Von „Doagaffn“ und „ Loamsiadan“: Karikaturist stellt Werke zu bairischen Schimpfnamen vor

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Tegernsee
  4. Gmund

Von „Doagaffn“ und „ Loamsiadan“: Karikaturist stellt Werke zu bairischen Schimpfnamen vor

Kommentare

Von „Doagaffn“ und „ Loamsiadan“: Im Jagerhaus in Gmund stellte Karikaturist Hans Reiser (r.) seine Illustrationen zu seinem neuen Buch aus. © Steffen Gerber

Die hohe Kunst der bairischen Schimpfnamen lockte am Freitag rund 100 Wissbegierige ins Gmunder Jagerhaus. Karikaturist Hans Reiser präsentierte hier Werke aus seinem neuen Buch.

Gmund – Die hohe Kunst der bairischen Schimpfnamen lockte am Freitag rund 100 Wissbegierige ins Gmunder Jagerhaus. Karikaturist, Illustrator und Schönfärber Hans Reiser präsentierte „Loamsiada, Doagaff und Siasskasa“ – eine höchst humorvolle Phänotypen-Schau.

Selten, dass bei einer Ausstellungseröffnung so viel gelacht wurde. Aber der großartige Hans Reiser, der seit 55 Jahren als Winzerer die politischen Themen im Tölzer Kurier aufspießt und der 2015 im Olaf Gulbransson Museum alle Besucherrekorde bis dato brach, erwies sich nicht allein als scharfsichtiger und „scharfzeichnender“ Menschenbeobachter, sondern auch als scharfzüngiger, geradezu kabarettistischer Wortkünstler.

Reiser begrüßte die anwesenden Loamsiada, Doagaffn und Siasskasa, die hochgeschätzten Zwidawurzn, Grantscherm, Wuisla, Drietschla und Gloiffen und die Heilsschleicha, Schnepfn und oide Schäsna herzlich mit dem Hinweis, dass er offen für sachdienliche Hinweise auf weitere Phänotypen und bayerische Charakterköpfe sei und dass die jüngste Reihe als „Work in Progress“ zu verstehen sei.

Er setzte die Wertigkeit und nuancierte Bandbreite bairischer Schimpfnamen in Abwesenheit bairischer Kosenamen als einen generisch gebrauchten Code auseinander, innerhalb dessen ein Schimpfname unter „Einbeziehung der Veränderung der Betonung und der Satzmelodie“ sowohl eine „grobe Beleidigung“, eine „sensibel diskriminierende, ja nahezu liebevoll verunglimpfende Beschreibung“ oder sogar eine „Respektbezeugung“ sein könne. Zum größten Vergnügen seiner Ausstellungsgäste philosophierte sich Reiser durch die Genese bairischer Schimpfnamen – vom ersten originären, zur Erbsünde analogen Erbschimpfnamen „DEPP“, das für die aus dem Garten Eden deplatzierte Person (Adam) steht, über die Anwendungsgebiete auf Volksfesten, im Straßenverkehr oder auf dem Fußballplatz.

Beim Gendern wird es richtig lustig

Spätestens beim Thema Gendern – einer laut Reiser „von der bayrischen Staatsregierung als Entartung erachteten Entwicklung, die dem gesunden bayerischen Volksempfinden von einer woken Berliner Gesellschaft übergestülpt werden soll“ – wurden ob der „Bierdimpfelinnen“, „Krattlerinnen“ und „Lätschnpeppinen“ Tränen gelacht. Für Reisers Vision, wie geschmeidig und flüssig das „Breznso-izer“, „Si-asskasa“ oder „“Lo-amsiada“ einem, mit dem Mia-san-Mia-Gen ausgestatteten Kevin aus Bogenhausen nach der Integration der bairischen Beleidigungen von den Lippen gehen müsste, gab es reichlich Applaus.

Mit seinen Arbeiten erhebe er keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit und Vollständigkeit, ließ Reiser sein 100 Gäste wissen. Vielmehr plädierte der 73-jährige Reichersbeurer dafür, ihm etwas Anarchie zu erlauben. Dass die vorliegenden Illustrationen grobe Spuren von Sexismus, Rassismus und Political Incorrectness enthielten, sei nicht von der Hand zu weisen, machte Reiser deutlich. Aber genau deshalb hatten die Ausstellungsgäste so viel Spaß.

90 Bilder im Jagerhaus zu sehen

Die 90 Bilder, alle im selben Format, identisch gerahmt und akkurat in Reih und Glied, aber ohne Impetus als die Anarchie und die Dramaturgie betreffend, füllten alle fünf Ausstellungsräume inklusive Flur des Jagerhauses. Anders als im begleitenden Buch mit identischem Titel „Loamsiada, Doagaff, Siasskasa – Bairische Schimpfnamen“ waren sie aber nicht mit erklärenden Bildunterschriften versehen. Die Besucher fanden Ähnlichkeiten mit lebenden und verstorbenen, bekannten und weniger bekannten, prominenten und berüchtigten Mitbürgern. Der ein oder andere erkannte beispielsweise im „Grischpal“ Ähnlichkeiten mit Adolf Hitler, im „Gschwoidä“ mit Franz-Josef-Strauß und beim „Gloiffe“ mit anderen Staatshäuptern.

Sie diskutierten über die „Save-the-Planet-Grampfhena“, die „Influenca-Dotschn“ und den „varreckten Hundsgrippe“, und angesichts der Faksimile im Ausstellungsraum drei und im Flur, die die bereits verkauften Originale ersetzten, darüber, warum die „Klassiker“ der Schimpfnamen die beliebtesten sind.

Auch interessant

Kommentare