Gastbeitrag von Susanne Schröter - In Wahrheit verfolgt Faesers „Anti-AfD-Gesetz“ eine links-grüne Agenda

Obwohl es heißt, man wolle die Resilienz der Demokratie stärken, ist offenkundig, dass es insgesamt weniger um eine Rückgewinnung der Abtrünnigen durch Überzeugung gehen soll als um Repression.

Angekündigt wird beispielsweise, gegen Personen vorzugehen, die den Staat „verhöhnen“. Der Leser reibt sich verwundert die Augen. Was soll das bedeuten? Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert jedem Bundesbürger „seine Meinung in Wort, Schrift und Bild zu äußern und zu verbreiten“ und dazu gehört selbstverständlich auch die Kritik an der Regierung oder an staatlichen Organen.

Im bereits erwähnten Karneval ist die Verhöhnung der Obrigkeit sogar konstitutiv. Sollen die Motivwagen in Köln und Mainz Politiker zukünftig zu säkularen Heiligenschreinen mutieren?

Regierungskritik wird unter Verdacht gestellt - mehr als bedenklich

Doch Spaß beiseite. Das Grundgesetz, dem die Erfahrung mit einem totalitären Staat zugrunde liegt, garantiert individuelle Freiheitsrechte gegenüber dem Staat und schützt den Bürger vor dem Staat. Dass der Staat jedoch tatsächlich beabsichtigt, Kritik zu verhindern und diese sogar unter Extremismusverdacht stellt, wurde bereits im Verfassungsschutzbericht 2021 deutlich, in dem ein Phänomenbereich „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ kreiert wurde.

Der Rechtswissenschaftler Dietrich Murswiek hatte damals betont, der Verfassungsschutz verwechsele Kritik an der Regierung, die ein verfassungsrechtlich verbürgtes Recht sei, mit Kritik am Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip. Regierungskritik sei nicht nur erlaubt, sondern für einen demokratischen Diskurs sogar notwendig.

Man könnte ergänzen, dass nicht nur heftigste Regierungs- sondern auch Staatskritik für die politische Linke, der zwei Parteien der derzeitigen Bundesregierung angehören, in ihrer gesamten Geschichte als politische Opposition prägend war. Dass dies jetzt, wo sie selbst die Regierung stellen, plötzlich unter Verdacht gestellt wird, ist mehr als bedenklich.

Unklar bei Faesers Rede ist zudem, ob diejenigen, die den Staat verhöhnen, automatisch als Rechtsextremisten gelten sollen. Gegen letztere sollen laut Aktionsplan nicht nur staatliche Organe in Stellung gebracht werden, sondern auch die Bevölkerung. „Gegen Rechtsextremisten jeden Stein umzudrehen, dass muss der Ansatz sein“, gab die Ministerin an und es klang wie eine Totalmobilisierung. Unter anderem sollen die finanziellen Transaktionen nach dem Prinzip „Follow the money“ verstärkt observiert werden.

Islamischer Extremismus und Kampf gegen die AfD - wird hier mit zweierlei Maß gemessen?

Das Nachverfolgen von Finanzströmen ist sicherlich eine geeignete Maßnahme in der Extremismusbekämpfung, doch es sei an dieser Stelle erinnert, dass Faeser und ihre Partei im Herbst 2022 einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag ablehnten, der die Finanzierung des politischen Islamismus in den Blick nehmen wollte. Erleben wir hier ein Messen mit zweierlei Maß? Während man beim islamischen Extremismus keinen Handlungsbedarf sieht, möchte man beim Kampf gegen die AfD das Bankgeheimnis aushebeln.

Gewaltige Änderungen soll es auch bei dem geben, was gemeinhin Hass und Hetze genannt wird. Manipulations- und Einflusskampagnen sollen durch eine neue Einheit im BKA früh erkannt und gestoppt werden. All dies soll sich unterhalb der Strafbarkeitsgrenze bewegen. Das bestätigte auch der anwesende Verfassungsschutzpräsident. Es gehe nicht nur um Gewaltbereitschaft, meinte er, sondern auch um „mentale Grenzverschiebungen“.Rechtsextremisten bedienten sich der Ängste und Krisenerfahrung der Bevölkerung, um ihre Agenda in die bürgerliche Mitte zu tragen.

Spätestens jetzt müssten alle Alarmglocken läuten. Seit Jahren hört man aus Kreisen, zu denen auch die SPD und die Grünen gehören, dass das Aussprechen gesellschaftlicher Missstände „Wasser auf die Mühlen der AfD“ sei. Diejenigen, die Probleme benennen, erhalten vielfach umstandslos den Stempel des „Rechtsoffenen“, gelten künftig womöglich gar selbst als Rechtsextreme.

