„Geh selbst an die Front“: Angehörige fordern von Putin Heimkehr der Soldaten

  1. Startseite
  2. Politik

„Geh selbst an die Front“: Russlands Soldaten-Frauen greifen Putin an – Kreml greift zu harten Bandagen

Kommentare

Ein mobilisierter Mann verabschiedet sich von seiner Familie in Russland am 16. Oktober 2022 (Symbolfoto). © Artyom Geodakyan/ Imago

Eine Gruppe von Angehörigen fordert die Rückkehr russischer Soldaten aus der Ukraine – und richtet scharfe Worte an Präsident Putin.

Moskau – Am 7. Januar 2024 werden viele orthodoxe Familien in Russland das Weihnachtsfest erneut ohne ihre Ehemänner, Brüder und Väter feiern müssen. Zehntausende russische Soldaten, die auf dem Schlachtfeld in der Ukraine ihr Leben verloren haben, werden nie wieder heimkehren.

Ukraine-Krieg: Angehörige fordern die Rückkehr der Soldaten von der Front

Bei den zurückgebliebenen Angehörigen, darunter viele Frauen, erwächst aus Ärger und Verzweiflung derweil Widerstand gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Sie haben sich zu einer Gruppe zusammengeschlossen, die sich Put Domoi (Weg nach Hause) nennt und vor allem über Telegram kommuniziert.

Die Mitglieder von Put Domoi fordern den russischen Präsidenten auf, sich an den Verhandlungstisch zu setzen und den Krieg in der Ukraine zu beenden. Das berichtet die englischsprachige Online-Zeitung The Moscow Times. Am Montag (18. Dezember) habe sich die Gruppe mit außergewöhnlich scharfen Worten an Putin gerichtet:

Lass uns in Frieden leben! Oder geh selbst an die Front und stirb dort.

Telegram-Video: Russischer Soldat zeigt sich enttäuscht von Präsident Putin

Der Botschaft von Put Domoi ist ein Video beigefügt, dass laut The Moscow Times offenbar einen russischen Soldaten namens Alexander zeigt. Der Mann äußerte sich enttäuscht, Putin habe die Forderung der Gruppe nach einer einjährigen Dienstzeitbegrenzung für mobilisierte Truppen ignoriert:

Ich habe ‚Direct Line‘ mit unserem Präsidenten gesehen... und es gibt keine Hoffnung, keine Anzeichen dafür, dass unsere mobilisierten Jungs in absehbarer Zeit nach Hause zurückkehren werden.

Am Donnerstag (14. Dezember) beantwortete Putin Fragen von Journalisten und ausgewählten Bürgern auf der Jahrespressekonferenz Direct Line, die im russischen Staatsfernsehen übertragen wird. Die militärischen Ziele in der Ukraine hätten sich demnach nicht geändert: „Die Entnazifizierung der Ukraine, ihre Entmilitarisierung, ihr neutraler Status.“ Erst danach werde Frieden sein. Den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine bezeichnete Putin weiter als „militärische Sonderoperation“.

„Ironisch“ – Präsident Putin erklärt 2024 zum Jahr der Familie in Russland

Die Aktivistinnen von Put Domoi hatten für Putins Auftritt kein Verständnis. „Wie zynisch kann man sein, dieses Chaos fortzusetzen und gleichzeitig eine tapfere Miene zu bewahren?“, fragten sie den russischen Präsidenten auf Telegram weiter. „Willst du nicht stoppen, bevor du alle jungen Menschen getötet hast? Wirst du eine gute Zeit haben, das neue Jahr mit deinen Liebsten und einem Glas Champagner einläuten? – Nun, unsere Jungs nicht.“

Ebenso absurd sei, dass Putin 2024 zum Jahr der Familie ausgerufen habe, sagt Put Domoi gegenüber dem russischen Medienunternehmen Mediazona: „Ironisch, wenn man bedenkt, dass Ehefrauen ohne Männer weinen, Kinder ohne Väter aufwachsen und viele bereits Waisen sind.“

Telegram-Kanal der Angehörigen russischer Soldaten mit „Fake“ versehen

Der Telegram-Kanal von Put Domoi ist laut des russischen Exilmediums Meduza derzeit mit einem Fake-Hinweis versehen. Die Gruppe vermutet dahinter einen Eingriff der russischen Regierung. Der Anwalt und kremlnahe Blogger Ilja Remeslo nannte den Kanal laut meduza ein „Projekt der Navalnisten.“ Er argumentierte, dass „Hausfrauen“ weder die Zeit noch die Kompetenz hätten, „Social-Media-Seiten zu erstellen, sie zu moderieren, Beiträge und juristische Dokumente zu verfassen, Klagen vor Gericht einzureichen, zu Anhörungen zu gehen und ihre Aktivitäten in den Regionen zu koordinieren“.

Britisches Verteidigungsministerium hält eine Einflussnahme des Kremls für wahrscheinlich

Im Interview mit Mediazona verteidigte sich eine Aktivistin von Put Domoi gegen die Anschuldigungen:

Wir, die Frauen, sind Wirtschaftswissenschaftlerinnen, Juristinnen, Marketingfachfrauen. Wir haben eine höhere Ausbildung, haben in unseren Bereichen gearbeitet und lernen und entwickeln uns ständig weiter. Es gibt das Klischee, dass man als Frau eines mobilisierten Soldaten eine Hausfrau sein muss.

Das britische Verteidigungsministerium hält es laut der US-Nachrichtenzeitung Newsweek für wahrscheinlich, dass der Kreml versucht hat, die Nutzer von Put Domoi mit Bestechungsgeldern zum Schweigen zu bringen. Die Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) habe ebenfalls über die Versuche des Kremls geschrieben, Nachrichten von Nutzern des Telegram-Kontos mit Hilfe von gefälschten Profilen zu kontern, um sie online zu verleumden.

Auch interessant

Kommentare