Bestimmtes Schlafverhalten kann Risiko für Demenz erhöhen – was Forscher jetzt herausfanden
Menschen, die abends spät ins Bett gehen, haben einer neuen Studie zufolge ein höheres Risiko für einen kognitiven Abbau als Frühaufsteher.
Frankfurt – Nachteulen sind stärker gefährdet, an Demenz zu erkranken. Das haben Wissenschaftler des Universitätsklinikums Groningen (UMCG) in den Niederlanden in einer Studie herausgefunden. Sie verwendeten für ihre Erhebung Daten aus einer Kohortenstudie mit Teilnehmern ab 40 Jahren. Sie bezogen dabei den Chronotyp ein. Das ist die innere Uhr, die das Schlaf-Wach-Verhalten eines Menschen festlegt. Korrigiert wurde dieser Wert, der mithilfe des Münchner Chronotyp-Fragebogens ermittelt wurde, um Schlafdefizite an Werktagen. Auch der Zusammenhang zwischen dem Chronotyp und dem kognitiven Abbau wurde einbezogen und dabei auch auf Alter, Bildungsabschluss und Geschlecht geschaut.
Abendmenschen haben ein höheres Risiko
Dabei erkannten die Wissenschaftler um die Demenzforscherin Ana Wenzler, dass es bei Menschen, die in den Abendstunden arbeiten, einen schnelleren Abbau der kognitiven Leistungen gab als bei jenen, die morgens arbeiten. Das habe, so die Forscherin, mit einer ungesunden Lebensweise zu tun, etwa einer schlechten Ernährung, Rauchen und Trinken. Diese Angewohnheiten sind in den Abendstunden häufiger. Abendmenschen rauchen und trinken häufiger und bewegen sich weniger.

Schlafmangel und Rauchen sind Ursachen
Besonders signifikant wirken sich eine schlechte Schlafqualität und Rauchen aus: 25 Prozent des Risikos für kognitiven Abbau lassen sich Ana Wenzler zufolge auf diese beiden Angewohnheiten zurückführen.
Menschen mit einem späteren Chronotyp haben häufig eine schlechtere Schlafqualität inklusive kürzerer Schlafdauer und einer höheren Zahl nächtlicher Störungen. Eine kurze Schlafdauer ist Untersuchungen zufolge mit einem Verlust von Hirnvolumen (etwa grauer Substanz) und Störungen des REM-Schlafs verbunden. Dadurch kann die sogenannte Non-REM-Schlafphase beeinträchtigt werden. In dieser Phase scheidet das Gehirn Stoffwechselprodukte wie Amyloid-Beta (Aß) aus. Dessen Ansammlung gilt als bekannter Risikofaktor für Demenz.
Das Bildungsniveau spielt eine Rolle
Die Studie zeigte auch, dass der kognitive Abbau vor allem Menschen mit einem hohen Bildungsniveau und spätem Chronotyp betraf. Die Wissenschaftler vermuten, dass das mit ihrem Schlafrhythmus zusammenhängt: Sie müssen häufig früh am Morgen wieder arbeiten und schlafen deshalb zu kurz, weshalb ihr Gehirn zu wenig Ruhe bekommt.
Die Forscher untersuchen jetzt, ob Menschen, die abends arbeiten, häufiger an Demenz erkranken. Sie erklären aber, dass ein schnellerer kognitiver Abbau im mittleren Alter nicht zwangsläufig bedeutet, dass man ein höheres Demenzrisiko haben muss.
Chronotypen
Es gibt unterschiedliche Chronotypen. Die bekanntesten sind Nachteulen und Lerchen, es gibt aber auch noch Zwischenformen, etwa Mittagsschläfer (sie sind nachmittags müde, morgens und abends aber hellwach) und Nachmittags-Typen (sie sind morgens und abends müde, nachmittags aber munter).
Die biologische Uhr der Menschen verändert sich im Lauf des Lebens. Kinder sind in der Regel Frühaufsteher. In der Pubertät ändert sich das – Jugendliche werden zu Nachteulen. Ab etwa 20 Jahren gibt es erneut Verschiebungen: Die meisten Menschen werden etwa bis zum 40. Lebensjahr langsam wieder zu Morgenmenschen.
Was kann ich tun?
Auch wenn eine Nachteule kaum zur Lerche wird: Die Wissenschaftler fanden heraus, dass jeder den kognitiven Abbau durch eine Veränderung der Lebensweise beeinflussen kann.
Die Erkenntnisse aus dem Münchner Chronotyp-Fragebogen besagen, dass es am besten ist, wenn Menschen zwischen 23 und 1 Uhr ins Bett gehen und dann zwischen 7 und 9 Uhr aufstehen.
Ideal ist es, wenn der Chronotyp und die Arbeitszeit zusammenpassen. Schlafforscher sind der Ansicht, dass flexiblere Arbeitszeiten hilfreich sind – die Menschen arbeiten dann, wenn sie am leistungsfähigsten sind. Das bedeutet: Frühaufsteher beginnen eher, Nachteulen entsprechend später.
Guten Schlaf fördern
Um einen besseren Schlaf zu fördern, können Sie einiges tun: Verzichten Sie nach dem Mittagessen auf koffeinhaltige Getränke. Verkneifen Sie sich einen Mittagsschlaf. Falls Sie müde sind, kann aber ein maximal 15-minütiger Power-Nap helfen.
Nehmen Sie abends nur eine leichte Mahlzeit zu sich und lassen Sie Alkohol links liegen. Sanfter Sport am Nachmittag oder frühen Abend kann ebenfalls hilfreich sein, allerdings sollten Sie kein intensives Training einplanen. Ganz wichtig: Reduzieren Sie vor der geplanten Bettzeit künstliches Licht. Schalten Sie das Handy und den Fernseher aus. Sorgen Sie für ein angenehmes Klima im Schlafzimmer (ideal sind 16 Grad Celsius), Ruhe und Dunkelheit.