Jeden Stein umdrehen: Was sechs Reformen bei Borussia Dortmund bedeuten würden
Die „fetten Jahre“ von Borussia Dortmund sind vorbei, dennoch wirkt das BVB-Umfeld von dieser Entwicklung überrascht. Wenn die Klubführung nun nicht jeden Stein umdreht, kann es mit den Schwarzgelben bald steil bergab gehen.
Dortmund – In der Heimtabelle der Bundesliga ist Borussia Dortmund auf Platz eins. Im Auswärtsranking liegen die Borussen dagegen auf Relegationsplatz 16. Es ist eine verheerende Zwischenbilanz für das Team von Trainer Nuri Şahin. Und wieder mal wird in Dortmund über die Ursachen gerätselt. Wer es sich einfach machen will, prügelt auf den desolaten Kapitän Emre Can ein. Wer etwas mehr Wehleidigkeit ins Spiel bringen will, klagt über die Verletztenmisere.
Borussia Dortmund hat ein Kernproblem
Das Kernproblem von Borussia Dortmund ist allerdings ein anderes: Seit Jahren wird viel über einzelne Probleme diskutiert, die den maximal möglichen Erfolg des Klubs verhindern, aber selten gibt es nachhaltige Reformen, um mit aller Macht diese Probleme aus dem Weg zu räumen.
Von der BVB-Führung bis hinunter zu den Jugendspielern: Alle Beteiligten machen es sich relativ bequem, denn mit der regelmäßigen Qualifikation zur Champions League, dem Sieg im DFB-Pokal 2021, der nur knapp verpassten Meisterschaft 2023, dem Einzug ins Champions-League-Finale 2024 und den ertragreichen Spielerverkäufen liegt der börsennotierte Klub im Soll.

Dass man seit den Meisterschaften 2011 und 2012 mindestens noch zwei weitere Titel hätte einfahren müssen (2019, 2023), wird eher verdrängt.
Für Dortmund ist es nun an der Zeit, jeden Stein umzudrehen, damit es für den Klub nicht weiter steil bergab geht. Die Problemliste ist lang, allerdings gibt es für viele Krisenherde Lösungen, wenn man für einen Mentalitätswandel bereit ist. fussball.news nennt sechs Steine, die unbedingt umgedreht werden müssen.
Geschäftsmodell auf Transfermarkt ändern
Borussia Dortmund lebt finanziell vor allem davon, junge Spieler aus dem Ausland einzukaufen – und sie nach wenigen Jahren für enorm viel Geld an einen großen Klub abzugeben. Doch jeder Eckpfeiler, der aus der Mannschaft bricht, wirft Dortmund wieder sportlich um ein Jahr zurück. Die Hierarchie im Team muss sich neu bilden, meist wird das Spielsystem nochmal abgeändert, die Nachfolger der Topstars stehen unter enormen Druck – all das sind Reibungsverluste. Die Lösung ist naheliegend: Lieber Topspieler verpflichten, die langfristig beim BVB bleiben wollen – und dazu die Jugendarbeit forcieren.
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Die Rolle von Sammer überdenken
Der Respekt vor Matthias Sammer ist groß, seine Erfolge als Spieler und Funktionär sind unglaublich. Und natürlich liebt man „Motzki“ Sammer auch dafür, dass er immer was zu kritisieren hat. Doch leider gibt es ein Problem, was man auch aus Wirtschaft und Politik kennt: Wenn jemand etwas einfordert, muss er es selber umsetzen.
Sammer muss demnach als Trainer, Manager oder Klubboss seine Ideen einbringen. Wer „nur“ als Berater von der Seite anderen Funktionären Aufträge mitgibt, kostet eher Energie. Oft werden öffentlich gesundheitliche Gründe angeführt, warum Sammer nicht einen anderen Posten annimmt. fussball.news weiß jedoch: Medizinisch hat Sammer nach seinem leichten Schlaganfall grünes Licht bekommen, auch eine anstrengende Aufgabe zu übernehmen.
Trainerprofil auf europäisches Topniveau anpassen
Borussia Dortmund zählt zu den besten Klubs in Europa. Das typische Trainerprofil für so einen ruhmreichen Verein bedeutet: Einen Chefcoach zu verpflichten, der schon große Titel mit einer Mannschaft gewonnen hat. Die Dortmunder Klubführung liebt es dagegen, unerfahrene Coaches aus dem „eigenen Stall“ hochzuziehen oder eine Kopie vom einst jungen Startrainer Jürgen Klopp zu finden
Die wahren Ursachen der Verletztenmisere ergründen
Die Verletztenmisere bei Borussia Dortmund ist nichts Neues. Schon die Coaches Jürgen Klopp, Thomas Tuchel, Marco Rose und Edin Terzić beklagten teilweise den Ausfall fast einer gesamten Startelf. Wenn Verletzungen chronisch sind, dann gilt es zunächst in vier Bereichen Veränderungen vorzunehmen:
- Medizinisches Personal (Ärzte wie Physiotherapeuten)
- Austausch von Trainings- und Stadionrasen
- Ernährung
- Fitnessmethoden / Trainingsarbeit
Der BVB hat bislang nur kleinere Änderungen vorgenommen (Tausch von Physiotherapeuten), das reicht nicht.
Augen auf bei der Kapitänswahl
Jeder Jugendspieler kennt das Prinzip: Der beste Spieler der Mannschaft wird zum Kapitän ernannt. Er muss auf dem Platz Vorbild sein, sportlich und mental vorangehen. Natürlich gibt es manchmal Faktoren, um beispielsweise eine langjährige Vereinsikone, die ein super Kumpeltyp ist, ebenfalls zum Spielführer zu ernennen.
Was passiert jedoch in Dortmund: Die Kapitänsbinde tragen seit Jahren Spieler, die durchaus ihre Verdienste für den Verein haben, aber nicht konstant Leistung erbringen. Sie sind oftmals verletzt oder verlieren im entscheidenden Moment die Nerven – man denke nur an Marco Reus und seine Rote Karte im Meisterschaftsfinale 2018/19. Oder die Kapitäne sind einfach so schwach, dass sie nicht mal regelmäßig zur Startelf zählen, wie nun Emre Can.
Mentale Stärke
Borussia Dortmund hat in den vergangenen Jahre oftmals bedeutende Spiele verloren, beim Rivalen FC Bayern gab es fast immer eine Packung. Vor allem aber die fatal verspielte Meisterschaft 2022/23 im letzten Heimspiel gegen Mainz 05 hätte in Dortmund alle Alarmglocken schrillen lassen müssen. Zum Fußball gehört nun mal mentale Stärke – und wenn diese fehlt, kann man sie sich mit Experten erarbeiten.
Der BVB hat mit Philipp Laux einen Psychologen engagiert, aber auch hier scheint es noch Bedarf zu geben, wie die Leistungen der Mannschaft seit Jahren zeigen. Womit man wieder bei der Heim- und Auswärtstabelle der aktuellen Saison angelangt ist: Von fünf Heimspielen hat der BVB fünf gewonnen. Von fünf Auswärtspartien hat der BVB vier verloren – und nur ein Remis geholt. Das ist definitiv ein mentales Problem.