Die Bundestagsabgeordneten aus dem Landkreis kommentieren kontrovers die Migrations-Abstimmung vom Freitag im Bundestag
Landkreis – Drei Freisinger Bundestagsabgeordnete betonten, zu Gesprächen für Lösungen des Migrationsproblems aus der demokratischen Mitte des Parlaments heraus bereit zu sein. Und doch ist das am Mittwoch und Freitag gescheitert. Jetzt gibt man sich gegenseitig die Schuld.
Erich Irlstorfer hat in seiner letzten Sitzungswoche als MdB sowohl am Mittwoch bei den zwei Entschließungsanträgen als auch am Freitag bei dem von CDU/CSU eingebrachten Gesetzentwurf mit Ja gestimmt. Als Reaktion auf zahlreiche Nachrichten hat er dazu zunächst auf Facebook Stellung bezogen: Die abscheuliche Gewalttat in Aschaffenburg reihe sich leider in weitere vergleichbare Verbrechen der jüngeren Vergangenheit ein und müsse ein entschlossenes Handeln nach sich ziehen, betont Irlstorfer. Und genau dieser Verantwortung werde die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gerecht, habe daher zwei Entschließungsanträge sowie für Freitag einen Gesetzesentwurf in die parlamentarischen Debatten eingebracht, „um die illegale Migration zu begrenzen und die innere Sicherheit zu stärken“. Irlstorfer betont: „Auch vor dem Hintergrund der Abstimmung am Mittwoch gilt: Es gab keine Zusammenarbeit und es wird auch zukünftig keine Kooperation mit AfD geben.“ Man dürfe nicht zulassen, dass die Pflicht zum Handeln und Maßnahmen zur Lösung von aktuellen Herausforderungen „durch bloße Absichtserklärungen hinsichtlich des Stimmverhaltens seitens der AfD konterkariert werden“.
Im Gespräch mit dem FT am Samstag gibt Irlstorfer zu, dass er die Ängste der Menschen verstehe, wenn sich bei einer Abstimmung zwei Parteien zusammentun, „die nichts miteinander zu tun haben“. Darin einen Rechtsruck der Union zu sehen, sei aber „völliger Blödsinn“ und „vollkommener Irrsinn“. Seitdem die AfD im Bundestag sitze, habe sie doch immer wieder auch für Gesetzesanträge von SPD und Grünen gestimmt. Wahlkampf hin, emotionales Thema her – man solle da „etwas runterfahren“, appelliert Irlstorfer. Vier Stunden lang habe man am Freitag mit SPD und Grünen verhandelt, von denen es aber „null Entgegenkommen“ gegeben habe. Trotzdem sei die Union für Gespräche bereit und suche weiterhin Mehrheiten in der Mitte des Parlaments, versichert der CSU-Parlamentarier.
Andreas Mehltretter (SPD) ordnet das Verhalten der CDU/CSU-Fraktion ganz anders ein. Der Freitag habe gezeigt: „Die Union hat das Tabu, keine Mehrheiten mit der AfD zu suchen, nicht nur einmalig gebrochen. Sie verfolgt die Strategie, auf Kosten der Demokratie mit der AfD gemeinsame Sache zu machen und will Gesetze mit Demokratiefeinden beschließen.“ Eine Strategie, die Friedrich Merz noch vor kurzem aus guten Gründen öffentlich ausgeschlossen habe. Merz sei mit dieser Strategie aber auf ganzer Linie gescheitert: „Er hat Deutschland gezeigt, dass auf sein Wort kein Verlass ist.“ Merz versuche lieber, gemeinsame Sache mit Rechtsextremen zu machen anstatt das Gesprächsangebot von SPD und Grüne anzunehmen. „Das ist unverantwortlich und setzt die Grundlagen unserer Demokratie aufs Spiel.“ Es sei erschreckend, dass Union und FDP die Tragweite ihrer Entscheidungen nicht begreifen – und das in der Woche des Auschwitz-Gedenkens. Angela Merkels bemerkenswerte Intervention habe der Öffentlichkeit noch einmal die Tragweite des Vergehens von Merz deutlich gemacht. Merz sei als Kanzler völlig ungeeignet. „Wer mit der Demokratie spielt, darf keine Verantwortung für sie tragen.“
Wortbruch wirft auch Leon Eckert (Bündnis 90/Die Grünen) Merz vor. Mit beiden Anträgen habe der Kanzlerkandidat der Union „doppelt verloren“, habe keine echte Verbesserung für mehr Sicherheit erreicht und „die ausgestreckte Hand für pragmatisches Arbeiten von Grünen und SPD ausgeschlagen“. Dennoch: „Es muss klar sein, dass nach der Wahl eine Mehrheit zusammenarbeitet, die Recht und Gesetz achtet und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger agiert. Dafür werden wir Grüne immer gesprächsbereit sei.“