Leser fordern: "Beamtentum ist uralter Zopf, der abgeschnitten werden muss"

Sicherer Job, wenig Kontrolle – ist das noch zeitgemäß? Unter dem Kommentar von Tanit Koch über den Beamtenstatus von Lehrern entlädt sich der Frust vieler Leser. Sie kritisieren Privilegien und Krankheitsregeln, fordern Reformen und mehr Leistungskontrolle. Einige aber halten dagegen: Nur mit Verbeamtung bleibt der Lehrerberuf attraktiv. Die Debatte zeigt, wie tief die Zweifel am System reichen.

Verteilung der Meinung zu "Beamtenstatus im Fokus: Leser streiten über Reformen, Privilegien und Bildungsqualität"
Insgesamt dominiert der Ruf nach mehr Kontrolle und Verantwortung, aber auch Ironie und Sarkasmus finden Raum. FOCUS Online

Kritik an alten Privilegien

Ein Großteil der Leser hält das Beamtentum für überholt. Rund 29 Prozent fordern, die Verbeamtung auf sicherheitsrelevante Bereiche wie Polizei und Feuerwehr zu beschränken. Lehrer, Verwaltungsangestellte oder Lokführer sollten nach Meinung vieler Kommentatoren künftig normal beschäftigt werden. Dahinter steht die Überzeugung, dass die lebenslange Anstellung mit Pensionsanspruch nicht mehr zeitgemäß sei und zu Ungleichheiten gegenüber Angestellten führe. Politisch ist die Debatte alt, zuletzt aber durch Fälle von Fehlverhalten einzelner Beamter neu entfacht worden.

"Das Beamtentum bringt für uns Bürger nichts. Für die Beamten aber viel. Ein funktionierender Staat ist auch mit Angestellten ohne Weiteres möglich."  Zum Originalkommentar

"Beamtentum ist ein uralter Zopf, der endlich abgeschnitten werden muss. Nur bei wirklich relevanten Berufen, wie Polizei, Armee und Feuerwehr, wäre Beamtentum gerechtfertigt. Aber Lehrer, Lokführer usw.?"  Zum Originalkommentar

"Beamte sind weder faul noch ungebildet. Das Berufsbeamtensystem ist längst nicht mehr zeitgemäß, aber es ist so schön billig für den Staat. Wenn alle Beamten als Angestellte beschäftigt wären, lägen die monatlichen Personalkosten ca. 50 % höher inkl. Sozialabgaben und Anreizausgleich."  Zum Originalkommentar

Pro und Contra Verbeamtung

Kochs Kommentar hatte die Kritik einer Politikerin angeführt, die Lehrerverbeamtung sei besonders "unfair". Entsprechend stark reagieren Leser auf diesen Punkt: Rund 24 Prozent verteidigen die Verbeamtung als wichtigen Schutz und Anreiz, vor allem in einem Beruf mit hoher Belastung. Andere halten dagegen, gute Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung seien wirksamer als Privilegien. Die Lehrerverbeamtung sei für viele Bundesländer ein Mittel, um Personal zu halten – ein Weg, der ohne Alternativen kaum zu ändern wäre.

Nach Angaben der Kultusministerkonferenz fehlen bundesweit mehr als 12.000 Lehrkräfte, Experten gehen sogar von deutlich höheren Zahlen aus. Die meisten Bundesländer halten daher an der Verbeamtung fest. Eine grundlegende Umstellung würde nicht nur finanzielle, sondern auch organisatorische Folgen für die Schulen haben.

