Pharma-Branche in Panik nach Trump-Ankündigung: Umzug in die USA bald einzige Option?
Donald Trump droht Arzneimittelherstellern mit Zöllen von 200 Prozent. Unternehmen sollen ihre Produktion in die USA verlegen. Ist das realistisch?
Washington, D.C./ Berlin – Die deutsche Pharmabranche gerät zunehmend unter Druck – Grund sind drohende Zölle. US-Präsident Donald Trump will mit drastischem Anstieg von Zöllen für die EU mehr Produktion ins Land holen – die jedoch nicht so schnell umsetzbar ist. Das kann sich nachteilig auf Arzneimittelpreise und Gewinnmargen auswirken.
„Etwa 200 Prozent“: Trump will Arzneimittelhersteller in die USA zwingen
Bezüglich der vorgesehenen Aufschläge auf Medikamente erklärte Trump am 8. Juli: „Sie werden mit einem sehr hohen Satz belegt, etwa 200 Prozent.“ Den Pharmaunternehmen solle jedoch zuvor eine Übergangszeit von bis zu 18 Monaten gewährt werden, um ihre Produktion in die Vereinigten Staaten zu verlegen.
Die Ankündigung der hohen Zölle sorge für erhebliche Verunsicherung, heißt es vom Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa). „Zölle hätten erhebliche Konsequenzen für die globalen Wertschöpfungsketten, die Kosten der Medikamentenherstellung und sind ein gefährliches Spiel mit der Patientenversorgung“, so der vfa-Präsident Han Steutel gegenüber der Rheinischen Post. „Und zwar in den Vereinigten Staaten und in Europa gleichermaßen.“
„Das braucht Zeit“: Verlegung von Produktion dauert länger als Trumps Schonfrist
Die Pharmaindustrie in die USA umzusiedeln, sei nicht so einfach, wie es sich der US-Präsident vorstelle. „Trump möchte, dass die Hersteller mehr in den USA investieren und produzieren. Dazu sind Pharma-Hersteller bereit. Doch das braucht Zeit: Man kann eine Fabrik nicht binnen 18 Monaten hochziehen“, erkärte Steutel. Ausreißer sei die Produktion des Corona-Impfstoffs von Biontech gewesen. Zulassung und Aufbau hatten nur ein Jahr gedauert – „eine gewaltige Gemeinschaftsleistung.“ Das sei jedoch die Ausnahme und nicht die Regel.

Auch andere Experten halten die geplante Schonfrist für unrealistisch. „Normalerweise würden wir von einem Zeitrahmen von vier bis fünf Jahren ausgehen, um die Produktion im kommerziellen Maßstab an einen neuen Standort zu verlagern“, heißt laut Finanzinstitut UBS, so CNBC. Die Branche müsse ich nun verschiedene Szenarien vorbereiten.
„Ein Viertel geht in die USA“: Deutsche Arzneimittelhersteller stark von Zöllen betroffen
Trumps Strategie, das Handelsungleichgewicht durch Importzölle auszugleichen, könnte vor allem die EU stark belasten. Einer Studie der DZ Bank zufolge entfallen etwa 75 Prozent der US-Pharmaimporte auf EU-Staaten. Allein aus Deutschland werden jährlich Medikamente im Wert von fast 28 Milliarden Euro geliefert. „Fast ein Viertel aller deutschen Ausfuhren gehen in die Vereinigten Staaten“, sagte Henrik Jeimke-Karge vom vfa dem ZDF.
Trumps Zölle: Unklarheit bei Zöllen – mehr Kosten für Verbraucher in den USA und der EU
Durch hohe Zölle mehr Produktion ins Land zu holen, scheint für Trump eine einfache Lösung. Doch gerade bei komplexen Arzneimitteln ist es gängige Praxis, dass ihre Herstellung in mehreren Schritten an unterschiedlichen Standorten erfolgt. Ein Medikament durchläuft dabei häufig mehrere Stationen. So wird es meist mehrfach zwischen nordamerikanischen und europäischen Produktionsstätten transportiert, bevor es marktreif ist. Noch ist unklar, ob US-Zölle bei jeder einzelnen Einfuhr von Zwischenprodukten greifen würden.
Mit einem Umzug in die USA könnten europäische Pharmaunternehmen den Zöllen möglicherweise auch nicht aus dem Weg gehen. Aufgrund der vielschichtigen Lieferketten könnte dies die Kosten spürbar in die Höhe treiben – sowohl in den USA als auch in der EU. (dpa/hk)