In Schongau gab es jetzt ein gemeinsames Fastenbrechen von Christen und Muslimen. Ein Bericht über Kultur, Gläubigkeit und Geselligkeit.
Schongau – Während Christen oft frei entscheiden, auf welche Art und Weise sie von Aschermittwoch bis Ostern auf bestimmte Dinge verzichten, erfolgt das Fasten im Islam nach standardisierten Regeln mit wenigen Ausnahmen: Im neunten Monat des muslimischen Mondkalenders wird 30 Tage lang von Sonnenaufgang bis -untergang auf Essen und Trinken verzichtet. Der Verein der „Initiative Integration Schongau“ will die Menschen der verschiedenen Religionen regelmäßig miteinander ins Gespräch bringen, über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Kulturen aufklären, Haltungen verstehen und das Zusammenleben fördern. Deshalb pflegen einige Mitglieder im kleinen Kreis schon seit vielen Jahren den Brauch, sich abwechselnd zum gemeinsamen Iftar einzuladen.
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Diesmal traf man sich zur Abendstunde bei Hava Sirin, die sicher vielen Schongauern auch als Kommunalpolitikerin bekannt ist. „Bei der herzlichen Begrüßung und dem festlich gedeckten Tisch fühlte ich mich gleich wohl“, bekannte Christine, die zum ersten Mal dabei war, ganz berührt. Pünktlich zum Sonnenuntergang – an diesem Tag um 18.19 Uhr – wurde vom Hausherren Arif Sirin nach der rituellen Waschung symbolisch der Gebetsruf rezitiert und ein freies Gebet mit guten Wünschen für alle Menschen gesprochen.
Das Fastenbrechen begann dann mit einem Glas Wasser und einer leichten Linsensuppe. Wahlweise wurden zur Vorspeise unter anderem auch Datteln, gefüllte Paprika, Auberginen und Zwiebeln sowie Salate mit Pide (Fladenbrot aus Hefeteig) und feinen Dips gereicht. Ein köstlicher Anblick, der für die Christen am Tisch nicht wirklich nach Fasten aussah. Und so musste manch einer seine guten Vorsätze schmunzelnd „auf morgen“ verschieben. Tatsächlich geht es den Muslimen im Fastenmonat ja nicht um das Abnehmen, sondern vielmehr um Selbstbeherrschung, Gottesfurcht, Besinnung und Reinigung des Körpers und der Seele.
Wertschätzende Gespräche am Esstisch
Zur Hauptspeise waren auf den Tellern dann Bulgur, mit Fleisch gefüllte Auberginen und Weinblätter mit Reis angerichtet. Am Tisch entwickelten sich schnell wertschätzende Gespräche, bei denen man aktuelle Erfahrungen, Gedanken über Heimat und Heimweh sowie auch Rezepte austauschte. Hava Sirin gestand, dass sie zusammen mit ihrer Tochter bereits am Vortag mit den Menüvorbereitungen begonnen hatte. Auch nach dem Essen war noch allerlei in der Küche zu tun. So wurde dort noch fleißig aufgeräumt und gelacht, während die Männer im Wohnzimmer für das Abendgebet ihre Gebetsteppiche Richtung Mekka ausbreiteten und der Rest der Gäste andächtig lauschte.
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„Auch in der Moschee an der Augsburger Straße finden während des Ramadans abends Treffen zum Gebet statt“, so Arif Sirin, Vorstandsvorsitzender der DITIB Schongau. Höhepunkt ist gegen Ende die „Nacht der Bestimmung“, in der nach der Überlieferung dem Propheten Mohammad erstmals die Verse des Koran offenbart wurden. Auch in Schongau beten dann viele Muslime mit dem neuen Imam Mevlüt Kaynak die ganze Nacht durch, da sie auf Vergebung ihrer Sünden hoffen.
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Großes Nachspeisebüffett
Bei Familie Sirin rundete ein großes Nachspeisenbüffet, zu dem alle Teilnehmer einen süßen Beitrag mitgebracht hatten, den kulinarischen Genuss des Fastenbrechens ab. Bei einem bzw. mehreren Gläsern schwarzen Tees und süßen, gerösteten Kichererbsen zum Knabbern, saß man noch lange gemütlich auf dem Sofa beisammen. Dabei wurde auch noch ein Ausblick auf das folgende Frühstück vor Sonnenaufgang gerichtet: Dann wird vor allem viel getrunken und eher eine leichte, salzarme und eiweißreiche Kost zu sich genommen. Dennoch ist es vielen Muslimen wichtig, zeitig für die Vorbereitungen aufzustehen (oft schon vor 4 Uhr!) und auch morgens möglichst gemeinsam zu essen.
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„Wir erleben unsere Treffen immer wieder als Bereicherung“, meinte Monika Soyer-Bauer und betonte weiter: „Wir werden nicht resignieren, dass derzeit vielmehr über Abschiebung statt Integration gesprochen wird und wollen hier beidseitig etwas zum Gelingen der Integration beitragen.“ Die Vereinsvorsitzende der „Initiative Integration“ hofft, dass noch mehr Menschen im wahrsten Sinne des Wortes „über den Tellerrand hinausschauen“ und mit ähnlichen Aktionen das Zusammenleben in Schongau bereichern.