Sonthofen: Sonderausstellung zeigt über 100 Jahre Bergwachtgeschichte im AlpenStadtMuseum

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Einsatz auf der Skipiste: Mit dem modernen Akja ins Tal, wo der Rettungswagen wartet. © Josef Gutsmiedl/Bergwacht Sonthofen

Fernsehen gab es damals nicht, als im Allgäu 1923 eine Reihe von Bergwacht-Bereitschaften gegründet wurden. Und an beliebte Fernsehserie wie „Die Bergretter“ dachte daher auch niemand. Es ging um ganz andere Dinge damals: Die Gründerväter der Bergwacht sorgten sich vor allem um „die guten Sitten“ und die Natur in den Bergen. Was in 100 Jahren aus der Bergwacht im Allgäu geworden ist, wie sich die Bergwacht mit ihren Aufgaben gewandelt und entwickelt hat, zeigt eine Sonderausstellung der Bergwachtbereitschaft Sonthofen im neuen AlpenStadtMuseum in Sonthofen.

Sonthofen – Im Jahr 2023 feierte die Bergwacht in Bayern ihr 100-jähriges Bestehen. Vorne mit dabei waren damals Männer, die nach einer ersten Gründungsversammlung in Immenstadt mit Beteiligung des Alpenvereins, Skiclub und Touristenverein bald darauf in mehreren Allgäuer Orten eigene Bergwacht-Bereitschaften aus der Taufe hoben. Noch im selben Jahre zählten die ehrenamtlich tätigen Gruppen in Kaufbeuren, Immenstadt, Oberstaufen, Oberstdorf, Hindelang und Sonthofen zum heutigen Bergwachtabschnitt Allgäu zwischen Lindau im Westen und Füssen im Osten.

Dabei stand die „Erste Hilfe am Berg“ zunächst gar nicht unmittelbar im Mittelpunkt. Vielmehr ging es den Gründern vorrangig darum, die großartige Natur, die Pflanzenwelt des Gebirges vor den einsetzenden Touristenströmen zu schützen. Beklagt wurde damals vor allem der „Verfall der Sitten“ und schlechtes Benehmen bei den Ausflüglern, die vielfach Schäden an Natur und Umwelt anrichteten.

Bergrettung im Wandel

Bald schon zeigte sich, dass mit dem zunehmenden Ausflugs- und Skibetrieb in den Bergen die Rettungseinsätze für verunfallte Alpinisten und Notfälle im Gebirge ein neuer Schwerpunkt des Tätigkeitsgebietes für die Bergwacht erwuchs. Ausrüstung und Technik der Bergwachtmitglieder veränderte sich genauso wie die Ausbildung der Aktiven.

Konstante war und blieb aber immer das ehrenamtliche Engagement der Bergwacht. Ein Engagement, das auch ein Engagement der Familie bedingt. Denn regelmäßige Dienste und überraschende Einsätze bei Notfällen gehören für die Aktiven und ihre Angehörigen zum Tagesgeschäft.

Tradition und Technik

Zahlreiche historische Fotos, Tondokumente und Ausrüstungsgegenstände zeigen die Arbeit und Entwicklung der Bergwacht beispielhaft an den Bereitschaften im Allgäu in der Ausstellung anschaulich auf. Spektakuläre Rettungseinsätze gab es auch früher schon – allerdings ohne den heute häufigen Einsatz mit Helikopter-Unterstützung oder eine Erkundung des Geländes und Personensuchen mit Drohnenflügen. 1972 gab es den ersten Nachtflug eines BundeswehrHubschraubers bei einem Einsatz der Sonthofer Bereitschaft.

Damals zählte die Sonthofer Bergwacht rund 35 Aktive und 9 Anwärter; heute sind es über 50 ehrenamtlich Aktive und 9 Anwärterinnen und Anwärter. Allein im Jahr 2023 rückten die Sonthofer Bergwacht’ler zu 445 Einsätzen aus – zu jeder Tages- und Nachtzeit. Nachwuchssorgen hat die Allgäuer Bergwacht derzeit gottseidank nicht. Die Allgäuer BergwachtMannschaft zählt heute rund 950 Frauen und Männer. Und eine Rettungshundestaffel gibt es auch.

Der „Edelweißkrieg“ und seine Folgen

Spektakuläre Einsätze, die in den Medien ihren Niederschlag finden, gibt es immer wieder. Bereits zu den Anfangszeiten geriet die noch junge Bergwacht im Allgäu in die Schlagzeilen der Presse, etwa mit dem „Edelweißkrieg“ in den Oberstdorfer Bergen in den 1920er Jahren. Um die attraktive Pracht der lokalen Blumenberge – vor allem das begehrte Edelweiß - zu schützen, wurde damals sogar ein Pflückverbot für die beliebten „Souvenirs“ von den Bergen erlassen. Die Bergwacht Kempten geriet dabei in eine ganz aktive Rolle, als sie – meist in Zusammenarbeit mit der örtlichen Gendarmerie – neben Ermahnungen vor Ort auch Razzien und Kontrollen von Rucksäcken und Taschen der Ausflügler vornahm.

Allerdings pochten auch Einheimische auf ein traditionelles „Recht“ auf das Edelweiß, das ja auf ihren Weiden und Alpflächen wachse. Man war auf die „auswärtigen“ Beschützer meist nicht gut zu sprechen. Eine Einigung gab es schließlich 1928, die auch die Interessen der Einheimischen berücksichtigte. Mitte der 1930 Jahre wurde an der Höfats ein ständiger Zeltposten eingerichtet und nach und nach ausgebaut. Später übernahm die Bergwacht Sonthofen in den 1950er Jahren mit einem Naturschutzposten am Laufbacher Eck dauerhaft eine ähnliche Aufgabe. Die Entwicklung des Postens wird in der Ausstellung ebenfalls dargestellt.

Vom Alltag der Bergretter

Viele Exponate erläutern in Verbindung mit historischen Dokumenten und Fotos die ständige Entwicklung der Ausrüstung und Facetten der Bergrettung von der umfassenden Ausbildung bis zum Einsatzalltag im Gelände. Deutlich wird dabei immer das persönliche Engagement der „Bergretter“, deren nicht selten gefährlichen und in der Tat „filmreife“ Einsätze sich in der Praxis doch meist klar vom „Stoff“ der Fernsehserien unterscheiden.

Und viel Aufhebens machen die Bergwachtmitglieder von ihren Einsätzen ohnehin nicht. Sie sind froh, wenn es auch Dank ihres Einsatzes „noch mal gut geht“. Informationen auch unter www.bergwacht-sonthofen.de. Das AlpenStadtMuseum in Sonthofen, Sonnenstraße 1, ist Dienstag bis Sonntag geöffnet von 10 bis 18 Uhr, Telefon 08321 / 3300 und www.alpenstadtmuseum.de

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