Kleiner Sonnenschein in der gelben Gruppe
Trisomie 21: Wie wichtig Frühförderung und Akzeptanz sind
Dießen – Dorian läuft los, als er Josefine aus seiner Kindergartengruppe sieht. Die beiden umarmen sich innig. „So möchte ich in der Früh auch gerne begrüßt werden,“ sagt eine Mutter im Vorbeigehen. „Das ist eine Besonderheit an meinem Sohn,“ erzählt Astrid Karl, Mutter von Dorian. „Er hat so viel Liebe zu geben und geht viel offener auf Menschen zu als ich etwa.“
Der fünfjährige Dorian hat das Down-Syndrom oder Trisomie 21. Bei Menschen mit Down-Syndrom ist das Chromosom 21 dreimal vorhanden – daher der Name Trisomie 21. Die Betroffenen haben somit 47 statt 46 Chromosomen in den Zellkernen. Die geistige und körperliche Entwicklung verläuft anders als bei anderen Menschen.
„Durch seine Muskelhypotonie muss mein Sohn Bewegungen intensiver üben als andere Kinder,“ sagt seine Mutter. „Er braucht mehr Kraft, um Körperspannung aufbauen und halten zu können.“ So ist für Dorian Hüpfen und Springen anstrengender als für andere Kinder. Die geringere Körperspannung wirkt sich ebenfalls auf die Kiefermuskeln aus: Sprechen lernen ist für ihn mühsamer und benötigt mehr Zeit. Besonders sensibel ist Dorian für Reize aus seiner Umwelt. Manchmal wird ihm einfach alles zu viel, das Schnelle und Viele im Hier und Jetzt überfordert ihn. Er braucht länger als andere Kinder, um manche Bewegungen und Inhalte zu lernen.
In der gelben Gruppe der SOS-Kita in Dießen fühlt sich Dorian wohl. Die integrative Gruppe ist mit 15 Plätzen, einschließlich fünf Integrationsplätzen, kleiner als eine Regelgruppe. Sie ist in einem ehemaligen Familienhaus des SOS-Kinderdorfes untergebracht. Eine Heilpädagogin und ihr Team kümmern sich intensiv um alle Kinder. Die gute Vernetzung mit der Außenstelle der SOS-Frühförderstelle ist hier deutlich spürbar. Ein Haus weiter – im Haus Mosaik – begleiten Fachkräfte der Heilpädagogik, Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie Kinder mit Entwicklungsverzögerungen, sozial-emotionalen Defiziten, motorischen Schwierigkeiten oder Sprachentwicklungsverzögerungen, aber auch Behinderungen. Kurze Wege fördern den engen Austausch.
In der Frühförderstelle werden Kinder von null bis sechs Jahren unterstützt; alle Angebote sind kostenlos. Dorian kommt dreimal die Woche zur heilpädagogischen sozial-emotionalen Förderung, zur Physiotherapie und Logopädie. Er bastelt, spielt und baut. Er klettert, balanciert und läuft. Er übt das Bilden von Lauten und Worten. Und die regelmäßigen Übungen helfen. „Je früher man anfängt, desto besser,“ erläutert Astrid Karl. „Je nach Ausprägung der Trisomie 21, aber auch je nach sinnvollem regelmäßigen Therapieangebot, können Betroffene im Erwachsenenalter eigenständig leben und arbeiten.“ Sie wünscht sich, dass – trotz langsamerer Entwicklung in manchen Bereichen – Menschen mit Down-Syndrom nicht als „krank“ oder gar „dumm“ abgestempelt werden. Sie haben manchmal einfach andere Strategien, mit Situationen umzugehen. Gerade im Kindergartenalter gibt es viele gute Möglichkeiten, Kinder zu fördern. Schwierig werde es dann ab der Schule. „Hier wünsche ich mir mehr Sensibilität und Inklusion,“ sagt Karl. „Wir sollten versuchen, unterschiedliche Menschen mit ihren Eigenheiten besser zu integrieren – auch im Schulsystem.“
Je mehr Aufmerksamkeit und Verständnis vor allem Erwachsene aufbringen, desto einfacher wird es für Menschen mit Trisomie 21 in allen Lebenslagen – findet Astrid Karl. Ihre Familie ist Mitglied im Verein „einfach mehr e.V.“ – ein Verein für Menschen mit Trisomie 21 und deren Familien im Pfaffenwinkel. Infos unter https://einfachmehr.org/.
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