In der Stiftbasilika betonen die meisten Redner daher die Trauer, den Schmerz und beschwören den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Auch sie stellen Fragen. „Warum dieses kleine, wehrlose Kind? Warum der, der doch nur helfen wollte“, sagt der Würzburger Bischof, Franz Jung, im Wissen, dass es darauf keine Antworten gibt. Gleichwohl zeigten die Aschaffenburger, dass sie in diesen dunklen Stunden zusammenstünden und jede Form von Gewalt ablehnten: „Ich danke denjenigen, die in diesen Tagen ein Zeichen des Mitgefühls, der Solidarität, gesetzt haben.“
Aschaffenburgs Oberbürgermeister Jürgen Herzig verweist auf zwei Versammlungen mit jeweils mehr als 3000 Teilnehmern in den vergangenen Tagen. So hätten sie verhindert, dass Rechtsextreme den Tatort für ihre Zwecke instrumentalisieren könnten. Er dankt den Helfern für ihre Zivilcourage, den Einsatzkräften für ihr schnelles Handeln. „Wir alle stellen uns die Frage, warum ist das Unfassbare geschehen“, sagt er und ergänzt später: „Wir haben keine Antwort.“ Während die Polizei ermittele, sei es die Aufgabe der Gesellschaft trotz Angst, Wut und Trauer auch in Zukunft in Frieden und ohne Hass miteinander zu leben.
Söder: „Wir müssen und werden besonnen und entschlossen reagieren“
Auch Ministerpräsident Markus Söder zeigt sich betont zurückhaltend. „Klar ist: Folgen und Konsequenzen, die müssen an anderer Stelle diskutiert werden und wir müssen und werden besonnen und entschlossen reagieren.“ Nach der Tat hatte er bereits mit deutlichen Worten die Migrationspolitik der Bundesregierung kritisiert. In Aschaffenburg sitzt er in der ersten Reihe mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser, die selbst keine Rede halten wird. Stattdessen spricht Söder den Schmerz der Angehörigen der Opfer an, dankt den Helfern und sagt mit Blick auf all die Fragen: „Es gibt keine Erklärung, die den Schmerz lindern kann.“
An einer Stelle hallt sogar Applaus über den Kirchplatz: Zischan Mehmood, Imam der Ahmadiyya-Gemeinde in Aschaffenburg, richtet deutliche Worte an die politischen Vertreter. Über die strukturellen Probleme im Land müsse nachgedacht werden, stellt er vorweg. Nur so ließen sich nachhaltige Lösungen finden, um das Sicherheitsgefühl der Menschen wieder zu stärken. Doch warne er davor, die Taten zu instrumentalisieren „für einen Wahlkampf, der mit Ängsten und Emotionen spielt“. Das verbiete der Respekt vor den Opfern. Trauer und Schmerz dürften nicht dazu führten, dass die Gesellschaft auseinandergerissen werde.
Damit spricht der Imam Silvio Kruschel und vielen weiteren Teilnehmern aus dem Herzen. Mit seiner Frau warnt auch der Aschaffenburger davor, nun zu pauschalisieren. Doch das Sicherheitsgefühl schwindet mit der Tat vom Mittwoch weiter. „Im Bahnhofsviertel fühlt man sich nicht mehr wohl und auch im Park guckt man, was vorne und hinten passiert“, sagt er. Nachts meide er solche Gegenden ohnehin. Zumal das Paar in der Nähe einer Flüchtlingsunterkunft wohne. „Es gibt noch mehr kranke Menschen“, beschreibt er die Sorge vor weiteren Taten; unabhängig von der Nationalität eines möglichen Angreifers.