„Viele Mitarbeiter überschätzen ihre Leistung“: SAP-Management will Mitarbeitern strenge Noten geben

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Das SAP-Management arbeitet einem Medienbericht zufolge an einem strengen Bewertungssystem für Mitarbeitende. Wer schlechte Noten hat, soll keine Boni bekommen.

Berlin – Beim Softwareunternehmen SAP geht es zurück in die Schule: Nach dem Willen des Managements um Vorstandssprecher Christian Klein sollen die Mitarbeitenden künftig für ihre Leistung Noten bekommen. Darüber berichtet das Handelsblatt. Demnach soll es konkret drei Bewertungen geben, in die die Führungskräfte ihre Mitarbeiter einteilen: „Performer“ für die größten Leistungsbringer, „Achiever“ für das Mittelfeld und „Improver“ für diejenigen, die sich noch verbessern müssten.

Der Konzernchef spricht im Zusammenhang mit diesem System nach Angaben der Wirtschaftszeitung von einer „Winning Culture“, also eine Gewinnerkultur, die bei SAP damit Einzug halten soll. Wer eine gute Note erhält, soll für Bonuszahlungen stärker berücksichtigt werden, heißt es weiter. Und wer schlecht bewertet wird, soll einen „Performance Improvement Plan“ verdonnert bekommen, was wohl gezielte und verpflichtende Coachings beinhalten soll. So wie beim Nachsitzen in der Schule.

Betriebsräte von SAP sehen Benotung kritisch

Mit diesem Benotungssystem will SAP dem Vernehmen nach drei bis fünf Prozent der Belegschaft in der unteren Kategorie einordnen. Wer zwischen den Zeilen liest, versteht auch, wie das wirken soll: Diese „unteren“ Prozent sollen systematisch unter Druck gesetzt werden und möglicherweise sogar zur Kündigung überredet werden. Schließlich ist es in Deutschland nicht so einfach, jemandem einfach zu kündigen – stattdessen muss mit Druckmitteln gearbeitet werden. „Das hält niemand lange psychisch durch“, sagt ein Betriebsratsmitglied gegenüber dem Handelsblatt.

Doch ob das System wirklich kommt, ist fraglich. Denn dazu müssten Gewerkschaften und Betriebsräte zustimmen, darüber wird aber noch verhandelt. Der Betriebsratsvorsitzende der SAP SE, Eberhard Schick, sagte dazu deutlich: „Ein Bewertungssystem, welches systematisch vermeintliche Minderleister identifiziert, halte ich für sehr problematisch. Irgendwelche Quoten für Abteilungen würden das noch verschärfen. Solche Maßnahmen würden das Arbeitsklima bei SAP nachhaltig verschlechtern.“ 

SAP - Hauptversammlung
Christian Klein (l-r), Vorstandssprecher von SAP, Hasso Plattner, Vorsitzender des Aufsichtsrats der SAP SE, und Punit Renjen, designiertes Aufsichtsratsmitglied, stehen auf der Bühne. (Archiv) © Uwe Anspach/dpa

Einige äußerten sogar die Befürchtung, dass durch das neue System auch viele gute Mitarbeiter gehen könnten, wenn sie sich mit der Unternehmenskultur nicht mehr identifizieren könnten.

Psychologin findet Bewertungen gut: „Viele überschätzen ihre Leistung“

Im Gespräch mit ntv nennt die Psychologin und Unternehmensberaterin Laura Klimecki aber auch positive Seiten eines Bewertungssystems. „Die schlimmste Bestrafung für gute Mitarbeiter ist, einen schlechten zu tolerieren. So demotiviere ich die, die sehr gut performen.“ Da könne es für das Betriebsklima sogar förderlich sein, wenn die Guten das Gefühl haben, dass ihre Leistung auch gesehen wird.

Und: „Viele Menschen überschätzen ihre eigene Leistung“, sagt Klimecki. Vor allem Männer neigen ihren Aussagen zufolge dazu, sich selbst zu überschätzen. Frauen hingegen schätzen sich häufiger schlechter ein, als sie sind. Es gehe bei einem Bewertungssystem also auch darum, zwischen Fremd- und Selbstwahrnehmung zu trennen.

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