Erste Prognose der heimischen Imker: Gute Ernte trotz Zementhonig
Nach den trockenen Sommern der Vorjahre beschert der Regen den Imkern heuer eine zufriedenstellende Ernte. Allerdings gilt das nicht für jeden Standort: Viele Bienenzüchter haben derzeit mit sogenanntem Zementhonig zu kämpfen.
Holzkirchen – Behutsam zieht Georg Ramgraber einen Holzrahmen mit Waben aus dem Bienenstock, der im Fachjargon Beute heißt. Er trägt einen Schutzanzug, genau wie die Vorschüler eines Holzkirchner Kindergartens, die sich von ihm die Welt dieser Insekten erklären lassen. „Mal sehen, wie die Bienen drauf sind“, sagt Ramgraber – und entscheidet, doch lieber aus einem anderen Stock eine Wabe herauszuholen. Nicht etwa, weil diese hier unruhig wären. Sie haben sich nur so eng zusammengekuschelt an diesem kühlem Julimorgen, dass die Kinder sie nicht gut beobachten können. Später dürfen die Vorschüler mit den Fingern Honig aus einer Wabe schlecken – „mmmh, lecker!“
Bei Ramgraber herrscht in diesen Wochen Hochbetrieb. Das liegt an den vielen Kindergartengruppen und Schulklassen, die ihn im Sommer auf dem Lehrbienenplatz der Bienenfreunde Oberland, deren Vorstand er ist, besuchen. Vor allem aber liegt es daran, dass von Ende Mai bis Ende Juli Erntezeit ist.
Zwei bis drei Mal erntet der 66-jährige Berufsimker in diesem Zeitraum. Seine 70 Völker – ein jedes besteht aus 40 000 bis 50 000 Bienen, darunter etwa 2000 Drohnen – leben nicht in einem Bienenhaus, sondern dezentral an zwölf verschiedenen Standorten. Am Taubenberg zum Beispiel, im Kirchseemoor und unten an der Mangfall. „Ich suche möglichst unbelastete Orte“, sagt Ramgraber. Pestizide schaden den Bienen, sie werden davon so schwach, dass sie im schlimmsten Fall nicht durch den Winter kommen.
Nach den trockenen Sommern der Vorjahre, wo mancherorts nur zehn bis 15 Kilo Honig pro Volk herausgekommen sind, fällt die Ernte heuer für viele Imker erfreulich aus. „Es wird ein gutes Jahr“, sagt Ramgraber. Der nasse Mai und Juni habe den Pflanzen gutgetan. „Viel Feuchtigkeit bedeutet mehr Nektar.“ Und doch rechnet er mit einem Ertrag, der unter den durchschnittlichen 40 Kilo pro Volk und Jahr liegt, wobei dieser Wert nicht für alle Standorte gilt. „Sehr viele Imker haben heuer ein Problem mit Melezitosehonig, auch Zementhonig genannt“, sagt Ramgraber. Er selbst hat noch nicht geschleudert, weshalb er nicht weiß, ob auch er davon betroffen ist. „Das ist extrem standortabhängig.“ Auch die Entstehungsursachen sind weitgehend unbekannt. Melezitose ist eine Zuckerart, die in der Wabe zu schnell kristallisiert. Der Honig sitzt dann fest wie Zement in der Wabe und lässt sich nur mit erheblichem Aufwand ernten. Es gibt verschiedene Methoden, eine ist, die Wabe in Wasser einzutauchen und sie dem Volk zur Nachbearbeitung zurückzugeben. Das verlangt ihnen aber viel Energie ab. Schon unter guten Bedingungen brauche ein Bienenvolk 120 Kilo Honig, um 40 Kilo Honig herzustellen, erklärt Ramgraber. Der Zementhonig eignet sich auch nicht als Wintervorrat für die Bienen. Fressen sie zu viel davon, erkranken sie.
Grund zur Sorge sei der Zementhonig aber nicht, meint Ramgraber. Die Unwägbarkeiten der Natur gehören zum Imkern dazu. Auch die Vespa Velutina, eine asiatische Hornissenart, die derzeit die Imker im Tegernseer Tal beunruhigt, sei kein Grund zur Panik. „Ich nehme die Vespa Velutina sehr ernst und beobachte das ganz genau“, sagt er. „Aber ich denke nicht, dass sie das Ende der Imkerei bedeutet.“ Die invasive Art wurde jüngst in Salzburg gesichtet, weshalb der Landesverband der Bayerischen Imker damit rechnet, dass sie bis spätestens 2025 auch im Bereich des Imkervereins Gmund und Tegernseer Tal auftreten wird. „Wenn sie dort auftaucht, haben wir sie auch im Holzkirchner Raum“, sagt Ramgraber. Erst jüngst habe er sich mit einem Kollegen ausgetauscht, der bei Paris rund 80 Bienenvölker hält. Dort sei die invasive Hornissenart bereits heimisch geworden. „Er lebt mit ihr“, sagt Ramgraber. Er rät dazu, dem Landratsamt zu melden, wenn jemand die Hornisse entdeckt, die an den knallgelben Beinen erkennbar ist. „Unbedingt Abstand halten, denn sie reagiert aggressiv, wenn man sich ihrem Nest nähert.“
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