Im Rottacher Gemeinderat: Tegernsee App sorgt für Zündstoff

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Rodelfans sollen es künftig leichter haben: Wallbergbahn-Tickets sind bald über die App buchbar. © Thomas Plettenberg

Ist die Tegernseer Tal Tourismus GmbH ihr Geld wert? Im Rottacher Gemeinderat hat man da Zweifel. Statt das Jahresbudget 2024 einfach durchzuwinken, wurde viel Kritik laut. Im Fokus stand die Tegernsee App. Der Vorwurf: zu hohe Kosten, zu wenig Leistung.

Rottach-Egern – TTT-Chef Christian Kausch hatte Mitte November alle Gemeinderäte des Tegernseer Tals zusammengerufen, um zu zeigen, wofür das Tourismus-Unternehmen das Geld der Gesellschafter ausgibt. Bei der nicht öffentlichen Sitzung im Rottacher Seeforum ging es ums Jahresbudget 2024 und den Weg in die Digitalisierung. Auch Gabriele Schultes-Jaskolla (FWG) hat teilgenommen. Sie verließ die Sitzung mit gemischten Gefühlen. „Ich bin hin- und hergerissen“, erklärte sie am Dienstag im Rottacher Gemeinderat.

Gefragt war ein Beschluss, der Bürgermeister Christian Köck ermächtigt, dem TTT-Budget 2024 bei der Gesellschafterversammlung am 19. Dezember zuzustimmen. Köck wird dort im Kreis seiner vier Bürgermeister-Kollegen im Tal sitzen. Er ist an den Beschluss seines Gemeinderats gebunden. Der gab letztlich mit 13:6 Stimmen sein Okay, was Köck aufatmen ließ. Rottach-Egern zahlt 2024 82 000 Euro mehr in den TTT-Topf ein als 2023, insgesamt 963 000 Euro. Aber nicht nur Schultes-Jaskolla zweifelte daran, dass die Gemeinde mit der Arbeit der TTT zufrieden sein kann.

„Zu viel Geld für das, was wir gesehen haben“

Im Fokus steht dabei die Tegernsee App. Sie markiert den Weg in die Digitalisierung, Projektleiter Timm Jelitschek hatte sie schon im Mai beim Tag des Tourismus öffentlich vorgestellt. Die App kommt als Website (www.tegernsee.bayern.de) daher, um dem Nutzer den Zugang zu erleichtern. Sie soll nach einer Testphase nach und nach mit Leistungen bestückt werden. Um dieses Projekt an Start zu bringen, hätten die Gemeinden 2020 eine Summe von 600 000 Euro pro Jahr bewilligt, für einen Zeitraum von sechs Jahren, erklärte Schultes-Jaskolla. Also seien in drei Jahren 1,8 Millionen Euro in die App geflossen. Fachlich könne sie das Ergebnis nicht wirklich beurteilen, merkte Schultes-Jaskolla an. „Aber mein Bauchgefühl sagt mir: Das ist zu viel Geld für das, was wir gesehen haben.“

Auf der anderen Seite, meinte Schultes-Jaskolla, habe die TTT viel von den Forderungen der Gemeinden umgesetzt. Dazu gehöre, dass ein Außenstehender, ein Tegernseer Stadtrat, kritisch in die internen Abläufe der TTT hineinsehe. Aber nicht nur die App, auch das 60 000-Euro-Budget fürs Marketing missfalle ihr. Die Erklärungen zur Verwendung überzeugten nicht: „Das ist wenig effektiv.“

Von Tegernsee App enttäuscht

Schultes-Jaskolla segnete das Budget am Ende doch ab. Anders als Alexandra Wurmser (CSU), die das Marketing-Budget zu klein findet und von der App „sehr enttäuscht“ ist. Es handle sich leider nur um eine Website, die wenig biete. Ihr Vertrauen in die TTT sei dahingeschmolzen, meinte Wurmser. „Die 1,8 Millionen sind nicht sichtbar“, bemängelte auch Stefan Niedermaier (Blitz). Die App sei eben keine, sondern nur eine – weitere – Website. „Da schenkt man uns keinen reinen Wein ein.“ Auch nach weiteren Rückfragen bei den Machern sei er nicht überzeugt und stimme dem Budget deshalb nicht zu. So hielt es auch Sebastian Kölbl (CSU), der das App-Projekt sogar für gescheitert erklärte.

Bürgermeister Köck wirbt um Vertrauen in die TTT

Bürgermeister Köck (CSU) signalisierte Verständnis für die Kritik, warb aber um Vertrauen in die TTT. „Es ist wichtig, dass wir den Einstieg in die Digitalisierung gefunden haben“, betonte er. „Wir waren da spät dran.“ Die App werde sich nach und nach mit Leistungen füllen, mit Sicherheit kämen immer mehr Leistungspartner dazu. Als nächstes die Wallbergbahn, berichtete Köck. Über die App ließen sich Tickets dann online buchen, ein großer Vorteil gerade in der Rodelsaison. „Da sind immer lange Schlangen vor der Kasse.“ Auch die verschiedenen Plastikkarten würden durch die App mit der Zeit verschwinden. „Ich bin zuversichtlich, dass wir bald messbare Erfolge haben werden“, meinte Köck. Die TTT habe für die Digitalisierung sehr gute, kompetente Mitarbeiter gewonnen.

Mehrheit will nicht am System rütteln

Thomas Tomaschek (Grüne) war über die Wucht der Kritik erschrocken. Der Gemeinderat wolle doch nicht ernsthaft das Budget ablehnen und wegen einer App das ganze System infrage stellen? „Das ist ein bisschen Zündelei“, sagte Tomaschek. Er sei überzeugt von der App, die viel mehr biete als eine Homepage und von hervorragenden Leuten gemacht werde. Es sei undenkbar, dass die Gemeinde beim Tourismus wieder ihr eigenes Süppchen koche: „Das wäre ein Riesenrückschritt.“ Auch Georg Höß (FWG) warnte eindringlich davor, das Budget abzulehnen und der TTT damit das Vertrauen zu entziehen: „Das wäre eine Hammer-Entscheidung.“ Die Regie in Sachen Tourismus als Gemeinde wieder selbst zu übernehmen, komme nicht in Frage bekräftigte Bürgermeister Köck: „Das können wir nicht leisten.“

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