Putins Umgang mit Russlands Armee: Wehrpflichtige unvorbereitet in Kursk

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Russische Wehrpflichtige sind mit der Grenzsicherung offenbar überfordert. © Konstantin Mihalchevskiy/SNA/Imago

Einsätze von russischen Wehrpflichtigen im Ukraine-Krieg werfen Fragen auf. Das Thema könnte Putin im eigenen Land unter Druck setzen.

Moskau – Die russische Armee schien auf den ukrainischen Angriff in Kursk unvorbereitet zu sein. Die Ursache könnte dabei struktureller Natur sein: An der ukrainischen Grenze sind vermutlich hauptsächlich Wehrpflichtige stationiert und diese Soldaten sind in der Regel nicht für intensive Gefechte ausgebildet.

Eine russische Bürgerin beklagte auf Telegram: „Als die Grenze um 3 Uhr morgens von Panzern angegriffen wurde, waren dort nur Wehrpflichtige, die sich verteidigten“. Solche Aussagen sind derzeit häufig zu finden. Der US-Sender CNN zitiert auch eine russische Großmutter, die über ihren nun vermissten wehrpflichtigen Enkel spricht: „Was hätten die Jungs tun können? Mit einer Schaufel gegen (die ukrainischen Soldaten) vorgehen?“ CNN betont, dass weibliche Familienmitglieder von Soldaten in Russland „traditionell eine einflussreiche Stimme“ sind.

Nach Kursk-Vorstoß im Ukraine-Krieg: Einsatz von Wehrpflichtigen in Russland ein heikles Thema

Das Thema der Wehrpflichtigen in Russland ist heikel. Laut Gesetz können diese Männer bereits vier Monate nach ihrem Eintritt in die Armee für Kampfeinsätze herangezogen werden. In der Praxis fehlt es diesen Männern jedoch oft an Ausbildung, wie das ZDF berichtet.

Sergej Schoigu, der damalige Verteidigungsminister Russlands, betonte kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs, dass neue Rekruten nicht in Krisengebiete geschickt würden. Dies erwies sich jedoch als unwahr und laut Spiegel auch als nicht durchführbar: Nach russischem Recht könnten Wehrdienstleistende nach ihrer Grundausbildung in Kampfgebiete entsandt werden. CNN berichtet jedoch, dass die Entsendung von Wehrpflichtigen ins Ausland gesetzlich verboten ist. Daher werden sie oft für die Grenzsicherung eingesetzt – ohne dass Russland einen Angriff erwartet. Dies erwies sich in Kursk als fatal.

Neue Petition in Russland an Putin: Wehrpflichtige sollen im Ukraine-Krieg aus Kursk abgezogen werden

Trotz starker Repressionen demonstrieren Frauen in Russland immer wieder für die Rückkehr ihrer Männer von der Front. Dies ist eine Reaktion auf die Mobilisierungswelle etwa ein halbes Jahr nach der Invasion in der Ukraine, bei der laut offiziellen Angaben 300.000 Männer eingezogen wurden.

Der Unmut unter den Angehörigen wächst, da viele dieser Männer noch nicht zurückgekehrt sind, während andere Kämpfer, die sich freiwillig gemeldet hatten, teilweise bereits zurück in Russland sind. Eine Petition, die im Internet kursiert, fordert den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, die Wehrpflichtigen aus der Region Kursk abzuziehen, berichtet CNN.

ISW: Russland mangelt es kurzfristig an Soldaten für Kursk-Offensive der Ukraine

Das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) berichtet in seinem neuesten Lagebericht zum Ukraine-Krieg, dass Russland Schwierigkeiten hat, besser ausgebildete Berufssoldaten an die Front in Kursk zu schicken. Die Militäranalysten stützen sich dabei auf zwei Quellen, die den westlichen Geheimdiensten nahestehen. Sie berichten, dass das russische Militär entweder verzögert oder gar nicht auf die Entwicklungen reagiert, weil es an Streitkräften mangelt.

Das britische Verteidigungsministerium teilte Anfang des Monats mit, dass die mangelnde Ausbildung der russischen Truppen auch im Gebiet Charkiw (Ukraine) dazu geführt hat, dass die Angreifer taktische Erfolge nicht nutzen konnten. Großbritannien rechnet mit anhaltend hohen Verlusten aufgrund der russischen Angriffe in der Ukraine. Im August würden wahrscheinlich weiterhin durchschnittlich mehr als 1000 russische Soldaten pro Tag getötet oder verwundet, so das Ministerium. (frs)

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