Man denke nur an Friedrich Merz' Bemerkung, bei den Randalierern der Berliner Silvesternacht 2022/2023 handele es sich um „kleine Paschas“. Kaum war der Begriff in der Presse, sprach niemand mehr über die gescheiterte Integration, die in den Übergriffen zum Ausdruck kam. Stattdessen wurde die vermeintliche sprachliche Grenzverschiebung skandalisiert.

Es ist weder die Aufgabe der Politik noch des Verfassungsschutzes, das Denken des Bürgers zu kontrollieren

Dahinter steht die irrige Annahme, dass Probleme, die unter den Teppich gekehrt werden, irgendwann von selbst verschwinden. Dass ist natürlich nicht der Fall. Patriarchalische Erziehungsstile in einigen muslimisch-migrantischen Familien haben durchaus Auswirkungen auf die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen und diese löst sich nicht in Wohlgefallen auf, wenn man sie nicht mehr benennt. Das Verschweigen der Schattenseiten der Einwanderungspolitik, das gern als probates Mittel gegen Rechts empfohlen wird, hat sogar einen gegenteiligen Effekt. Es schwächt das Vertrauen in staatliches Handeln und ist eine der Ursachen für das Erstarken der AfD.

Doch auch jenseits solcher Überlegungen ist das auf der Pressekonferenz Gesagte beunruhigend. Grundsätzlich müssen persönliche Äußerungen jedweder Art, sofern sie nicht zur Gewalt aufrufen oder Beleidigungen darstellen, in einem freiheitlichen Staat erlaubt sein. Die Bekämpfung extremistischen Gedankengutes sollte in einem freiheitlichen Staat durch Argumente und durch die politische Bildung geschehen.

Dafür unterhält der Staat eine dem Bundesinnenministerium unterstelle Bundeszentrale und die Länder jeweils eigene Landeszentralen. Repressive Maßnahmen für Meinungen jenseits der Grenze des Strafbaren, wie sie Faeser vorschlägt, sägen hingegen selbst am Ast Demokratie. Dies gilt auch für den schwammigen Begriff der Staatswohlgefährdung, den Verfassungsschützer Haldenwang zusätzlich einbrachte. Dass er damit nicht nur die Sprache, sondern nach eigenem Bekunden auch auf „Denkmuster“ zielte, ist beunruhigend. Es ist weder die Aufgabe der Politik noch des Verfassungsschutzes, das Denken des Bürgers zu kontrollieren. Die Gedanken sind bekanntlich frei.

Sportvereine sollen mit einer Anti-Rechts-Agenda versehen werden

Ein Kernelement der Bekämpfung des Rechtsextremismus sei ein Demokratiefördergesetz, sagte Faeser. Dieses werde benötigt, um den zivilgesellschaftlichen Institutionen, die sie als Speerspitze des Kampfes gegen den Rechtsextremismus ausgemacht hatte, den Rücken zu stärken.

Auch hier muss nachgefragt werden, was mit dem Begriff eigentlich gemeint ist. Er wird zwar bei allen erdenklichen Gelegenheiten verwendet, ist sprachlich jedoch irreführend, da alle Institutionen des Staates sowie alle nichtstaatlichen Organisationen zivilgesellschaftlich verfasst sind, sofern sie nicht das Militär betreffen. In Deutschland existiert eine Vielzahl nichtstaatlicher Zusammenschlüsse, darunter mehr als 600.000 eingetragene Vereine mit 34 Millionen Mitgliedern, in denen Menschen unterschiedliche Ziele verfolgen. Das Engagement reicht vom Schießsport über gemeinsames Singen bis zur Brauchtumspflege.

Ministerin Faeser benannte einen Teil dieser Vereine, namentlich den Sport, die sie aus ihrer weitgehend unpolitischen Haltung herausführen und mit einer gegen „Rechts“ gerichteten Agenda versehen möchte. Wohin dies führt, konnten wir eindrucksvoll bei der Fußballweltmeisterschaft in Katar  erleben, wo besagte Ministerin mit einer One-Love-Binde am Arm erschien. Ein Fauxas, der Deutschland weltweit zum Gespött machte, nicht zuletzt, weil die moralisierende Geste durch den ikonischen Bückling des deutschen Vizekanzlers konterkariert wurde, der den Emir des LBGT-feindlichen Landes untertänigst zu einer Energiepartnerschaft bewegen wollte.

Ein semistaatlicher Raum mit weitgehend links-grüner Agenda

Ob die Politisierung von Vereinen überhaupt ein sinnvolles Mittel der Extremismusbekämpfung sein kann, sei dahin gestellt, denn letztendlich zielt das Demokratiefördergesetz ohnehin primär auf eine kleine miteinander vernetzte Szene von Organisationen, die weitgehend einer links-grünen Agenda folgen. Dafür erhalten sie in der Regel staatliche Mittel, die von Kommunen, Ländern und dem Bund zur Verfügung gestellt werden.

