Unterschied zwischen Mann und Frau: So viele Deutsche leisten unbezahlte Überstunden
Überstunden sind für viele Beschäftigte in Deutschland Alltag: Dabei leisteten mehr Männer als Frauen Überstunden. Zwei Branchen sind besonders betroffen.
Wiesbaden – Überstunden sind für einige Beschäftigte in Deutschland ein fester Bestandteil des Arbeitsalltags. Ob aus Pflichtbewusstsein, zur Erreichung von Deadlines oder wegen Personalmangels – im Jahr 2023 haben knapp 4,6 Millionen Arbeitnehmer im Durchschnitt mehr gearbeitet als vertraglich vereinbart. Jeder Fünfte sogar unbezahlt. Ist man in Deutschland zu Überstunden verpflichtet?
Arbeitnehmer dieser Branchen leisteten am ehesten Überstunden
Insgesamt 12 Prozent der 39,3 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland haben letztes Jahr Mehrarbeit geleistet, geht aus offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamts Destatis hervor. Mit einem Anteil von 13 Prozent leisteten mehr Männer als Frauen (10 Prozent) Überstunden.
Wer wie viele Überstunden leistet, hängt auch von der Branche ab. Es gibt sogar große Unterschiede zwischen den Wirtschaftsbereichen. Am ehesten müssen Arbeitnehmer im Finanzsektor und der Versicherungsbranche Überstunden leisten – dort waren 17 Prozent der Beschäftigten länger am Arbeitsplatz. Ähnlich sieht es in der Energieversorgung aus, die ebenfalls Spitzenreiter ist. Laut den offiziellen Zahlen war das Gastgewerbe mit nur 6 Prozent am wenigsten von Überstunden betroffen. In den Bereichen Wach- und Sicherheitsdienste sowie Reinigungsdienstleistungen lag der Anteil bei 8 Prozent.
15 Überstunden pro Woche bei einem Fünftel aller Arbeitnehmer in Deutschland
Für die meisten, die Überstunden leisten, hält sich der Umfang auf wenige Stunden pro Woche in Grenzen. Konkret bedeutet das, dass 40 Prozent weniger als fünf Überstunden leisten und 70 Prozent weniger als zehn Stunden. Allerdings sieht es weniger gut aus für fast ein Fünftel (19 Prozent) der Arbeitnehmer, die wöchentliche Mehrarbeit von mindestens 15 Stunden leisten.
Bezahlte Überstunden können entweder ausgezahlt oder auf ein Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden. Laut der Destatis-Analyse leistete jedoch jeder Fünfte (20 %) unbezahlte Überstunden. 17 % erhielten eine finanzielle Vergütung für ihre Überstunden, während bei 71 % die geleistete Mehrarbeit auf ein Arbeitszeitkonto überwiesen wurde.
Muss man als Arbeitnehmer Überstunden leisten?
„Der höchste Krankenstand, die wenigsten Überstunden, die meiste Teilzeit: Die Arbeitszeit war noch nie außer im Corona-Jahr 2020 so niedrig wie 2023“, meinte Enzo Weber, Leiter des IAB-Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ zur Jahresbilanz des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung im Frühjahr. Laut IAB seien 2023 sogar weniger bezahlte und unbezahlte Überstunden geleistet worden, im Vergleich zum Vorjahr. Interessant jedoch: Vollzeit beschäftigte Arbeitnehmer leisten laut Statistik mehr bezahlte und unbezahlte Überstunden pro Monat als beschäftigte Arbeitnehmer in Teilzeit – Überstunden von Teilzeitarbeitnehmern werden eher ausbezahlt.
Meine news
Grundsätzlich ist es in Deutschland übrigens nicht erlaubt, mehr als die im Arbeitsvertrag vereinbarten Stunden pro Woche ohne zusätzliche Vergütung zu arbeiten. Nur in Ausnahmesituationen könnten Unternehmen Mitarbeitern vorschreiben, Mehrarbeit zu leisten. Die Rahmenbedingungen müssen dafür im Vorfeld abgestimmt werden. Abgesehen davon gibt es jedoch keine Pflicht für Arbeitnehmer, Überstunden abzuleisten
Überstunden sind auch heißes Thema bei der Ampel
Das Thema Überstunden ist zuletzt auch in den Fokus bei den Verhandlungen auf einen Bundeshaushalt 2025 gerückt. Die Ampel-Koalition hat ein Wachstumspaket verabschiedet, das auch zahlreiche Maßnahmen für Arbeitnehmer umfasst. Besonders interessant: Überstunden sollen künftig steuer- und beitragsfrei vergütet werden können. Die genaue Umsetzung bleibt jedoch noch unklar. Der Verband der Familienunternehmer warnte jedoch bereits vor möglichen bürokratischen Hürden und Missbrauchsrisiken.