Im Kampf gegen klimaschädliches Kohlendioxid hat der Bundestag den Weg für die unterirdische CO2-Speicherung freigemacht. Ein mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD verabschiedetes Gesetz erlaubt die umstrittene Speichertechnik nicht nur - wie bisher - zu Forschungszwecken, sondern in größerem, industriellen Maßstab.
Damit setzen die Union und die SPD ein Vorhaben um, das bereits unter Robert Habeck als Wirtschaftsminister vorbereitet wurde, aber aufgrund des plötzlichen Endes der Ampelkoalition nie den Weg in den Bundestag fand. Das Ziel besteht darin, CO2 aus Industrieprozessen abzutrennen, zu transportieren und dauerhaft unter dem Meeresboden, vor allem in der Nordsee, zu speichern. Begleitend dazu soll ein bundesweites CO2-Pipelinetz entstehen, um die Emissionen der Zement-, Kalk- und Aluminiumindustrie zu leiten.
Union und SPD betrachten das Gesetz als unverzichtbar für die Dekarbonisierung schwer vermeidbarer Industrieemissionen. Sie betonen, dass Schutzgebiete künftig eine acht Kilometer breite Zone erhalten und die Öffentlichkeit bei CCS-Projekten frühzeitig eingebunden wird.
Ausgerechnet die Grünen lehnen die alte Habeck-Idee ab
Die Opposition äußert Kritik: Die AfD und die Grünen lehnen das Gesetz ab, die Linke enthielt sich. Die AfD betrachtet CCS als staatlich subventionierte Technologie ohne Marktpotenzial. Selbst die Grünen lehnen das Gesetz ab, obwohl die Grundidee aus Habecks Feder stammt.
Grund dafür ist, dass die derzeitige Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU) den Entwurf von Habeck nochmals überarbeitet hat und die Nutzung der sogenannten CO2-Negativ-Technologien nun auch an Gaskraftwerken gestattet, die im Rahmen der Kraftwerksstrategie mit Gas laufen dürfen.
Davor warnen die Grünen und kritisieren, dass die Gaskraftwerk-Klausel des Gesetzes den Ausbau von grünem Wasserstoff verzögert. Die Linke lehnt Speicher unter der Nordsee sowie das Leitungsnetz ab, da diese Pläne weder dem Klima noch der Wirtschaft zuträglich sind.
- CO2-Negativ-Technologien (auch Negative-Emissionstechnologien genannt) sind Verfahren, die Kohlendioxid (CO₂) dauerhaft aus der Atmosphäre entfernen und speichern.
- CCS (Carbon Capture and Storage): CO2 wird an der Entstehungsquelle (Schornstein einer Zementfabrik) abgeschieden, verflüssigt und dauerhaft unter der Erde oder dem Meeresboden gespeichert.
- Direct Air Capture (DAC): CO2 wird direkt aus der Umgebungsluft entnommen - und dann gespeichert.
- Carbon Capture and Utilization (CCU): Abgesondertes CO2 wird für industrielle Zwecke weiterverwendet.
Milliardenkosten für CO2-Negativ-Technologie
Die Umsetzung von CCS ist technisch anspruchsvoll und kostenintensiv. Die Speicherstätten unter der Nordsee liegen ein bis vier Kilometer tief. Allein die Erkundung einer einzelnen Lagerstätte kostet laut dem Nordsee-Experten Klaus Wallmann, der sich gegenüber FOCUS online Earth äußerte, zwischen 100 und 200 Millionen Euro. Zusätzlich müssen Offshore-Plattformen errichtet werden, um Bohrungen durchzuführen und das verflüssigte CO2 zu transportieren. Diese Kosten werden voraussichtlich an die Industrie weitergegeben.
Ein zentraler Baustein ist zudem der Aufbau eines rund 4.800 Kilometer langen CO2-Pipelinetzes. Laut einer Studie des Vereins Deutscher Zementwerke müsste das Netz diese Länge erreichen, um die nötigen Industrieanlagen miteinander zu verbinden.
Die dafür erforderlichen Investitionskosten werden auf etwa 14 Milliarden Euro geschätzt. Das Netz muss spätestens bis 2035 fertiggestellt sein, damit die betroffenen Branchen bis 2040 weitgehend klimaneutral produzieren können.
Weltweit nur wenige Anlagen für CO2-Speicherung
Bisher kostet es die Unternehmen 150 bis 250 Euro für jede abgeschiedene und gespeicherte Tonne CO2. CCS ist daher vor allem für Branchen wirtschaftlich relevant, in denen es keine günstigeren Möglichkeiten zur Dekarbonisierung gibt. Dazu gehören beispielsweise die Zement-, Kalk- und Müllindustrie, die jährlich rund 66 Millionen Tonnen CO2 emittieren, die nicht elektrifizierbar sind.
Ob CCS, DAC oder CCU – weltweit gibt es bisher nur wenige Anlagen. Laut Weltklimarat sind sie dringend nötig, um Restemissionen aus Industrien wie Zement-, Kalk- und Müllproduktion zu reduzieren, die sich nicht klimaneutral betreiben lassen.
Die Kosten sind hoch, die Hürden enorm. „Es wird teuer, aber wir haben keine andere Wahl“, betonen die DAC-Startup-Gründer Haas und Toromanoff. Technische Verfahren, die Kohlendioxid (CO2) dauerhaft aus der Atmosphäre entfernen und speichern, sind entscheidend, um Treibhausgasemissionen zu vermeiden, die sich sonst nicht vermeiden lassen, und um überschüssiges CO2 aus der Luft zu reduzieren.