Baywa-Leiter zur Baukrise: „Die hohen Baukosten sind heute zum Teil hausgemacht“

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Die Zahl der Neubauten nimmt immer weiter ab. (Symbolbild) © BildFunkMV/Imago

Die Baukrise zieht immer größere Kreise. Auch die BayWa, Deutschlands zweitgrößter Baustoffhändler, ist davon betroffen. Der Generalbevollmächtigte Mechter sieht die Industrie in der Pflicht.

München – Die Baubranche steckt in der Krise. Hohe Zinsen und Baukosten verbinden sich mit einer deutlich zurückgehenden Nachfrage – das setzt den Bausektor stark unter Druck, Unternehmen werden insolvent und auch Häuslebauer geraten in finanzielle Schwierigkeiten. Die Rufe nach Hilfe aus der Politik werden immer lauter.

Steffen Mechter, Generalbevollmächtigter und Leiter Bau der Münchner BayWa AG, ist der Meinung, dass die Politik zwar für einfachere Planungs- und Genehmigungsverfahren sorgen sollte. Er sieht aber auch die Industrie in der Pflicht. Die hohen Baukosten seien heute zum Teil hausgemacht, so Mechter gegebüber IPPEN.MEDIA. Auch Subventionen könnten die „strukturellen Schwächen“ im Bauwesen nicht heilen. Die BayWa ist Deutschlands zweitgrößter Baustoffhändler – im Süden sogar der größte.

Mechter: „Eine Transformation im Bauwesen ist unumgänglich“

Gegenüber IPPEN.MEDIA erklärt Mechter zur Baukrise: „In Zeiten des konjunkturellen Abschwungs können Subventionen dazu beitragen, die Nachfrage zu stimulieren. Sie helfen den Unternehmen, dringend benötigte Fachkräfte zu halten. Subventionen heilen aber keine strukturellen Schwächen. Eine Transformation im Bauwesen, die zu einer deutlichen Produktivitätssteigerung führt, ist daher unumgänglich.“

Der Boom der vergangenen Jahre habe die strukturellen Schwächen der deutschen Bauwirtschaft noch überdecken können. Weil es aber nun zu wenig standardisierte und digitale Prozesse gebe und die Akteure innerhalb der Branche unzureichend miteinander vernetzt seien, seien die hohen Baukosten zum Teil hausgemacht, so Mechter. Er habe vor 25 Jahren den Maurer-Beruf gelernt und könnte sofort wieder in den Beruf einsteigen, da sich kaum etwas verändert habe.

Auch beim klimagerechten Bauen sieht der Generalbevollmächtigte die Baustoffindustrie am Zug: „Nachhaltiges, klimagerechtes Bauen ist kein Hexenwerk. Wir müssen dafür keine neuen Baustoffe erfinden, sondern konsequent auch die Emissionen betrachten, die zum Beispiel bei der Herstellung, dem Transport und der Entsorgung von Baustoffen entstehen. Ich sehe die Baustoffindustrie in der Pflicht, produktspezifische Daten für seriöse Ökobilanzen zur Verfügung zu stellen.“ Derzeit sei die Datenlage viel zu schlecht.

Auch die BayWa ist von der Flaute betroffen

Auch die BayWa leidet unter der Flaute im Wohnungsbau, sie hat bei dem Mischkonzern zu einem Gewinneinbruch geführt. Das Betriebsergebnis (Ebit) der ersten neun Monate sackte um 53 Prozent auf 215 Millionen Euro ab, wie das Unternehmen im November mitteilte. Der Umsatz schrumpfte um fast zehn Prozent auf 18,2 Milliarden Euro.

„Aktuell sorgen deutliche Preisrückgänge bei vielen Rohstoffen und hohe Zinsen für eine schwierige Marktlage“, erklärte Vorstandschef Marcus Pöllinger. Der Abschwung der Bauindustrie belastete das Segment Bau weiterhin. Besonders die Auftragslage im Wohnungsbau sei schwach. Ursachen seien die hohen Zinsen sowie hohe Materialkosten für energieintensive Baustoffe. Die BayWa steuere mit einem Kostensenkungsprogramm gegen.

Politik will mit „nie dagewesenen Bau-Booster“ gegen Krise ansteuern

Die Politik will gegen die Krise ansteuern - allerdings setzt sie an anderen Punkten an als von der Indsutrie gewünscht. Nach den Plänen der Ampel-Koaltionen sollen angesichts der Baukrise die Steueranreize verstärkt werden. Bei besonders energieeffizienten Neubauten sollen Investoren für sechs Jahre jeweils elf Prozent der Kosten bei der Steuer absetzen können. Grünen-Politikerin Katharina Beck sprach von einem „nie dagewesenen Bau-Booster“. Ihr SPD-Kollege Michael Schrodi nannte es einen kräftigen Impuls.

Die besonders hohe Abschreibung soll für Wohnungsneubauten mit dem Energieeffizienzstandard EH 40 in Verbindung mit dem Qualitätssiegel Nachhaltige Gebäude gelten. Dann können zwei Abschreibungsregeln kombiniert werden - die neue, zeitlich befristete degressive Abschreibung von sechs Prozent pro Jahr und die Sonderförderung von besonders klimafreundlichem Bauen mit einer Abschreibung von fünf Prozent. Zudem wurden höhere Fördergrenzen vereinbart: Die höhere Abschreibung soll nun für Projekte mit Baukosten von bis zu 5200 Euro pro Quadratmeter gelten, wobei bis zu 4000 Euro geltend gemacht werden können.

Die betroffenen Verbände reagierten auf die Maßnahmen eher frustriert. „Die Stimmungslage unserer Unternehmen ist unterirdisch, und unsere Unternehmen verstehen nicht mehr, warum die Berliner Politik nicht gegensteuert“, sagte Axel Gedaschko vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). Die Vorhaben würden keine Substanz beinhalten.  

Mit Material von Reuters

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