"Natürlich brauchen wir keine verbeamteten Lehrer. Aber wir sollten uns darüber klar sein, dass dies ein wesentlicher Anreiz für den Lehrerberuf ist. Wenn man diesen Anreiz abschafft, muss man andere Anreize schaffen."  Zum Originalkommentar

"Genau diese Verbeamtung ist so verlockend. Wird Lehrern das genommen, wird der Lehrermangel noch größer!"  Zum Originalkommentar

"Als Angestellte würde ich diesen Job nicht machen wollen. Hier braucht man den Schutz des Beamtenstatus."  Zum Originalkommentar

Umgang mit Krankheit und Fehlverhalten

Tanit Koch hatte in ihrem Kommentar vor allem die fehlende Kontrolle im öffentlichen Dienst kritisiert. Viele Leser greifen diesen Gedanken auf: 18 Prozent fordern daher strengere Aufsicht bei Krankmeldungen und Dienstvergehen. Sie halten verbindliche Amtsarzttermine und einheitliche Verfahren in allen Bezirksregierungen für notwendig. Laut aktuellen Zahlen haben 45 Prozent der langzeiterkrankten Lehrkräfte in NRW keinen Amtsarzt gesehen – bei voller Besoldung. Diese Diskrepanz gilt für viele als Beleg dafür, dass nicht der Einzelfall das Problem ist, sondern mangelnde Systematik in der Kontrolle. 

"Mit Beamtentum oder Angestelltenstatus hat das Thema überhaupt nichts zu tun. Diese krassen Missbrauchsfälle sind sofort abstellbar, wenn nach einer bestimmten Krankheitsdauer eine Verpflichtung dazu besteht, sich von einem Amtsarzt untersuchen zu lassen."  Zum Originalkommentar

"Streiks und Schulausfall in Masse. Viel Spaß den ganzen Nörglern dabei, wenn sie die Kinder mit auf die Arbeit nehmen. Sicherlich ist der Fall dieses Lehrers nicht hinnehmbar und der Mann sollte aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden."  Zum Originalkommentar

"Ich finde es gut, dass Lehrer verbeamtet sind. Aber: Es muss Regeln geben. Länger als 4-6 Wochen krank -> Amtsarzt und ganz normales Krankengeld."  Zum Originalkommentar

Privatschulen im Fokus 

Ein kleinerer Teil der Leser zieht aus der Debatte den Schluss, dass das Beamtensystem im Bildungswesen grundsätzlich auf den Prüfstand gehört. Rund acht Prozent vergleichen das öffentliche Schulwesen mit Privatschulen – Einrichtungen, in denen Lehrkräfte grundsätzlich angestellt sind. Tanit Koch hatte in ihrem Kommentar darauf hingewiesen, dass Deutschland europaweit fast allein an der flächendeckenden Lehrerverbeamtung festhält. 

Viele Leser greifen diesen Gedanken auf und verweisen auf skandinavische Länder, in denen Schulen ohne Beamte erfolgreich arbeiten. Zugleich wird betont, dass Privatschulen durch Auswahlverfahren und kleinere Klassen strukturelle Vorteile genießen. Solche Vergleiche haben ihre Grenzen: Die hohe Qualität vieler Schulen im Ausland beruht weniger auf dem Beschäftigungsstatus der Lehrkräfte als auf verlässlichen Bildungsstrukturen und klaren pädagogischen Konzepten.

"Derzeit erleben wir einen Boom der Privatschulen. Wer es sich leisten kann, ermöglicht es seinen Kindern. Dort ist kein Lehrer verbeamtet. Die Qualität der Schulen ist deutlich besser und von Streiks habe ich bislang auch nichts gehört."  Zum Originalkommentar

"Warum Privatschule! Die können sich die Schüler raussuchen und müssen sich nicht mit absoluten Randalierern auseinandersetzen. Sie bilden kleine Klassen."  Zum Originalkommentar

"Glücklichsten Länder und Menschen, die Nordländer, haben nur Angestellte als Lehrer. Schneiden bei Pisastudien spitze ab. Ob da ein Zusammenhang besteht ..."  Zum Originalkommentar


