Bauern bremsen den Landkreis Weilheim-Schongau aus - Kundgebung an der Futtertrocknung in Altenstadt

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Schon in den frühen Morgenstunden waren zahlreiche Landwirte mit Protestschildern auf den Straßen. © Herold

Rund 300 Menschen demonstrierten am Montag an der Futtertrocknungsanlage gegen Entscheidungen der Bundesregierung. Rund um die Kundgebung kam es zu Verkehrsbehinderungen.

Altenstadt – „Sorry, aber sonst hört man uns nicht“, war auf einigen Schildern zu lesen, die Landwirte an ihren Bulldogs befestigt hatten. Ob auf der B 17 oder rund um den Kundgebungsort an der Futtertrocknungsanlage in Altenstadt – zahlreiche Traktoren waren bereits am Morgen wie angekündigt auf den Straßen in der ganzen Region unterwegs, bremsten den Verkehr aus, um gegen Streichungen von Subventionen für die Branche zu demonstrieren. Auch Lkw-Fahrer beteiligten sich.

Weil selbst einige Teilnehmer der für 11 Uhr geplanten Demonstration im Stau standen, ging diese gut eine Stunde später los. Rund 300 Menschen, schätzt Mit-Organisator Jürgen Fischer, harrten in der Kälte aus, um ihrem Ärger über Entscheidungen der Ampel-Koalition Luft zu machen. Während viele dafür nach München gefahren seien, wollte man auch vor Ort etwas auf die Beine stellen, erklärte er. Gerade auch für diejenigen, die ihren Hof nicht längere Zeit verlassen können.

Maximal in Schrittgeschwindigkeit ging es vor und nach der Kundgebung rund um den Veranstaltungsort vorwärts.
Maximal in Schrittgeschwindigkeit ging es vor und nach der Kundgebung rund um den Veranstaltungsort vorwärts. © Herold

„Wir hoffen, dass die Streichungen komplett zurückgenommen werden.“

Man streite nicht ab, dass die Zukunft in Klima- und Ressourcenschutz liege, so Fischer – „aber in einem Tempo, das die Bevölkerung verkraftet.“ Gerade Bauern hätten schon immer an die künftigen Generationen gedacht. Man habe auch kein Problem mit Mehrarbeit, aber es müsse sich rentieren. Und es müsse Schluss damit sein, Geld in die Welt zu verschenken, forderte er.

Josef Sellmaier und Simon Reichart ergriffen stellvertretend für junge Landwirte das Wort. Schon seit langem gebe es mal hier, mal da Streichungen, so Reichart. Bislang seien diese Außenstehenden nicht aufgefallen, aber die Sparpläne bei Agrardiesel und Kfz-Steuerbefreiung hätten das Fass zum Überlaufen gebracht. „Wir hoffen, dass die Streichungen komplett zurückgenommen werden.“

Links und rechts der Straße zur Futtertrocknung hatten Landwirte während der Kundgebung ihre Traktoren abgestellt.
Links und rechts der Straße zur Futtertrocknung hatten Landwirte während der Kundgebung ihre Traktoren abgestellt. © Herold

Bauernprotest in Altenstadt - Aufruf zu sachlichen Diskussionen

Max Bannaski von „BB Umwelttechnik“ und Nebenerwerbslandwirt rief dazu auf, sachlich und vernünftig zu argumentieren. „Nur mit Diskussionen können wir unsere Situation erklären und die Leute überzeugen. Wir brauchen Rückendeckung.“ Man müsse klarmachen, dass man Zukunftsangst habe. Die Planungssicherheit fehle für alle. Dass die Regierung etwa die E-Auto-Förderung über Nacht streicht „geht gar nicht“. Hinzu komme immer mehr Bürokratie und der Fachkräftemangel. Schuld daran, dass viele junge Menschen nicht arbeiten, sei das zu hohe Bürgergeld. Auch noch mehr Handwerker müssten sich gegen Entscheidungen der Regierung wehren. „Beiße nicht die Hand, die dich füttert“, schloss er seine Rede in Richtung Regierung ab.

Josef Streif und Georg Schweiger kritisierten die Erhöhung der Lkw-Maut um 83 Prozent. „Dafür, dass wir arbeiten, müssen wir auch noch Strafe zahlen“, so Streif.

Bauern machten ihrem Ärger über die Ampel-Regierung Luft.
Bauern machten ihrem Ärger über die Ampel-Regierung Luft. © Herold

Auch Gastronomen schlossen sich dem Protest an. Katharina Haller, stellvertretende Kreisvorsitzende der Dehoga kritisierte, dass die Mehrwertsteuer in der Gastronomie wieder auf 19 Prozent angehoben wurde. Es sei wichtig, dass nun alle zusammenhalten. „Ohne Bauern gibt es kein Essen mehr. Aber ohne uns Wirte gibt es auch kein Essen mehr.“

Ins gleiche Horn stieß Gottfried Blätz vom gleichnamigen Restaurant in Fuchstal-Leeder. Corona-Soforthilfe habe man zurückzahlen müssen. Strom, Öl und Gas seien immer teurer geworden. Und obwohl der Sohn Restaurantfachmann gelernt habe und der Betrieb gut laufe, werfe er nicht genügend ab, dass dieser im Betrieb mitarbeiten und auch seine Familie damit ernähren könne.

Abschließend erklärte Thomas Bertl vom Butterwerk, dass Hochland hinter dem Protest stehe. Die Liste der Fehlentscheidungen der Regierung könnte man endlos fortsetzen, weshalb man nun ein Zeichen setzen müsse. „Wir wollen keine 35-Stunden-Woche. Wir sind zufrieden mit einer 70-Stunden-Woche. Aber es muss genug zum Leben bleiben.“

Traktoren im ganzen Landkreis unterwegs: Eindrücke von Polizei und Schulen

Rund 7000 Teilnehmer mit etwa 4000 Fahrzeugen haben sich am Montag im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd an den Protesten der Landwirte beteiligt, teilt Pressesprecherin Lisa Maier auf Nachfrage der Heimatzeitung mit. Die Beamten hätten etwa 29 Versammlungen in den neun Landkreisen und der Stadt Rosenheim betreut – nicht jede davon sei angemeldet gewesen.

Einige Aktionen und Blockaden habe es auch im Landkreis Weilheim-Schongau gegeben, bestätigt Maier. Vor allem aus Penzberg, Weilheim und Schongau seien Meldungen eingegangen. Blockaden „konnten schnell von uns aufgelöst werden“, sagt die Pressesprecherin, größere Konflikte waren ihr nicht bekannt.

Die Einschränkungen durch das Verkehrschaos wirkten sich auch in den Schulen aus. Einige Schüler und Lehrer – beispielsweise aus Apfeldorf und Peißenberg – hätten nicht pünktlich anreisen können, heißt es aus dem Welfen-Gymnasium in Schongau. Auch in der Heinrich-Campendonk-Realschule Penzberg seien zur ersten Stunde nicht alle da gewesen. „Aber es war sehr moderat“, sagt Rektor Severin Hammel. „Da stören uns die Bahnstreiks mehr.“

Auch in der Berufsschule Weilheim zeigten sich Auswirkungen. „Wir waren schon beeinträchtigt. Es kamen sehr viele Schüler und Lehrer zu spät“, sagt Schulleiter Knut Seelos, der vom Fenster aus einen Kreisverkehr sehen kann. „Es hat sich in alle Richtungen gestaut“, sagt Seelos. „Aber wir waren ja drauf eingestellt.“

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