Umsturzpläne beim Diakonieverein: Mitglieder wollen mit Unterschriftensammlung Neuwahl erzwingen

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Christine Zierer mit den Unterschriftenlisten © THOMAS PLETTENBERG

225 000 Euro Defizit, geschasste Mitarbeiter, enttäuschte Ehrenamtliche: Es läuft nicht rund beim Diakonieverein Tegernseer Tal. 61 Mitglieder fordern per Unterschrift eine außerordentliche Hauptversammlung. Ihr Ziel: ein Führungswechsel. Und die Rettung einer unverzichtbaren Einrichtung.

Gmund – Christine Zierer, Gmunds dritte Bürgermeisterin, sorgt sich um die Zukunft des Diakonievereins. Als langjähriges Mitglied hat sie immer wieder nachgehakt, woher das 2022 angefallene Minus in Höhe von knapp 225 000 Euro kommt (wir berichteten). Mitarbeiterinnen haben sich hilfesuchend an sie gewandt. Eine leitende Pflegefachkraft sei herausgemobbt worden, berichtet Zierer. Sie ist der Überzeugung, dass der Diakonieverein, der große soziale Träger im Tegernseer Tal, eine neue Führung braucht. Damit steht sie nicht allein. 61 der knapp 300 Mitglieder haben unterschrieben, dass sie eine außerordentliche Mitgliederversammlung mit Neuwahlen wollen. Die Listen hat Zierer am Dienstag Verwaltungsleiterin Daniela Fino in die Hand gedrückt.

Der Satzung entsprechend müsse zwingend eine Versammlung einberufen werden, wenn zehn Prozent der Mitglieder dies forderten. erklärt Zierer. Geplant ist nicht weniger als ein Umsturz. Eberhard Ziegler (79), der seit 32 Jahren die Fäden in der Hand hält, soll seine Nachfolge finden.

Doppel-Rücktritt im Verwaltungsrat

Hinter den Kulissen rumort es schon lange. Öffentlich zutage trat der Konflikt, als Ingrid Versen und Monika Peikert im September ihren Rücktritt als Verwaltungsrätinnen bekanntgaben. Vorausgegangen war eine Satzungsänderung. Sie dient der Professionalisierung des Diakonievereins, den Ziegler bis dahin ehrenamtlich geleitet hatte. Jetzt liegt die Führung bei einem ehrenamtlichen Verwaltungsrat, der einen hauptamtlichen Geschäftsführer beruft. Nach dem Rücktritt von Versen und Peikert bestand der Verwaltungsrat im April aus einer einzigen Person, Marlies Breitensträter. Sie machte Ziegler zum Geschäftsführer. Mitglieder vermissten Informationen dazu und baten um eine weitere Versammlung. Ziegler sah dazu keine Notwendigkeit. Turnusmäßig sei ein Treffen 2025 fällig, seine Amtsperiode währe bis 2027, erklärte er.

Neuwahl und Offenlegung der Finanzen gefordert

Zierer und viele Unterstützer beschlossen, eine außerordentliche Versammlung mit Neuwahl zu erzwingen. „Es gibt zu viele Ungereimtheiten. Das muss aufgearbeitet werden“, meint Zierer. Die Unterschriften zusammenzubringen, sei kein Problem gewesen: „Jeder ist fassungslos, dass man über 200 000 Euro in einem Geschäftsjahr in den Sand setzt, aber nicht erklärt, woher es kommt oder wohin es führt.“ Ziegler verweise stets auf den finanziellen Puffer, merkt Zierer an. „Aber wenn wir so weitermachen, ist der in drei Jahren aufgebraucht.“ Das Geld, das für Spielraum sorgt, stammt aus einem Erbe.

Aber es geht nicht nur um Finanzen. Sowohl Mitarbeiterinnen als auch Ehrenamtliche berichten über einen sehr ruppigen Umgangston.

Frühere Leiterin der Gmunder Tafel meldet sich zu Wort

So wie Petrika Kolodziezyk, frühere Leiterin der Gmunder Tafel, die von einem Rauswurf per Telefon berichtet. Man habe sie angewiesen, sofort ihren Schlüssel abzugeben, sonst würden auf ihre Kosten die Schlösser ausgetauscht. Auslöser war der Kauf von Kühlgeräten. Es sei so hingestellt worden, als habe sie sich persönlich bereichert, sagt Kolodziezyk, der das Ganze bis heute zusetzt. Zwei frühere Tafel-Helfer haben sie zum Gespräch mit unserer Zeitung begleitet. „Dass Ehrenamtliche so behandelt werden, habe ich noch nie erlebt“, sagt einer von ihnen. Er und auch andere haben das Helferteam verlassen.

„Wir wollen der Tafel nicht schaden“

Dass die drei erst jetzt über die Vorgänge im Frühjahr reden, hat seinen Grund: „Wir wollen der Tafel nicht schaden.“ So wie Zierer die Zukunft des Diakonievereins mit all seinen Angeboten im Blick hat: „Die Mitglieder wollen auf alle Fälle die Diakonie erhalten, weil sie so wichtig ist fürs Tegernseer Tal.“ Es geht um 41 Mitarbeiter, ambulante und Tages-Pflege, das Sozialkaufhaus Ringelsocke und die Tafel.

Im Januar, so Zierer, soll die Mitgliederversammlung stattfinden. Dort werde ein vollständiger Verwaltungsrat gewählt, der dann einen neuen Geschäftsführer bestimmt. Zierer ist sicher, dass sich Kandidaten finden: „Ich habe da schon eine Idee.“

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