Merz-Projekt zur Rente droht zum Bürokratie-Monster zu werden: „Nicht bezifferbare Mehraufwände“
Zehn Millionen Rentnerinnen und Rentner können von einem Plan der Merz-Regierung profitieren. Doch bei der Umsetzung droht ein Bürokratie-Chaos.
Berlin – Die Union hat im Wahlkampf auf eine Ausweitung der Mütterrente gedrängt, besonders die CSU mit Frontmann Markus Söder hat ihr Herzensprojekt gegen Kritik verteidigt. Mit Erfolg – schließlich hat es das Vorhaben zuerst in den Koalitionsvertrag und nun in den Regierungsentwurf zum Rentenpaket 2025 geschafft. Doch jetzt regt sich neue Kritik.

Renten-Plan für Mütter: Zu frühe Umsetzung könnte „erhebliche Auswirkungen“ haben – warnt DRV
„Sollte es zum Start der Mütterrente III vor 2028 kommen, ergeben sich weitere erhebliche Auswirkungen für deren Umsetzung“, erklären die gesetzlichen Rentenkassen in einer ersten Stellungnahme zum Entwurf. Das Portal Ihre-Vorsorge.de, das von den Trägern der Rentenversicherung betrieben wird, hat die Kritik öffentlich gemacht.
Der Renten-Plan der Regierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) und der zuständigen Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) sieht die Ausweitung der Kindererziehungszeiten auf 36 Monate auch für Kinder vor, die vor 1992 geboren sind. Damit erhalten Eltern, in der Praxis meistens Mütter, für drei Jahre drei Entgeltpunkte.
Bisher werden nur 2,5 Rentenpunkte pro Kind gutgeschrieben, das vor 1992 geboren wurde. Wer später Mutter geworden ist, erhält schon jetzt die vollen drei Entgeltpunkte angerechnet. Die Ausweitung der Mütterrente ist damit eine Angleichung. Ihre Erziehungsarbeit fließt damit stärker in die Höhe ihrer Rente ein, denn die Entgeltpunkte sind bei deren Berechnung entscheidend. Laut Fachleuten profitieren etwa zehn Millionen Versicherte.
Ausweitung der Mütterrente könnte Bürokratie-Berg verursachen
Doch die Ausweitung der Mütterrente ist mit einigem bürokratischen Aufwand verbunden. „Die Komplexität des Verfahrens und damit der Aufwand, der für die Umsetzung der Mütterrente III benötigt wird, würde sich weiter erhöhen“, lautet die Warnung der Rentenversicherungen vor den Folgen einer zu schnellen Einführung. Zeitliche Verschiebungen könnten dann „nicht ausgeschlossen werden“, zitiert Ihre-Vorsorge.de.
Neben der Verzögerung könnte die Ausweitung der Kindererziehungszeiten bei der Rente „vielfältige Wechselwirkungen mit anderen Sozialleistungen“ haben, so die Befürchtung. Als Beispiel nennen die Träger demnach die umgangssprachliche Witwenrente oder Grundsicherung sowie Wohngeld.
Hier droht weitere Bürokratie. Das würde „zu nicht bezifferbaren Mehraufwänden bei anderen Trägern von Sozialleistungen“ und in der Rentenversicherung führen, so die Warnung.
DRV begrüßt Finanzierung des Renten-Plans aus Steuermitteln – doch Plan geht nicht weitgenug
Die Rentenversicherungen begrüßen jedoch die geplante Erstattung der Mehrkosten der Ausweitung der Erziehungszeit älterer Kinder aus Steuermitteln. Hintergrund ist, dass die Mütterrente eine sogenannte versicherungsfremde Leistung ist. Die Auszahlung ist nicht durch Beiträge gedeckt. Daher zahlt der Bund einen Teil aus dem Haushalt hinzu. Doch die Steuerzuschüsse für die Rentenversicherung sind nicht ausreichend, um die versicherungsfremden Leistungen zu tragen.
Die Kritik erneuern die Träger laut Ihre-Vorsorge.de noch einmal. Die Kosten der bisherigen Leistungsausweitungen bei der sogenannten Mütterrente I 2014 und der Mütterrente II 2019 müssen noch immer „aus Beiträgen der Versicherten und Arbeitgeber“ finanziert werden. „Sachgerecht“ wäre eine vollständige Finanzierung der Mütterrente aus Steuermitteln, so die DRV-Fachleute.
Versicherungsfremde Leistungen
Die versicherungsfremden Leistungen müssen Kritikern zufolge angepasst werden. Der Bundesrechnungshof hatte etwa bereits 2023 bemängelt, dass weder Parlament noch Öffentlichkeit einschätzen könnten, ob die Bundeszuschüsse dafür angemessen seien. Die Rechnungsprüfer fordern, dass das Arbeits- und Sozialministerium regelmäßig die Art und die Höhe der Leistungen veröffentlichen sollte.
Rentenversicherungen begrüßen Zusage des Bundes bei Rentenniveau-Finanzierung
Neben der Mütterrente sieht der Entwurf auch die Stabilisierung des Rentenniveaus von 48 Prozent bis 2031 vor. Die Kosten will der Bund übernehmen, um steigende Beiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu bremsen. Das Vorhaben begrüßen die Rentenversicherungen in der Stellungnahme.
Gleichzeitig verweisen sie darauf, dass ab 2029 dauerhafte Zusatzkosten entstehen. 2030 würden diese von 4,1 Milliarden auf 9,4 Milliarden Euro steigen, 2031 zudem auf 11,2 Milliarden Euro. Auch nach dem – bisher geplanten – Ende der Stabilisierung Mitte 2032 würden die notwendigen Kostenerstattungen an die Rentenkassen „demografisch bedingt“ weiter steigen, heißt es. Laut Mitteilung rechnen die Versicherer mit 15,4 Milliarden Euro im Jahr 2024.