+++ Newsticker zum Wahlkampf +++ - „Schockierter“ Ökonom zerlegt die Wahlprogramme aller Parteien

„Schockierter“ Ökonom zerlegt die Wahlprogramme aller Parteien

Donnerstag, 2. Januar, 06.55 Uhr: Der Ökonom Marcel Fratzscher hat den Parteien quer durch alle politischen Lager unlautere Wahlversprechen vorgeworfen. „Was mich schockiert, ist, dass die Parteien die Wähler und die Wählerinnen hinters Licht führen wollen“, sagte der Chef des Deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts DIW der „Augsburger Allgemeinen“ (Mittwochausgabe). 

„Die Parteien trauen den Wählerinnen und Wählern nicht die Wahrheit zu. Und sie überbieten sich mit Wahlversprechen“, kritisierte er. Spitzenreiter sei die FDP mit 138 Milliarden Euro Steuererleichterungen zum größten Teil für die Topverdiener, gefolgt von der Union mit 99 Milliarden, sowie SPD und Grüne mit Entlastungen von 30 Milliarden und 48 Milliarden Euro. „Das ist auch kein Pappenstiel. Das ist das, was ich mit hinters Licht führen meine.“

Deutschland brauche jedes Jahr zusätzliche Investitionen von 40 Milliarden Euro in Straßen, Schienen, Brücken und Schulen sowie jährlich 30 Milliarden Euro zusätzlich für die Bundeswehr. „Diese großen Beträge können nicht aus den laufenden Ausgaben herausgespart werden“, sagte Fratzscher. 

Neue Schulden dürften nicht nur negativ gesehen werden, warnte der Ökonom in der Debatte über eine Reform der Schuldenbremse. „Schulden stehen zwei Dinge gegenüber“, sagte er „Einmal die dafür ausgegebenen Staatsanleihen, die irgendjemand besitzt, zum Beispiel eine Versicherungsgesellschaft, die meine private Altersvorsorge ausbezahlt“, erklärte er. „Und andererseits sanierte Straßen, gute Schulen und schnelles Internet“, fügte er hinzu. „Ohne diese Voraussetzung wird Deutschland nicht dauerhaft zu mehr Wirtschaftswachstum zurückkehren“, betonte Fratzscher.

„Wer straffällig wird, fliegt“: Knallhartes Asyl-Papier der CSU toppt Unions-Forderung

Mittwoch, 01. Januar 2025, 18.32 Uhr: Die CSU will mit einer harten Linie bei Migration und Innere Sicherheit im Wahlkampf punkten. Ein Papier für die anstehende Klausur der Landesgruppe in Seeon, das dem Münchner Merkur (Donnerstagsausgabe) vorliegt, sieht ein „Law-and-Order-Deutschland“ vor. „Deutschland braucht eine harte Kurs-Korrektur in der Migrationspolitik“, sagte Alexander Dobrindt, Chef der Landesgruppe, der Zeitung. Das Sicherheitsinteresse unserer Gesellschaft müsse oberste Prämisse sein und nicht der Schutz von Kriminellen und Gefährdern. „Dafür braucht es einen Knallhart-Kurs mit Zurückweisungen an den Grenzen, Schutzgewährung in Drittsatten und konsequenten Abschiebungen“, so Dobrindt. 

Neu ist, dass ein Bleiberecht für Migranten an ein auskömmliches Einkommen geknüpft werden soll. „Wer dauerhaft bei uns leben möchte, muss auch dauerhaft Leistung erbringen und darf nicht dauerhaft Leistungen in Anspruch nehmen“, heißt es im Papier. „Die Sicherung des Lebensunterhalts muss durch eigene Arbeit gewährleistet werden.“

Zum Auftakt des Europawahljahrs 2014 hatte die CSU mit dem Slogan „Wer betrügt, der fliegt“ viele Schlagzeilen gemacht. Elf Jahre später gibt es die angepasste Version, künftig müsse das Prinzip gelten: „Wer straffällig wird, fliegt. Wir müssen die bisherigen Regelungen zur Ausweisung nachschärfen und sie praxisgerechter und härter machen. Wer ein Verbrechen begeht oder vorsätzlich mehrfach straffällig wird, muss unser Land verlassen.“ Man brauche künftig eine unbefristete Abschiebehaft für all jene, die nicht ausreisten oder abgeschoben werden könnten. Aus dieser Haft dürfe man dann zwar jederzeit ins Heimatland zurückkehren, nicht aber die Freiheit in Deutschland.

Erst am Montag hatte die CDU (siehe Eintrag 30. Dezember, 06.53 Uhr) stellvertretend für die Union eine härtere Abschiebungspolitik gefordert. Einen „Warnschuss“ sollten Asylsuchende freihaben, beim zweiten Vergehen sollen diese dann abgeschoben werden, hieß es. Diese Forderung topp das CSU-Papier noch einmal.

Merz schließt Koalition mit den Grünen nicht aus, macht aber klare Ansage

Dienstag, 31. Dezember, 07.19 Uhr: Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) bleibt auf Distanz zu den Grünen. Mit Blick auf einen möglichen Regierungswechsel nach der Bundestagswahl im Februar sagte er der „Welt“: „Eine Fortsetzung der Wirtschaftspolitik der auseinandergebrochenen Ampel, der grünen Wirtschaftspolitik und der des derzeitigen Bundeswirtschaftsministers (Robert Habeck), wird es mit uns unter keinen Umständen geben.“

CSU-Chef Markus Söder hatte sich wiederholt klar gegen eine Koalition der Union mit den Grünen ausgesprochen - zuletzt am Wochenende. Vor diesem Hintergrund sagte Merz: „Markus Söder und ich sind uns vollkommen einig, dass wir einen grundlegenden Politikwechsel vollziehen müssen, damit Deutschland wieder nach vorne kommt. Diesen Wechsel werden wir in der Regierungsverantwortung umgehend einleiten.“