Eine dieser Fördereinrichtungen ist das Bundesfamilienministerium, das ein eigenes Programm mit dem Titel „Demokratie leben!“ aufgestellt hat. 182 Millionen Euro standen 2023 dafür zur Verfügung, die auf über 700 Projekte verteilt wurden. Das Demokratiefördergesetz sieht vor, die finanziellen Zuwendungen zu verstetigen. Damit wären die Zuwendungsempfänger dann der mühsamen Arbeit der Antragstellung enthoben, die in gewissen Abständen erforderlich ist, da die bewilligten Projekte zeitlich limitiert sind.

Problematisch ist dabei, dass dadurch ein staatlich finanzierter vorpolitischer Raum zementiert wird, der einer sehr einseitigen politischen Agenda folgt. Anders als die Regierung kann dieser semistaatliche Raum nicht abgewählt werden, wenn sich politische Prioritäten ändern. Ein politischer Machtblock wäre geschaffen, der jede Regierung überdauert. Für die SPD und die Grünen, die seit Regierungsantritt beträchtlich an Zustimmung in der Bevölkerung verloren haben, könnte eine solche Aussicht sicherlich verlockend sein, für die Demokratie wäre es jedoch ein beträchtlicher Schaden.

Dazu kommt, dass etliche der geförderten Gruppierungen in den vergangenen Jahren eine sehr bedenkliche Definition von Rechtsextremismus entwickelt haben. Dazu kann, je nach Ausrichtung, bereits die Vorstellung gehören, dass Migration gesteuert werden muss oder dass es eine biologische Zweigeschlechtlichkeit gibt. Mit fragwürdigen Studien erklärt man in diesen Kreisen die deutsche Bevölkerung wahlweise zu Rassisten, zu Menschenfeinden oder eben zu Rechtspopulisten. Neue Termini wie der des „antimuslimischen Rassismus“ für jegliche Form der Islamismuskritik sollen Faktizität auch dort erzeugen, wo faktisch Ideologie herrscht.

Nicht jeder, der auf einer Demonstration gegen Rechts marschiert, ist staatstreu

Die Regierung wäre gut beraten, sich einer Ausuferung stigmatisierender Begrifflichkeiten entgegenzustellen. Diese war im Übrigen bereits auf den Demonstrationen gegen Rechts zu beobachten, auf denen Veranstalter mitunter die teilnehmende CDU und FDP als Teil eines auszugrenzenden Rechts behandelten. Dass ohnehin nicht jeder, der auf einer Demonstration gegen Rechts marschiert, staatstreu ist, zeigte sich kürzlich in Frankfurt. In Erinnerung an den rechtsextremen Anschlag von Hanau skandierten sogenannte Migrantifa-Gruppen: „Nazis morden, der Staat schiebt ab, das ist das gleiche Rassistenpack“.

Teile der sogenannten Zivilgesellschaft, die für den Kampf gegen Rechtsextremismus mobilisiert werden soll, sind selbst extremistisch. Das sollte nicht vergessen werden. Die weithin geteilte Ablehnung eines Bekenntnisses zur Verfassung unter ihnen ist zumindest ein Indikator für Haltungen, die Verfassungsschützer Haldenwang ebenso wenig als Zustimmung zum Staat und seinen Einrichtungen verstehen sollte wie Ministerin Faeser.

Das gilt auch für antisemitische Einstellungen. Als kürzlich der Berliner Kultursenator Joe Chialo angesichts der zahlreichen Angriffe auf Juden aus einem linken und islamistischen Umfeld die Empfänger staatlicher Zuwendungen zur Unterzeichnung einer Antisemitismus-Klausel verpflichten wollte, kannte der Protest keine Grenzen. Von einem Bekenntniszwang war die Rede, von Ausgrenzungen und der Verhinderung eines Dialogs. Der Historiker Michael Wolffsohn hat jüngst betont, dass Juden in Deutschland von einem alten rechtsextremen sowie von zwei neuen Antisemitismen bedroht werden. Einer davon ist der linksextreme, der andere der islamistische Antisemitismus. In Bezug auf Straftaten sei der letztere der gefährlichste.

Grundsätzlich gilt, dass die liberale Demokratie aus mehreren Richtungen angegriffen wird. Der Rechtsextremismus ist nur eine Variante des politischen Extremismus. Eine wehrhafte Demokratie sollte die anderen Erscheinungsformen nicht aus dem Blickfeld verlieren. Eine Zusammenarbeit mit Organisationen, die selbst keine klare Grenze zum Extremismus ziehen, müsste ausgeschlossen werden.

Bei der Abwehr von Bedrohungen der Demokratie und des Rechtsstaates wäre die Politik zudem gut beraten, die Rechte nicht zu beschädigen, die ein freiheitlich verfasster Staat seinen Bürgern garantiert. Andernfalls macht man sich unglaubwürdig und verspielt erneut das Vertrauen in Teilen der Bevölkerung. Eine neue Eskalationsspirale wäre dann vorprogrammiert.