöffengericht am Amtsgericht verantworten.
Wolfratshausen – Die Anklagevertreterin war entsetzt. „Das ist sinnlos. Dass einem im Streit die Sicherungen durchbrennen, versteht man vielleicht noch, aber das hier ist völlig überflüssig“, sagte die Staatsanwältin in Richtung des Angeklagten.
Der Wolfratshauser musste sich wegen Körperverletzung, räuberischer Erpressung, Beleidigung und Bedrohung vor dem Schöffengericht am Amtsgericht verantworten. Die Taten hatte der mehrfach vorbestrafte 28-Jährige 2022 innerhalb von vier Tagen begangen.
Verhandlung im Amtsgericht: Anklagevertreterin entsetzt - „Das ist sinnlos“
Beleidigungen wie „Hurensohn“ und „Ziegenficker“, die er telefonisch und via Facebook gegen einen Bekannten aussprach („das ist unser normaler Jargon“), nahmen sich gegenüber den ihm zur Last gelegten Gewalttaten banal aus. Am 4. November schlug der Angeklagte einer Freundin mit der Faust ein blaues Auge. „Ich hatte getrunken, es kam Streit dazu, dann kam es, dass ich sie ins Gesicht geschlagen hab’“, gab der Täter zu und ergänzte lapidar. „Aber sie hat mich auch provoziert, sie hat mich als Penner und Alki beleidigt.“
Vier Tage später war ein älterer Herr im Rollstuhl das Opfer. Er sei angetrunken gewesen, als er dem Rentner am Busbahnhof begegnete. Weil der Kiosk geschlossen war und er kein Bier mehr kaufen konnte, habe er den Herrn gefragt, ob dieser vielleicht eins habe. „Er hat gesagt, er hat kein Bier“, erzählte der Angeklagte, „dann hab’ ich ihm eine Faust gegeben.“
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Der Rollstuhlfahrer erlitt eine blutende Wunde am Auge. „Dann war da der Junge. Ich fragte, ob er eine Zigarette hat“, erzählte der 28-Jährige weiter. Die Antwort war Nein. „Dann habe ich gefragt: Gras oder Geld?“ Als der Teenager auch dies verneinte, habe er ihm dessen Umhängetasche entrissen, um selbst nachzuschauen. „Er hatte ein bisschen Angst“, sagte der Angeklagte.
Amtsgericht Wolfratshausen: „Wenn er trinkt, hat er nur Unsinn im Kopf“
„Einfach einem alten Mann eine reinzuhauen, weil er kein Bier hat: So etwas können wir gar nicht gebrauchen und das kann nicht toleriert werden, nicht im Ansatz“, betonte Richter Helmut Berger. „Das ist bar jeden Verständnisses. Der sitzt einfach da und wartet, dass die Zeit vergeht. In welchem Land leben wir?“
Das sei ein „riesengroßer Mist“ gewesen, meinte der Verteidiger. „Wenn er trinkt, hat er nur Unsinn im Kopf“. Trotz zahlreicher Vorstrafen, die für den Angeklagten im Alter von 15 Jahren begannen und „alles enthalten, was das Strafgesetzbuch hergibt“, plädierte der Rechtsanwalt für eine Bewährungsstrafe. „Sein Problem ist der Alkohol. Aber er hat bisher keinen einzigen Tag in einer Therapie verbracht.“ Diese könne man ihm ja für eine Haftverschonung zur Auflage machen.
Das Schöffengericht verurteilte den Wolfratshauser zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten ohne Bewährung. Zwar sah auch das Gericht das Problem, war jedoch der Meinung, dass der Angeklagte diesbezüglich in der Pflicht sei. „Für die Berufungsverhandlung muss er was tun, wenn er ein anderes Ergebnis will, und wegen seines Alkoholproblems in Vorleistung treten“, erläuterte der Richter. Der Angeklagte versprach: „Ich versuche mein Bestes.“ rst
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