Befragt zu Söders Vorstößen sagte Merz: „Wieso sollte ich mich “ärgern", wenn sich Markus Söder zu Koalitionsfragen äußert? Er ist als CSU-Vorsitzender und bayerischer Ministerpräsident selbstverständlich Teil der bundespolitischen Meinungsbildung in der Union." Entscheidend sei, dass CDU und CSU den Wahlkampf gemeinsam führten und gemeinsam gewännen. „Und die Entscheidung zu den möglichen Konstellationen einer Regierungsbildung nach der Bundestagswahl wird zunächst einmal durch die Wählerinnen und Wähler am 23. Februar getroffen.“ 

Merz: Straftäter nach Syrien und Afghanistan abschieben

09.46 Uhr: CDU-Chef Friedrich Merz hält trotz der unklaren politischen Entwicklung in Syrien nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad an der Forderung nach Abschiebungen syrischer Straftäter fest. „Das Land ist nach wie vor sehr instabil, das wissen wir“, sagte der Kanzlerkandidat von CDU und CSU der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Aber wir sind in der Union ja schon seit längerer Zeit der Auffassung, dass man nach Afghanistan und nach Syrien grundsätzlich abschieben kann und sollte. Das würden wir machen.“

Zugleich müsse genau darauf geachtet werden, wer derzeit noch aus Syrien nach Deutschland und Europa komme, verlangte Merz. „Ich möchte jedenfalls die Mitglieder der Assad-Milizen, die in Syrien schlimme Verbrechen begangen haben, hier in Deutschland nicht sehen.“ Das seien Mittäter des Assad-Regimes, die in Syrien nun möglicherweise Strafverfahren vor sich hätten, sich aber stattdessen lieber auf die Flucht begeben würden. „Die klare Botschaft muss sein: Wir werden euch hier an den Grenzen sofort zurückweisen.“

Union will härtere Asylregelung: Automatische Abschiebung nach zwei Straftaten

06.53 Uhr: Die Union will deutlich härtere Asylregeln in Deutschland durchsetzen, sollte sie nach der Bundestagswahl in der Regierungsverantwortung sein: Sollte ein Flüchtling zwei vorsätzliche Straftaten begehen, würde er dann automatisch ausgewiesen. Es sei „unerträglich, dass es Menschen gibt, die zigfach vorbestraft sind – dies aber keinerlei Auswirkungen darauf hat, ob sie das Land verlassen müssen“, sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann gegenüber „Bild“. Nach einem „Warnschuss“ müsse „in Zukunft bei der 2. vorsätzlichen Straftat das Aufenthaltsrecht zwingend erlöschen“. Wer in Deutschland Straftaten begehe, der verwirke sein Gastrecht.

Bei diesen härteren Asylregeln herrscht Einigkeit innerhalb der Union. CSU-Chef Markus Söder fordert ebenfalls in „Bild“, dass nicht nur schwere Straftaten „zur Zurückführung führen sollten, sondern auch einfache Straftaten“. 

Zwei Drittel der Deutschen erwarten, dass nächster Kanzler Friedrich Merz ist

Montag, 30. Dezember, 00.22 Uhr: Auch wenn der Ausgang der vorgezogenen Bundestagswahl offen und die künftige Koalition unklar ist, haben die Deutschen doch eine recht klare Vorstellung davon, wer die nächste Regierung anführen wird. Wie eine Forsa-Umfrage für den „Stern“ ergab, glauben 66 Prozent der Deutschen, dass Friedrich Merz (CDU) der nächste Bundeskanzler sein wird. 26 Prozent glauben das nicht. 8 Prozent trauen sich keine Einschätzung zu.

Besonders überzeugt vom Erfolg des eigenen Kanzlerkandidaten sind die Wähler von CDU und CSU. Sie gehen zu 86 Prozent davon aus, dass Friedrich Merz der nächste Regierungschef wird. Die Anhänger der FDP sehen das ähnlich (80 Prozent). Etwas skeptischer sind die Wähler des Bündnisses Sahra Wagenknecht (65 Prozent) und der AfD (63 Prozent). Auffällig ist, dass auch die Anhänger von SPD und Grünen mehrheitlich glauben, dass der Kanzlerkandidat der Union sich durchsetzen wird – und nicht Olaf Scholz oder Robert Habeck. 62 Prozent der SPD-Wähler und 61 Prozent der Grünen-Wähler erwarten, dass Friedrich Merz der nächste Regierungschef wird.

Merz zu Musks AfD-Wahlaufruf: „Übergriffig und anmaßend“

14.22 Uhr: Der Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz, hat den Wahlaufruf von US-Milliardär Elon Musk für die AfD scharf kritisiert. „Ich kann mich nicht erinnern, dass es in der Geschichte der westlichen Demokratien einen vergleichbaren Fall der Einmischung in den Wahlkampf eines befreundeten Landes gegeben hat“, sagte der CDU-Chef den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der Wahlaufruf sei „übergriffig und anmaßend“.

Musk, der als enger Berater des designierten US-Präsidenten Donald Trump gilt, hatte mit einem Gastbeitrag für die „Welt am Sonntag“ für Wirbel gesorgt. Darin schrieb er: „Die Alternative für Deutschland (AfD) ist der letzte Funke Hoffnung für dieses Land.“

Merz sagte über den Beitrag: „Stellen wir uns einen kurzen Augenblick die – berechtigte – Reaktion der Amerikaner auf einen vergleichbar einseitigen Beitrag eines namhaften deutschen Unternehmers in der “New York Times" zugunsten der Wahl eines Außenseiters im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf vor."

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