Herausforderungen im Bildungsbereich

Kochs These, man brauche "keine Beamten im Klassenzimmer", stößt bei einem Teil der Leser auf Widerspruch. Sie befürchten, dass die Abschaffung der Lehrerverbeamtung den Lehrermangel verschärfen und zu Streiks führen könnte. Die Beamtenregelung sichere Stabilität im Schulbetrieb, gerade in Krisenzeiten. Ohne diesen Status drohe ein weiterer Rückgang an Bewerbern. Das Streikrecht, das Angestellten zusteht, wird dabei als Risiko gesehen. Befürworter einer Reform entgegnen, Motivation entstehe nicht durch Status, sondern durch faire Rahmenbedingungen. Die Diskussion offenbart, wie eng Personalpolitik und Schulqualität miteinander verknüpft sind.

"Lehrerinnen und Lehrer werden überall gesucht. Wer glaubt, Unterrichten sei ein bequemer Traumjob, kann sich gern bewerben – und mit gutem Beispiel vorangehen."  Zum Originalkommentar

"OK. Lehrer werden nicht mehr verbeamtet: Viel Spaß, wenn die angestellten Lehrer dann mal 6-8 Wochen streiken. Ich hoffe, Sie haben genügend Urlaub und einen verständnisvollen Arbeitgeber."  Zum Originalkommentar

"Lehrern den Beamten-Status streichen sowie auch in vielen anderen Positionen. Es ist erwiesen, dass Beamte öfter und länger krank machen als ein normaler Arbeitnehmer."  Zum Originalkommentar


Führung und Verantwortung

Während Tanit Koch vor allem auf Kontrollversäumnisse des Staates abzielte, richten sechs Prozent der Leser ihren Blick auf die Vorgesetzten. Sie kritisieren mangelnde Verantwortung in den Behörden, die auffällige Krankheitsverläufe oder Disziplinarverstöße zu selten hinterfragen. Diese Lesersicht verweist auf ein strukturelles Führungsproblem im öffentlichen Dienst: zu wenig Kontrolle, zu viel Routine. Verwaltungsexperten bestätigen, dass das Fehlverhalten Einzelner oft durch passives Verhalten von Vorgesetzten gedeckt werde. Konsequente Personalführung gilt daher als zentrale Voraussetzung für Glaubwürdigkeit und Vertrauen in staatliches Handeln.

"Sicherlich gibt es gut motivierte und pflichtbewusste Beamte im Schuldienst, die von solchen Kollegen, die sich auf Kosten des Steuerzahlers einen schönen Lenz machen, in ein schlechtes Licht gerückt werden. Was hier aber auch mehr als deutlich wird, ist das Versagen der jeweiligen Führungskräfte, die es ja offensichtlich nicht für nötig halten, die monatliche Krankenstatistik zu prüfen und Auffälligkeiten feststellen sollten."  Zum Originalkommentar

"Man sollte auch mal die Vorgesetzten angehen, die solche Zustände mit zu verantworten haben."  Zum Originalkommentar

Ironie und Sarkasmus 

Die verbleibenden acht Prozent bündeln diverse weitere Perspektiven, oft in ironischer oder sarkastischer Form. Sie hinterfragen humorvoll Medienberichte, stellen kritische Vergleiche an und nehmen das deutsche Kontrollbedürfnis aufs Korn.

""Er zeigt, wie lasch der Staat Beamte kontrolliert werden." Auch hier täte ein wenig mehr Kontrolle gut."  Zum Originalkommentar

Wie sollten Lehrer künftig beschäftigt werden? Diskutieren Sie mit: Gibt es sinnvolle Alternativen zur Verbeamtung – oder ist sie für unser Bildungssystem unverzichtbar?

Hinweis: Die in diesem Artikel zitierten Kommentare geben ausschließlich die Meinungen unserer Leser wieder und wurden inhaltlich nicht verändert. Die Analyse, Auswertung und thematische Gruppierung der Kommentare erfolgt automatisiert mithilfe Künstlicher Intelligenz.
Schluss mit Beamten im Klassenzimmer – der Kochshow-Lehrer ist kein Einzelfall
Jetzt mitreden