TV-Kolumne „Türsteher - Wächter der Nacht “ - Türsteher berichten über fiese Gäste - und anderen Schattenseiten des Jobs
„Auch wenn er es verdient hätte, versuche ich, dass er nicht verletzt wird“, erklärt Mikro seinen Arbeitsweise gegenüber der Kundschaft. Mirko trägt eine schwarze Weste, rasiertes blondes Haar und seine Wange ziert eine kleine blutige Schramme.
Mirko ist 44 Jahre alt und bereits die Hälfte seines Lebens Türsteher. Früher als schmächtigen Jungen haben sie ihn als „Albino" und „Heino“ beschimpft. Dann lernte er Kampfsport. Sein Arbeitsgebiet ist das Frankfurter Bahnhofsviertel - etwa der Club Velvet. „Wenn wir jemanden nicht mehr haben wollen, muss er raus. Aber wir müssen davon ausgehen, dass wir die Arschlöcher sind.“
Repräsentanten des Club-Image
Die Sicherheitsbranche ist ein Wachstumsmarkt. Laut Verband der Sicherheitswirtschaft arbeiten in den Segment rund 280.000 Menschen. Dazu zählen auch Türsteher.
Die ZDF-Doku „Türsteher - Wächter der Nacht“ (ab 10. März in der Mediathek) setzt den Aufpassern an der Pforte ein kleines Denkmal. Soziologin Christine Preiser hat ihre Doktorarbeit über Türsteher geschrieben.
Sie sagt: „Über die Türsteher wird ein gewisses Image produziert. Sie repräsentieren den Style des Clubs. Mirko formuliert es einfacher: „Ein Türsteher muss gut sprechen können. Freundlich gucken ist mir auch sehr wichtig, grinsen, lachen, freundlich sein, mit einer gewissen Ausstrahlung.“
Was im Berghain passiert, bleibt im Berghain
Die Männer und Frauen, denen sich die Reportage widmet, sind stolz auf ihren Beruf. Für sie ist es offenbar eine Berufung. Sie stehen draußen, weil sie es mögen. Mehr oder weniger bewusst haben sich die Protagonisten der Doku - etwa die „Schwarze Göttin“ Anke, 55, von der „Markthalle“ in Kaiserlautern, Andrea, 48, vom Köln-Deutzer „Bootshaus" oder Sarah, 37, vom Berlinern Berghain für ihren Vorsteher-Job entschieden.
„Über die Tür im Berghain gibt es viele Mythen, viele Gerüchte, und das soll auch so bleiben“, munkelt Sarah über ihren Arbeitsplatz. Es sei eisernes Gesetz, dass das, was im Berghain passiert, im Berghain bleibt. Man spürt wie die Damen und Herren Gatekeeper ihren Job und die kleine Macht genießen, die damit einhergeht.
Es gibt sogar Tutorials im Internet darüber, wie man am leichtesten Einlass ins Berghain erhält. Die Tipps lauten beispielsweise „abgefuckter Hipsterlook“ tragen oder in kleinen Gruppen mit wenigen Jungs hingehen. Sarah kann darüber nur schmunzeln.
„Wir machen die Drecksarbeit“
Die Türsteher schwärmen von ihrer Menschenkenntnis, ihrem klaren Auftreten und den Arbeitszeiten, bei denen man tagsüber mit seinen Kindern spielen kann. Tatsächlich gibt es wohl deutlich Schöneres als 3000 Leute auf vier Dancefloors fortwährend zu beobachten, Betrunkene in Hinterzimmer zu führen und - wenn andere Menschen längst gemütlich in ihren Betten schlafen - Notärzte oder Eltern zu verständigen, die die jungen Leute zur Ausnüchterung abholen.
Hinzu kommt eine Leibesvisitation nach Alkohol, Waffen und verbotenen Substanzen. Sandra, 33, Türstehern der Riesendisko E3 in Geldern, bringt es auf den Punkt: „Gerade für Frauen ist es sehr gefährlich. Die Türsteher machen die Drecksarbeit.“ Der am ganzen Kopf tätowierte Andrea vom Bootshaus meint: „Man muss Menschenkontakt mögen. Auch nicht angenehmen.“
Jenseits des „0815-Jobs“
Der Beruf des Türpersonals ist wohl eher kein Traumjob. Seine eigenen Kinder wünscht man sich jedenfalls an einen anderen Ort, um den Lebensunterhalt zu verdienen. Zur Grundausstattung scheinen dabei düstere Tattoo, schwarze Klamotten und allerlei Piercings zu gehören - eine Ausstattung, mit der sich im Spielzeugzeug oder einer Parfümerie wohl deutlich schwerer eine Festanstellung finden lässt.
Eines haben die Frauen und Männer an den Ein- und Ausgängen allerdings geschafft: Sie arbeiten „in keinem 0815-Job“, wie sie sagen. Dafür ist das körperliche Risiko enorm. Oder wie Mirko, der Türsteher aus dem Frankfurter Bahnhofsviertel, sagt: „Egal wie groß du bist, nach einem Leberhaken ist es schwer, wieder zurückzukommen.“