Söder im Interview: Bürgergeld und Heizungsgesetz müssen weg

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Endspurt zur Bundestagswahl 2025: CSU-Chef Markus Söder im Interview über Inhalte, Ziele, Personal und die Unionsdebatte über Schwarz-Grün.

In 10 Tagen ist Weihnachten. Auf Instagram posieren Sie im wunderschönen Söder-Pulli. Falls noch jemand ein Geschenk sucht: Wo gibt’s den zu kaufen?

Die werden nur verlost, wenn man sich als Follower einträgt.

Im Ernst: Viele empfinden Ihre Aktionen als zu klamaukig. Haben Sie das nötig?

Keiner ist gezwungen, es anzusehen. Viele, die kritisch sind, gehören in ein anderes politisches Lager, sind vielleicht auch ein bisschen neidisch wegen der Akzeptanz im Netz oder haben Social Media nicht verstanden. Das ist ein völlig neues Medium, so wie einst das Fernsehen neu war. Man muss da ein breites Angebot machen: von politischen Posts – die klar überwiegen – bis hin zu den persönlichen menschlichen Seiten. Das zeigt die Authentizität eines Politikers. Merkur online ist auch anders als die Merkur-Zeitung. (lacht)

Wollen Sie Friedrich Merz da noch beraten? Dessen Beliebtheitswerte sind ausbaufähig.

Die CDU braucht keine Beratung. Aber generell bewegen sich die demokratischen Parteien in den sozialen Netzwerken zu wenig. Man darf diese Plattformen nicht den radikalen Kräften überlassen.

Söders Wahlkampf vor Bundestagswahl 2025: „Wer Grün verhindern will, muss CSU wählen“

Bleiben wir bei Friedrich Merz. Zuletzt hat es kräftig gerummst, weil er sich Robert Habeck als Wirtschaftsminister vorstellen kann – Sie dagegen gar nicht. Wie verlässlich ist Ihr Nein zu Schwarz-Grün?

Wer Grün verhindern will, muss CSU wählen. Das haben wir immer gesagt. Robert Habeck ist das Gesicht der ökonomischen Krise. Er ist verantwortlich für den wirtschaftlichen Abstieg. Das jüngste Desaster ist die Northvolt-Pleite mit 600 Millionen Euro Steuergeldern, die zur Diskussion stehen. Ein ganz großer Teil der Deutschen will die Grünen nicht mehr in Regierungsverantwortung. Wer Schwarz-Grün propagiert, verliert bürgerliche Stammwähler und stärkt andere Parteien. Wir sind da ganz klar.

Daniel Günther in Schleswig-Holstein findet Schwarz-Grün prima.

Das ist seine Entscheidung. Er regiert aber nur ein kleineres Land und nicht Deutschland. Über Koalitionen in Berlin entscheiden Parteien und nicht Bundesländer.

Wenn Sie Grüne, AfD und BSW als Koalitionspartner alle ausschließen, bleibt nur die SPD. Hat Ihnen Saskia Esken schon die Ehrenmitgliedschaft angeboten?

Die Grünen biedern sich an und wollen mit allen Kaffee am Küchentisch trinken. Für die Union gilt: Wir müssen so stark werden wie möglich. Nur eine starke Union kann einen Richtungswechsel organisieren. Wer will, dass sich etwas ändert, muss Union und nicht Grün wählen. Deutschland braucht weniger woke oder Gendern, sondern mehr bürgerliche Tugenden wie Leistung, Anstand und Fleiß. Dafür stehen wir als CSU. Freiheit statt Ideologie ist die Losung der CSU.

Mögliche Koalition nach Bundestagswahl: „SPD nicht der Wunschpartner“

Wir haben nach der SPD gefragt.

Natürlich ist die SPD nicht der Wunschpartner. Und auch da gibt es harte Brocken: Das Bürgergeld muss weg und die Migration muss begrenzt werden. Aber die Basis der SPD weiß, dass dies Fehler waren. Die Mehrheit der Deutschen will Schwarz-Rot lieber als mit Grün. Außerdem gäbe es im Bundesrat leichter eine Mehrheit, um grundlegende Vorhaben durchzusetzen.

Das Bürgergeld wollen Sie komplett abschaffen.

Wir erlösen die SPD davon. Viele Gewerkschafter sagen mir, das sei einer der größten sozialpolitischen Fehler, den die SPD je gemacht hat.

Markus Söder gestikuliert im Bundestag.
Markus Söder gestikuliert im Bundestag. © afp/JOHN MACDOUGALL

In der Außenpolitik müssten Ihnen die Grünen näher liegen als der Friedenskanzler.

In der Konstellation, von der wir reden, ist Olaf Scholz nach der Wahl Geschichte. Erinnern Sie sich an 2005, den Auftritt von Gerhard Schröder am Wahlabend? Am Ende war Angela Merkel Kanzlerin und Schröder weg. Ich finde die Grünen auch außenpolitisch bedenklich: Feministische Außenpolitik, Sprachlosigkeit mit Israel oder China, die Distanz zu den Vertriebenen und den unabgesprochenen Vorschlag, die Bundeswehr in die Ukraine zu schicken? All das ist nicht unsere Auffassung von Außenpolitik. Deutschland braucht mehr diplomatisches Geschick statt missionarischer Belehrungen in der Welt.

Bei der Russlandpolitik waren sie stringent.

Ich sehe die Alleingänge von Frau Baerbock skeptisch. Deutsche Soldaten für die Ukraine zu fordern, ohne das mit irgendjemandem abzustimmen, ist hochgefährlich. Wir stehen zur Ukraine und zur Nato, aber mit den Partnern und nicht im Alleingang.

