Mehr als 4000 Windräder stehen mittlerweile in Brandenburg. Nur in Niedersachsen ist die installierte Leistung noch höher. Der Ausbau kostet die Brandenburger viel Geld, denn um den Strom aus den Windrädern zu verteilen, sind neue Stromnetze erforderlich. Deren Bau müssen Verbraucher über die Netzentgelte bezuschussen. Dabei gilt bisher, dass die Höhe der Entgelte sich danach richtet, wie hoch die tatsächlichen Ausbaukosten in einer Region sind. Die Brandenburger zahlen auf ihren Strompreis bisher also einen Extra-Aufschlag. Bei einem Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden, was etwa einer vierköpfigen Familie entspricht, liegen die Netzentgelte hier laut dem Vergleichsportal Verivox bei 493 Euro. In Baden-Württemberg hingegen, wo die Netze weniger stark ausgebaut werden, sind es nur 408 Euro.
Das ist unfair, finden nicht nur Brandenburger Verbraucher, sondern auch die Bundesnetzagentur. Schließlich ist das ostdeutsche Bundesland dünn besiedelt. Der Großteil des hier erzeugten Stroms wird gar nicht vor Ort verbraucht, sondern in den Süden, also eben gerade nach Baden-Württemberg und Bayern weitergeleitet, wo die großen Industriestandorte nach Energie lechzen. Die Brandenburger zahlen also den Netzausbau für andere Bundesländer.
Um das zu ändern, hat die Bundesnetzagentur neue Regeln erlassen . Ab 2025 werden die Netzentgelte danach auf alle Verbraucher bundesweit verteilt, wenn die Kosten für den Netzausbau in einer Region einen bestimmten Schwellenwert überschreiten. Der wird nach einer komplexen Formel berechnet, richtet sich aber im Prinzip nach dem Verhältnis zwischen Ausbaukosten und dem Stromverbrauch in einem Gebiet. Bis zu 90 Prozent der Kosten über diesem Schwellenwert dürfen dann bundesweit aufgeteilt werden.
Die Bundesnetzagentur hat ausgerechnet, dass mit diesen neuen Regeln 26 Netzbetreiber aktuell berechtigt wären, ihre Mehrkosten landesweit zu verteilen. Dadurch könnten sie die Netzentgelte um bis zu 39 Prozent senken. Sie lägen dann in den Ausbauregionen nur noch leicht höher als im Bundesdurchschnitt. Während der Unterschied von 80 Euro zwischen den heutigen durchschnittlichen Netzentgelten in Brandenburg und Baden-Württemberg nicht allzu enorm erscheint, können Haushalte in besonders ausbaustarken Regionen ländlicher Bundesländer dadurch bis zu 200 Euro im Jahr sparen, sagt die Bundesnetzagentur.
Preisfall auf dem Land, Erhöhungen in der Stadt
Im Gegenzug müssen allerdings Verbraucher in allen anderen Regionen etwas höhere Netzentgelte zahlen. Da aber die Kosten von wenigen Verbrauchern auf eine große Masse umgelegt werden, soll der Aufschlag nur bei 0,605 Cent pro Kilowattstunde liegen. Für einen durchschnittlichen Familienhaushalt wären das etwa 24 Euro pro Jahr. Auch Großverbraucher, also etwa Industriebetriebe, müssten dadurch mehr zahlen. Da sie aber sowieso von einer Reduzierung der Netzentgelte profitieren, liegen die Mehrkosten bei maximal 6050 Euro pro Jahr.
Fallende Netzentgelte bedeuten allerdings nicht automatisch, dass auch ihre Stromkosten sinken. Das liegt immer noch in den Händen Ihres Stromanbieters, der die günstigeren Entgelte weiter reichen kann, aber nicht muss. Zumindest einige Netzbetreiber haben schon angekündigt, die Netzentgelte deutlich zu senken: Schleswig-Holstein Netz geht um 27 Prozent herunter, die brandenburgische E.DIS Netz um 20 Prozent und die ostdeutsche Mitnetz aus Cottbus wird 10 Prozent günstiger. In Bayern geht es beim Bayernwerk Netz um elf Prozent nach unten und bei den Lechwerken um 27 Prozent. Das zeigt auch gleich, in welchen Regionen Verbraucher am ehesten profitieren: Ländliche Gebiete abseits großer Ballungszentren mit viel Fläche für Windkraft und Photovoltaikanlagen. Insgesamt, so schätzt die Bundesnetzagentur, könnten die Kosten für 10 Millionen Haushalte sinken – das wäre rund ein Viertel der Bevölkerung. Teurer wird es hingegen dort, wo viele Menschen wohnen, also etwa in Nordrhein-Westfalen, Hessen, sowie Teilen Baden-Württembergs und Bayerns, vermutlich auch in Großstädten wie Hamburg und Berlin. Hier haben einige der rund 800 deutschen Netzbetreiber bereits Preiserhöhungen angekündigt, die aber bisher nur bei 1 bis 5 Prozent liegen.