Fachkräftemangel: Unternehmen im Landkreis wünschen sich Unterstützung bei Personalsuche

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Das „Festival der Berufe“ in seiner Gemeinde habe bereits Früchte getragen, berichtete Waakirchens Bürgermeister Norbert Kerkel. © archiv mk

Der Arbeitskräftemangel verschärft sich - auch im Landkreis Miesbach. Die Ursachen lassen sich vor Ort nicht bekämpfen, doch die Unternehmen wünschen sich Unterstützung und Strategien.

Landkreis – Deutschlandweit fehlen 2,9 Millionen Erwerbstätige, bayernweit 350 000. Was sich nach einer düsteren Zukunftsaussicht anhört, ist fast schon Realität. Bereits 2025 werden diese Zahlen Fakt sein, teilte nun Alexander Schmid, Vorstandsvorsitzender des Kommunalunternehmens Regionalentwicklung Oberland (REO), im Kreisentwicklungsausschuss mit. Schon jetzt blieben offene Stellen im Schnitt 130 Tage vakant, in besonders stark betroffenen Branchen wie der Pflege sogar 245 Tage lang.

Die Ursache des Arbeitskräftemangels – der demografische Wandel mit einem Rückgang der 15- bis 64-Jährigen von 54 auf 47 Millionen bis 2045 – lasse sich nicht lokal bekämpfen, machte Schmid klar. Auch eine Deckung des Personalbedarfs aus dem Ausland sei allenfalls bei Stellen für Hoch- oder Niedrigqualifizierte denkbar. Es fehle aber vor allem in der mittleren Ebene an Arbeitskräften. In Branchen wie dem Tourismus würden zwar auch Hilfskräfte gesucht, „aber Osteuropa ist quasi leer gefegt“, machte Schmid deutlich.

Workshop mit 20 Geschäftsführern und Personalentscheidern

Umso wichtiger sei es, Strategien für den besseren Umgang mit dem Fachkräftemangel zu entwickeln. Genau das habe die REO in den vergangenen Monaten intensiv getan, zuletzt auch bei einem Workshop mit 20 Geschäftsführern und Personalentscheidern aus dem Landkreis, die zusammen für rund 4000 Mitarbeiter verantwortlich sind. Kern der Veranstaltung sei die Frage gewesen, welche Unterstützung sich die Unternehmen von der REO wünschen und welche Maßnahmen zu priorisieren sind, erklärte Johann Holzinger, Regionalmanager Bildung bei der REO.

Die Ergebnisse stellte Holzinger den Mitgliedern des Kreisentwicklungsausschuss in Auszügen vor. So würden sich die Unternehmer etwa einen landkreisweiten Relocation Manager wünschen, der sie bei der Integration von neuen Fach- und Führungskräften unterstütze, Maßnahmen zur Erhöhung der Attraktivität und Sichtbarkeit der Arbeitgeber im Landkreis, eine Plattform für die Vermittlung von Mitarbeiterwohnungen, ein branchenübergreifendes Netzwerk sowie Veranstaltungen wie etwa eine Ausbildungstour für Fachkräfte. Weitere Ansatzpunkte fürs Heben von Arbeitskräftepotenzial wären eine ganztägige Ferienbetreuung, die Ansiedlung einer Hochschule, eine bessere Verkehrsanbindung (wie zusätzliche Bahnhaltepunkte und autonomes Fahren für die „letzte Meile“), mehr bezahlbarer Wohnraum (beispielsweise mit Gründung einer regionalen Baugesellschaft) sowie Präsentationen der Firmen aus dem Landkreis auf überregionalen Jobmessen. Parallel könne man durch zunehmende Automatisierung und Digitalisierung versuchen, den Bedarf an (menschlichen) Arbeitskräften zu reduzieren. Holzinger schloss mit der Frage, ob sich die REO aus Sicht der Ausschussmitglieder weiter um das Thema Fachkräftemangel kümmern soll.

Auf jeden Fall, fand Waakirchens Bürgermeister Norbert Kerkel (FWG) und bedankte sich bei der REO für das von ihr unterstützte „Festival der Berufe“ in seiner Gemeinde, das bereits einige Früchte getragen habe. Als weiteres Erfolgsbeispiel nannte Haushams Rathauschef Jens Zangenfeind (FWG) die jährlich in Miesbach stattfindende Messe „Stuzubi“. „Das Thema ist bei euch gut aufgehoben“, sagte Zangenfeind und empfahl, auch Uni-Absolventen verstärkt in den Blick zu nehmen. „Regionale Entwicklung braucht Fachkräfte, sonst brauchen wir die REO nicht mehr“, sagte Elisabeth Dasch (SPD). Viele junge Leute, die zum Studium den Landkreis verlassen hätten, würden jetzt mit ihren Familien wieder zurückkommen wollen. Gisela Hölscher (FW) schlug derweil Gutscheinhefte als eine Art Kundenbindungsprogramm für Arbeitnehmer vor.

Unternehmen würden selbst für Kosten aufkommen

Für die Kosten – auch die eines Relocation Managers –würden die Unternehmen selbst aufkommen, beteuerte Schmid auf den Einwurf von Anastasia Stadler (CSU), dass sie einer weiteren Stelle bei der REO und damit auf Landkreisbudget nicht zustimmen werde. Letztlich gehe es den Firmen vor allem darum, solche Aufgaben gesammelt zu organisieren. „Für einen Mittelständler allein ist das kaum leistbar“, betonte Schmid.

Nur einen begrenzten Einfluss der REO auf den Fachkräftemangel sah derweil Balthasar Brandhofer (Bayernpartei). Vielmehr müssten die Bedingungen „von oben“ passen. „Solange Nix-Tun finanziell so attraktiv ist wie eine 40-Stunden-Woche, werden wir dieses Problem nicht lösen.“ Wolfgang Rzehak (Grüne) fand, dass es bei Weitem nicht nur der Lohn zähle, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein. Mindestens genauso wichtig seien weiche Faktoren wie die Arbeitsbedingungen. „Die sprechen sich schnell rum.“

sg

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