Die Debatte ums Kindergeld: Ampel-Regierung findet keinen Konsens

  • VonLars-Eric Nievelstein
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Der Kinderzuschlag ist bereits angestiegen, eine Erhöhung des Kindergelds ist noch ausgeblieben. Grüne und SPD vertreten hier einen anderen Standpunkt als die FDP. Wie stehen die Parteien zum Kindergeld?

Berlin – Gerade erst diskutierte die Ampelregierung das Klimageld und wie sie damit umgehen wolle, nun gibt es gleich die nächste Baustelle: Finanzminister Christian Lindner (FDP) will den Kinderfreibetrag erhöhen, ohne das Kindergeld anzupassen. Von den Koalitionspartnern war umgehend Kritik zu hören. Die Regierung prüft, welche Schritte sie ergreifen will.

Kinderfreibetrag nach FDP-Vorstoß 6.612 Euro
Erhöhung des Kindergelds 2023 Von 219 Euro auf 250 Euro pro Kind
Voraussichtlicher Termin über neue Debatte zum Kindergeld Herbst 2024 (nach FDP)

FDP will den Kinderfreibetrag erhöhen – Kindergeld bleibt gleich

Wie sieht es aktuell aus? Im Januar 2023 hatte die Bundesregierung das Kindergeld von 219 Euro pro Kind auf 250 Euro angehoben. Entweder bekommen die Eltern ihr Kindergeld automatisch oder sie erhalten Freibeträge für Kinder in der Einkommenssteuer. Dabei liegt es jeweils am Finanzamt, zu prüfen, was für sie vorteilhafter ist. Der Freibetrag hatte – im Gegensatz zum Kindergeld – Anfang Januar eine Erhöhung erfahren. Er soll rückwirkend auf 6.612 Euro steigen.

Das sorgt vor allem aus dem Grund für Kritik vonseiten der Koalitionspartner, weil der höhere Freibetrag vor allem einkommensstärkeren Haushalten etwas nützt. Durch die Erhöhung des Freibetrags aber könnte die Anhebung des Kindergelds für das Jahr „blockiert“ sein. „Sollte das nötig sein, muss miteinander gesprochen werden, ob neben dem Freibetrag auch eine Anpassung des Kindergeldes nötig und möglich ist“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit dazu.

„Aufholjagd“ beim Kinderfreibetrag

Die Position der FDP steht fest, immerhin was es Christian Lindner, der die Erhöhung des Steuerfreibetrags für Kinder angerissen hatte. Dabei verwies die Partei auf die Erhöhung des letzten Jahres, die deutlich höher ausgefallen war, als sie hätte sein dürfen. 2023 hätte die Erhöhung auf 229 Euro pro Kind statt 250 Euro betragen müssen. „Beim Kinderfreibetrag ist die vorzeitige Erhöhung noch nicht erfolgt, deshalb besteht hier verfassungsrechtlicher Nachholbedarf“, erklärte das Finanzministerium.

Christian Lindner in Davos – die FDP hatte vorgeschlagen, den Kinderfreibetrag rückwirkend zu erhöhen, ohne das Kindergeld anzupassen.

FDP-Präsidiumsmitglied und Fraktionschef Christian Dürr sagte dazu, dass die Erhöhung dennoch richtig gewesen sei – so hätten Familien eine „schnelle und unbürokratische“ Unterstützung bei der Bewältigung der Inflation erhalten. Nun müsse diese Erhöhung jedoch auch im Steuerrecht abgebildet werden. „Jetzt geht es darum, auf der anderen Seite auch die Menschen zu entlasten, die das Ganze finanzieren, nämlich die Steuerzahler“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Von der SPD kam postwendend Kritik an dem Vorgehen – worauf die FDP mit Unverständnis reagierte.

SPD kritisiert FDP-Vorschlag

Die SPD hatte das Vorgehen Lindners als „ungerecht“ kritisiert, weil nur Familien mit sehr hohen Einkommen entlastet würden. „Gerade die arbeitende Mitte, also diejenigen, die jeden Tag aufstehen, ihr Einkommen hart erarbeiten und sich nebenbei um ihre Kinder, die Nachbarn und den Verein kümmern, sollten entlastet werden“, sagte SPD-Parteichef Lars Klingbeil.

Laut der SPD müsste auch das Kindergeld nochmals steigen. Dabei erhält die Partei sowohl von Sozialverbänden als auch vom Koalitionspartner Grüne Rückendeckung. „Die Erhöhung des steuerlichen Kinderfreibetrags führt bei Spitzenverdienenden zu einer Entlastung von 377 Euro im Monat, während Familien mit mittlerem und niedrigem Einkommen leer ausgehen, da das Kindergeld nach Lindner bei 250 verbleiben soll“, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Ricarda Lang mahnt zur Zusammenarbeit – Grüne wollen „Kindergrundsicherung“

Die Grünen haben in der aktuellen Debatte eine eher neutrale Haltung eingenommen. Zwar sprach sich auch Andreas Audretsch, Fraktionsvorsitzender der Grünen, für eine Erhöhung des Kindergelds aus, allerdings streben die Grünen laut eigener Homepage eine völlig neue Lösung an: die sogenannte Kindergrundsicherung.

Diese soll „unübersichtliche Einzelleistungen“ eliminieren und vor allem denjenigen mehr bieten, „die weniger haben“. Zum neuesten Streit zwischen FDP und SPD sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang: „Weniger öffentlich zu streiten, das darf kein Neujahrsvorsatz bleiben, sondern das muss endlich Realität werden“.

Erhöhung des Kindergelds – erst ab Herbst 2024 wieder möglich?

Von der Kritik zeigten sich die Freien Demokraten überrascht. „Manche in der Regierungskoalition scheinen bewusst Streit bei einem Thema zu suchen, bei dem wir eine klare Vereinbarung hatten“, zitiert die Tagesschau FDP-Fraktionsvize Gyde Jensen. „Nach einer überdurchschnittlichen Erhöhung für 2023 und 2024 wollten wir erst im Herbst 2024 erneut über die Höhe des Kindergelds sprechen.“

Wer jetzt darüber diskutieren wolle, fuhr Jensen fort, müsse auch die entsprechenden finanziellen Mittel auftreiben. Grundsätzlich lasse sich über die Impulse bezüglich einer Kindergeldreform diskutieren, „wenn wir hinter anderen familienpolitischen Zielen des Koalitionsvertrages einen Haken setzen konnten.“

Rubriklistenbild: © IMAGO / photothek (Thomas Koehler)