Die Hitler-Haft und ihre Folgen: Tagung in Landsbergs Historischem Rathaus

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Über die (Selbst-)Mythisierung Hitlers als Landsberger Häftling sprach Wolfram Pyta von der Universität Stuttgart bei der Tagung in Landsberg. © Schelle

Dass Adolf Hitler nach seinem gescheiterten Putschversuch im November 1923 festgenommen worden ist und bis Dezember 1924 in der Landsberger Festungshaftanstalt saß, jährt sich heuer zum 100. Mal. Anlässlich dieses bedeutenden historischen Ereignisses findet derzeit einiges an Erinnerungsarbeit in Landsberg statt. Am vergangenen Samstag führte Peter Fleischmann in seine Text-Ausstellung „Hitler als Gefangener in Landsberg am Lech (1923/24) ein (der KREISBOTE berichtete). Gestern fand im Festsaal des Historischen Rathauses eine Tagung zum Thema „Die Weimarer Republik und Adolf Hitler –Bilanz der Forschung und neue Perspektiven“ statt.

Landsberg - Während es im sogenannten ‚Panel 1‘ mehr um Hitlers Weg vor 1923 ging, stand das ‚Panel 2‘ im direkten Zusammenhang mit der Lechstadt. Denn hier behandelten drei Redner Hitlers Zeit in Landsberg. „Wir haben in der Zeit des Nationalsozialismus ein Quellenproblem“, erklärte Peter Fleischmann, Professor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Nürnberg. Denn kurz vor dessen Ende seien die meisten für die Geschichte interessanten Dokumente vernichtet worden. „Was essenziell ist, ist relativ wenig.“ Daher sei auch über die Inhaftierung Hitlers in Landsberg relativ wenig bekannt gewesen. Zumindest bis vor 14 Jahren.

Im Juni 2010 hat dann der Spiegel über das Auftauchen der Gefängnisakte Hitlers in Fürth berichtet. Diese sollte dann am 2. Juli in Fürth versteigert werden – auch Interessenten aus den USA sollen sich für die Akte interessiert haben. „Angeblich wollte Steven Spielberg die Akte ersteigern.“ Diese verblieb aber in Deutschland, da es sich um „nationales Kulturgut“ handelte. Sie wird jetzt im Staatsarchiv München verwahrt.

Nicht ‚Gefängnis-like‘

Die Akte lieferte neue Erkenntnisse über Hitlers Haft in Landsberg. In ihr waren neben über 300 Sprechkarten auch Informationen über Hitlers Haftungsbedingungen enthalten. Die waren nämlich alles andere als ‚Gefängnis-like‘. Für den Putschisten herrschte kein Arbeitszwang, er konnte lesen so viel er wollte und eine ganze Menge Besuch empfangen. Während bei anderen Häftlingen die Gesprächszeiten auf wenige Minuten begrenzt waren und unter Aufsicht stattfinden mussten, konnte Hitler seine entscheidenden politischen Gespräche ohne Aufsicht führen – über mehrere Stunden. Außerdem schrieb er während seiner Haft den ersten Teil von „Mein Kampf“.

Am Tag seiner Entlassung, dem 20. Dezember 2024, entstand das historische Bild: Hitler vor dem Bayertor in Landsberg. Das Bild sollte die Befreiung aus einem Kerker vermitteln .

Dass Hitler seine Zeit als Landsberger Häftling für sich als politischen Vorteil nutzen konnte, erklärte Wolfram Pyta . Im Historiker-Jargon führte der Professor an der Universität Stuttgart die Zuhörer durch seinen Vortrag „(Selbst-)Mythisierung Hitlers als Landsberger Häftling bis 1933“. Hitlers politische Gefangenschaft sei gleichzeitig sein politisches Kapital gewesen. Sie lieferte ihm eine Alleinstellungsmerkmal und die Legitimation gegenüber der SA (Sturmabteilung) – frei nach dem Motto: ‚Ich habe für meine politische Überzeugung eingestanden und dafür Festungshaft verbüßt.‘ Dabei habe er die Haft aber nicht als Erfolg betitelt. Sie sei definitiv eine Niederlage gewesen, aber man solle sich durch Rückschläge nicht entmutigen lassen und weitermachen. Das gelang auch und gipfelte am 30. Januar 1933 in der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler.

Mit und ohne Hitler

„Hitler geht immer? Die ‚Festungshaft‘ als Ausstellungsthema im Stadtmuseum Landsberg“ heißt der Vortrag von Stadtmuseumsleiterin Sonia Schätz. Die Dauerausstellung im Museum soll 2025 eröffnet werden, dem Schwerpunkt „Zeitgeschichte“ werde dafür ein ganzes Stockwerk eingeräumt. Natürlich müsse Hitlers Haft in Landsberg ein Teil davon sein, aber „eine Ausstellung über Hitler zu machen, bedeutet, eine Ausstellung ohne ihn zu machen“, stellt Schätz die gewagte These in den Raum. Denn das Stadtmuseum wolle keine ‚Hitler-Parolen‘ ausstellen. Kein Porträt um des Portäts Willen. Alles Material müsse einen „narrativen Mehrwert“ haben und fordert ein hohes Maß an Sensibilität, um den Besucher zu informieren und vor den Ereignissen dieser Zeit, die die ganze Welt in eine „Apokalypse“ stürzen sollten, abzuschrecken, ist Schätz überzeugt.

Die Tagung wird heute fortgesetzt.

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