Welche Rolle kann Deutschland überhaupt spielen?

Eine große. Bei meinen Besuchen in Osteuropa war der Wunsch nach einer positiven Rolle Deutschlands spürbar. Nur nicht mehr mit der Reste-Ampel. Transformation heißt bei der Ampel wirtschaftliche Rezession und außenpolitische Isolation. Dass Bundeskanzler Olaf Scholz nicht bei der Notre-Dame-Eröffnung dabei war, war ein klarer Beweis für den dramatischen Bedeutungsverlust.

Deutsche Beziehung mit den USA: „Deutschland muss sich eng mit Trump abstimmen“

Die Idee internationaler Truppen kommt aber aus dem Trump-Lager.

Wir wissen heute nicht, welche Position die USA künftig haben. Am Anfang hat Moskau über die Wahl Donald Trumps gejubelt, das hat sich inzwischen geändert. Trump wird mit seiner Art nicht nur uns überraschen, sondern auch Russland. Die USA sind die Weltmacht Nummer eins. Deutschland muss sich deshalb eng mit Trump abstimmen – das wird Friedrich Merz viel besser können als Olaf Scholz. Und klar ist auch: Wir müssen die Bundeswehr massiv stärken und bis zu drei Prozent des BIP dafür investieren. Rot-Grün hat die Zeitenwende leider nicht wirklich geschafft.

Welche drei Gesetze würde eine Unions-Regierung als erstes zurücknehmen?

Bürgergeld, Heizgesetz und Cannabis.

Wir wetten: Die CSU wird für eine Reform der Schuldenbremse die Hand heben, weil Sie das Geld für Bundeswehr und Infrastruktur brauchen.

Erst einmal gibt es einen Kassensturz und die Abschaffung von Bürgergeld und Heizgesetz. Das bringt Milliarden! Die Kosten für das Bürgergeld kommen inzwischen an die für Verteidigung heran. Wie absurd! Die Schuldenbremse bleibt.

Und im Bund?

In Frankreich sieht man, was passiert, wenn man allein auf Schulden setzt. Wir brauchen Wirtschafts- und Verwaltungsreformen. Nehmen Sie die Bahn als Beispiel: Weitere 100 Milliarden Euro helfen nichts, solange wir das Planungsrecht nicht massiv verändern. Wir müssen Gesetze entrümpeln, die Investitionen behindern. Vor allem das Verbandsklagerecht gehört sofort abgeschafft. Unser Land braucht mehr Freiheit und Tempo statt blockierenden NGO-Aktivismus.

Die CSU könnte nach der Wahl wichtige Ämter bekommen. Würden Sie da nicht gerne selbst als Minister mitgestalten?

Im Koalitionsausschuss ist die Macht. Dort werde ich als Parteivorsitzender mithelfen, Deutschland wieder in Ordnung zu bringen und die Benachteiligung Bayerns durch die Ampel zu beseitigen. Es wäre gut, wenn der Koalitionsausschuss künftig regelmäßig und nicht nur in Krisensituationen tagt.

Söder über Kanzlerkandidaten der Union: „Friedrich Merz hat meine volle Rückendeckung“

Sie wollen Merz an der kurzen Leine führen.

Mit Verlaub, das ist wieder ein typisches Gestichel von Journalisten. Friedrich Merz hat meine volle Rückendeckung und ich will, dass er Kanzler wird.

Zur Liste der CSU: Wir waren überrascht, dass Andrea Lindholz auf Platz 2 steht. Will die CSU das Innenministerium zurück?

Wir haben ein sehr gutes und kompetentes Angebot für die Bayern. Alexander Dobrindt steht als Stratege und Allrounder an der Spitze. Dahinter gibt es viele kompetente Personen für wichtige Politikbereiche. Und Bauernpräsident Günther Felßner ist unser Joker für den ländlichen Raum und die Landwirtschaft sowie für Gastro und Handwerk. Das Signal lautet: Wir haben keine Stimme zu verschenken. Und nur wir erreichen für Bayern etwas in Berlin. Wer ein starkes Bayern will, muss CSU wählen.

Sie gönnen doch nur Hubert Aiwanger die drei Direktmandate nicht.

In Bayern arbeiten wir gut zusammen. Aber im Bund macht es doch keinen Sinn. In den Umfragen liegen die Freien Wähler auf der Höhe von Kleinstparteien und weit unter der der Fünf-Prozent-Hürde. Das sind also verschenkte Stimmen.

Sie haben die Grünen wegen ihrer Lobbyisten kritisiert, wollen aber selbst den Bauernpräsidenten zum Agrarminister machen. Ist das besser?

Die Grünen haben NGOs wie Greenpeace und Attac an den Spitzen der Ministerien platziert. Das ist Lobbyismus. Günther Felßner vertritt kompetent unsere Landwirte und den ländlichen Raum. Er wäre endlich mal ein Praktiker im Landwirtschaftsministerium. Er hat dafür gesorgt, dass die Bauernproteste friedlich blieben – und die AfD dabei herausgehalten. Er ist eine klare Verstärkung. Punkt!

Uns fällt auf: Armin Laschet redet verdächtig gut über sie. Weil er 2027 Bundespräsident werden will?

Wir haben uns neulich auf seinen Wunsch zu einem Kaffee getroffen. Es war ein nettes Gespräch, wir haben manches besprochen, was in der Vergangenheit vorgefallen ist.

Ach. Sie haben sich ausgesöhnt?

Wir haben manches geklärt. Aber es war sehr nett. (lacht)

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